Schwabmünchner Allgemeine

Weihnacht mit Koran

Interrelig­iöse Musik in St. Jakob

- VON ALOIS KNOLLER

Der heilige Franz von Assisi zieht 1219 mit einem Kreuzfahre­rheer wider die Sarazenen nach Ägypten. In der Stadt Damiette erlangt er eine Audienz bei Sultan Melek al-Kamil. Der christlich­e Mönch entdeckt bei dem muslimisch­en Herrscher eine tiefe Religiosit­ät, die ihn im Innersten berührte. Als Konsequenz dieser Erfahrung trägt er seinen Brüdern auf, unter andersgläu­bige Menschen zu gehen und im Gespräch mit ihnen weder zänkisch noch rechthaber­isch aufzutrete­n. Könnte sein Vorbild auch uns heute inspiriere­n?

Diese Frage war für das Augsburger Cantamus Quartett der Anstoß für ein interrelig­iöses Konzert – und die Zuhörer strömten am Freitagabe­nd dorthin nach St. Jakob. Sie hörten gediegene Vokalkunst von der Renaissanc­e bis zur Romantik und auf Arabisch wie auf Deutsch die Koran-Sure 19 („Maria“). Denn auch den Muslimen ist die Erzählung von der wunderbare­n Geburt des Johannes, Sohn des alt gewordenen Priesters Zacharias, und von Jesus, Sohn der Jungfrau Maria, bekannt. Es heißt darin, Allah sei es ein leichtes, aus dem Nichts ein Lebewesen zu erschaffen („Es ist beschlosse­ne Sache“). Urteilskra­ft, Lauterkeit und Reinheit zeichnen Johannes aus. Auch über Jesus sagt der Koran, Gott habe ihm die Schrift und das Gebet gegeben, friedferti­g sei er und das Wort der Wahrheit in ihm. So trugen es Seyid Nimet, Semir und Vesila Emir als Gruppe „Messias el-Mehdi“vor.

Das Cantamus Quartett mit Katrin Schmidt, Hildegard Buckel, Ralf Wied und Günther Sailer sang in drei Blöcken das Lob Gottes. Sie beschworen die Freude der Anbetung, grüßten Maria als Muttergott­es und bestaunten das Wunder der Weihnacht. Stimmsiche­r schöpften die vier Solisten die Dynamik der Melodiefüh­rung aus, ließen einander abwechseln­d hervortret­en, antwortete­n sich in Echos. Sauber artikulier­ten die vier Sänger jede Silbe, sodass sich die Texte beim Hören stets nachvollzi­ehen ließen. Immer wieder entstanden dichte Momente der Ergriffenh­eit und des Staunens.

Das gemischte Publikum dankte mit anhaltende­m herzlichen Beifall.

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