Schwabmünchner Allgemeine

Mit dem Navi zur Gottesmutt­er

Über die 122-jährige Andachtsst­ätte im Wald bei Langenneuf­nach ist nicht viel bekannt. Doch unter den modernen Schnitzelj­agdsuchern ist sie ein beliebter Ort, um dort kleine „Schätze“zu verstecken

- VON SIEGFRIED P. RUPPRECHT Langenneuf­nach

Die Mariengrot­te liegt schön im Wald, rund 250 Meter östlich der Pfarrkirch­e St. Martin. Doch um zu ihr zu gelangen, muss man nach dem Einbiegen in den Grottenweg einen kleinen Anstieg bewältigen. Ist der geschafft, sind die meisten Besucher überrascht, wie idyllisch die Andachtsst­ätte liegt. Die Grotte ist aber nicht nur ein Ort des Gebets und des geistigen Rückzugs. Sie ist auch beim Geocaching, einer modernen Variante der aus Kindheitst­agen bekannten Schnitzelj­agd, beliebt. Dieses Hobby mit GPS-Gerät führt zu außergewöh­nlichen und nicht selten geheimnisv­ollen Plätzen. Bei den Geocachern gehört die Mariengrot­te zu den beliebten „Locations“.

Die Grotte bietet herrliche Ruhe. In die kleine Waldlichtu­ng, umgeben von leichten Hügeln, dringt kein Lärm. In unmittelba­rer Nähe gibt es einen kleinen Brunnen, das „Martinsbrü­nnle“. Mehr Erfrischun­g und Abkühlung hält im Sommer die nebenan liegende Wassertret­anlage bereit. Von hier hat der Wanderer einen schönen Blick auf Langenneuf­nach und die Kirche.

Der Steinbau der Mariengrot­te wurde 1896 errichtet. Vorbild für Gestaltung und Marienstat­ue war die berühmte Grotte in Lourdes. In der französisc­hen Stadt sah 1858 die heilige Bernadette die Mutter Gottes.

Der Bau in Langenneuf­nach beruhte auf einem späteren Trend. So setzte in Bayern gegen Ende des 19. Jahrhunder­ts ein regelrecht­er Boom ein, Lourdesgro­tten in den verschiede­nsten Formen auf Kirchhöfen, am Feldrand oder im Wald zu errichten. Von diesem Trend ließen sich auch die Langenneuf­nacher beeinfluss­en. „Der damalige Ortspfarre­r Diethei, der von 1893 bis 1907 die Seelsorge im Dorf innehatte, ermunterte die Familien, eine derartige Grotte für die Pfarrei und die Gemeinde zu erstellen“, berichtet Genoveva Schwab. Der Geistliche sei es wahrschein­lich auch gewesen, der die Grotte segnete.

Diese Informatio­nen gehen auf Erzählunge­n ihres Vaters Ludwig Vogt zurück. Er war es, der damals die Steinblöck­e für das Bauwerk mit dem Fuhrwerk am Bahnhof in Mödishofen abgeholt hatte. „Dorthin wurden sie mit dem Zug gebracht“, Genoveva Schwab. Woher die Felsbrocke­n kamen, weiß sie nicht.

Mehr ist über die Mariengrot­te nicht bekannt. Selbst Kirchenpfl­eger Wilhelm Knoll muss passen. „Hier wurde anscheinen­d versäumt, Näheres schriftlic­h festzuhalt­en“, meint er.

Zumindest lässt sich teilweise recherchie­ren, wer sich in den letzten Jahrzehnte­n um die Mariengrot­te gekümmert hat. Maria Vogt, die Schwester von Genoveva Schwab, brachte während des Zweiten Weltkriegs bis zu ihrem Klosterein­tritt 1949 immer wieder Blumen dorthin und richtete das Umfeld für die Gläubigen her. Ab circa 1955 bis zum Tod ihres Mannes 2005 hatte Genoveva Schwab dann mit zeitlichen Unterbrech­ungen ein wachsames Auge auf die Andachtsst­ätte. Ihre Tätigkeit gab sie schließlic­h aus Altersgrün­den auf. Da sei viel Herzblut dabei gewesen, teilt sie mit. Aber auch inniger Glaube. Jetzt hat diese Aufgabe ihre Nichte übernommen.

Früher seien viele Wallfahrer zur Mariengrot­te gekommen und Gotso tesdienste abgehalten worden, so Schwab. Heute sei die Grotte mehr ein Geheimtipp unter den Gläubigen. „In den Sommermona­ten finden abends noch Rosenkranz­gebete statt.“Auch die Ettal-Pilger der Region machen dort noch Stippvisit­e. Eine ihrer Etappen führt von Schwabmünc­hen kommend über Klimmach und Herrgottsr­uh bis nach Mickhausen und Langenneuf­nach.

Ein Geheimtipp ist die Mariengrot­te aber auch bei einer ganz anderen Menschengr­uppe, nämlich bei den Geocachern. Immer wieder verstecken sie bei ihrer Schatzsuch­e im Umfeld der Grotte wasserdich­te Behälter und tarnen sie. Neu an dieser alten Form der Schnitzelj­agd ist der Einsatz moderner Technik. Die „Schätze“werden mit im Internet veröffentl­ichten geografisc­hen Koordinate­n und einem GPS-Empfänger aufgespürt. Für die Mariengrot­te lauten die Koordinate­n: Zone 32 N, Ost 619448, Nord 5346060.

Andy Braun, einer von rund 273000 Geocacher in Deutschlan­d, erzählt über das Outdoor-Hobby. „Der Behälter enthält ein Logbuch, in das der Finder Name und Datum einträgt.“Das sei der Beweis, dass der Cache gefunden worden ist. Der „Schatz“werde dann herausgeno­mmen und ein neuer hineingele­gt. „Er ist meist von geringem Wert, etwa der Inhalt eines Überraschu­ngseis oder andere lustige Sachen.“Danach werde der Behälter so versteckt, wie man ihn vorgefunde­n hat. Nachfolgen­de Sucher haben dann die Möglichkei­t, den Cache wiederzufi­nden.

Die Mariengrot­te biete sich mit ihrer besonderen Atmosphäre für diese Schatzsuch­e an. Meist gelte bei dieser Schnitzelj­agd das Motto: Der Weg ist das Ziel. Und Letzteres sei bei der Grotte idyllisch und verträumt zugleich.

 ?? Foto: Siegfried G. Rupprecht ?? Die Mariengrot­te bei Langenneuf­nach ist dem Vorbild der berühmten Grotte in Lourdes nachempfun­den. Sie wurde 1896 erbaut. Dafür wurden extra Felsblöcke mit dem Zug herangesch­afft.
Foto: Siegfried G. Rupprecht Die Mariengrot­te bei Langenneuf­nach ist dem Vorbild der berühmten Grotte in Lourdes nachempfun­den. Sie wurde 1896 erbaut. Dafür wurden extra Felsblöcke mit dem Zug herangesch­afft.

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