Stürmische Damen und ein Schnellläufer machen Wind
Meteorologe Klaus Hager spricht von einem Matschwinter und sagt, warum Ostern dennoch weiß sein könnte
„Matschwinter“sagt Meteorologe Klaus Hager zum Wetterwechsel dieser Tage, zur Feuchtigkeit überall, zu den Daten seiner eigenen Wetterstation und zu den Modellberechnungen, die er von den Großrechenanlagen internationaler Wetterdienste bezieht. Nass und kalt bleibe es bis Ende der nächsten Woche. Weiterer Wind werde es draußen zudem ungemütlich machen.
Bei Temperaturen um die null Grad liege es mehr an der Höhenlage, wenn dieser Tage in Schwabmünchen mal vereinzelt richtig Schnee fällt und in Gersthofen derweil mehr Regen herunterkommt. „Hundert Meter rauf oder runter machen jetzt viel aus“, sagt Hager.
Er kennt sich mit dem Mikroklima in der Region aus. Früher war er Leiter der geophysikalischen Beratungsstelle des Jagdbombergeschwaders 32 auf dem Lechfeld. In seinem Garten in Neusäß betreibt er seit mehreren Jahrzehnten eine nach amtlichen Vorgaben ausgestattete Klimastation, und seine Sammlung an Wetteraufzeichnungen aus dem Raum Augsburg reicht fast hundert Jahre zurück.
In der globalen Wetterküche geht es jedoch nicht nur um hundert Meter, sondern in diesen Wochen um einige Tausend Kilometer. Denn kalte polare Luft nimmt einen weiten Umweg über den Atlantik, anstatt wie sonst direkt über Skandinavien zu uns zu strömen. Statt winterlicher Nord- oder Ostlagen herrsche Westströmung vor. Dabei vermische sich kalte Polarluft mit milder Meeresluft.
Die relativ milde Strömung habe übrigens durchaus etwas mit der heftigen Kälte in Nordamerika zu tun, die in den vergangenen Wochen selbst südliche Teile der USA frieren ließ. Denn zwischen Neufundland und Island braut sich ein Tiefdruckgebiet nach dem anderen zusammen. Das schaufle jeweils hinter sich Kaltluft vom Norden hinunter nach Amerika und schicke seine Vorgänger über den Atlantik nach Europa.
So heftig wie zu Jahresbeginn wird es dabei wohl nicht mehr stürmen. Anders als das Orkantief Burglind dürften die Tiefdruckgebiete Evi, Frederike und Georgia weniger Schaden zumindest im südbayerischen Flachland anrichten. Am Donnerstag dürften die Windböen laut aktueller Prognosen der Wetterdienste im Süden des Augsburger Landes im Schnitt gerade mal an die 50 Stundenkilometer erreichen, im Raum Gersthofen nur Tempo 45. Spitzen um 80 Stundenkilometer sind im Zeichen dieser stürmischen Damen nicht auszuschließen.
Denn ein sogenannter Schnellläufer aus Neufundland tobt als Randtief über den Atlantik heran und rauscht voraussichtlich am Donnerstagmorgen über uns hinweg. Bei seiner Ankunft hat er im Vergleich voraussichtlich weniger Energie als Burglind, aber genug, um nochmals die Dekoration am Haus hochzuwirbeln.
Solche Stürme seien in dieser Jahreszeit durchaus üblich, beruhigt Hager. Auch sei die Verschiebung des Winterwetters um einige Wochen nach hinten keine Hexerei. Solche Erscheinungen, selbst über einige Jahre hinweg, habe es immer wieder gegeben. So könnte sich der Trend schon im nächsten Jahr umkehren und Europa jene Kälte spüren, die diesmal Nordamerika besonders stark erfuhr.
Gelassen sieht auch Wolfgang Sailer, Leiter des Amts für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten, nächsten Winterstürmen entgegen. „Unseren stabilen Wäldern werden sie nicht gefährlich.“Trotz etwas Windbruch werde nicht mehr gefällt als sonst. Und während sich viele Menschen über Regen und Feuchtigkeit beschweren, freut sich Sailer: „Die Böden speichern das Wasser bis zum Frühling und bieten dann ausgezeichnete Voraussetzungen für die Bäume. So gestärkt sind sie zum Beispiel gut gegen den Borkenkäfer gewappnet, der 2016 so viel Schaden angerichtet hat.“Nur mit dem Fällen müsse man sich aktuell noch zurückhalten, so der Forstexperte, weil die schweren Maschinen am besten auf hart gefrorenem Untergrund fahren. Dann hinterlassen sie keine tiefen Furchen und verdichten den Boden nicht so sehr.
Und was wird nun noch aus diesem Winter? Langzeitprognosen sind nur Trends, von ihnen lassen sich keine Vorhersagen für einzelne lokale Räume ableiten. Doch Klaus Hager ist bekanntlich mutig und vertraut auf jahrzehntelange Erfahrung: „Das wird kein ausgeprägter Winter mehr. Auch das US-Wettermodell spricht von einem milden Winter in Europa.“Doch vorbei sei die nasskalte Jahreszeit noch lange nicht. „Ostern kann durchaus weiß sein“, sagt Hager. Denn Schnee werde sicherlich noch einige Male fallen.
Der Trend vergangener Jahre zeige: Der Winter fange später an und dauere in Südbayern rund acht Tage länger. Damit könne er diesmal durchaus erst Anfang April der Energie der Frühjahrssonne weichen. SCHWABMÜNCHNER ALLGEMEINE