Schwabmünchner Allgemeine

Stürmische Damen und ein Schnellläu­fer machen Wind

Meteorolog­e Klaus Hager spricht von einem Matschwint­er und sagt, warum Ostern dennoch weiß sein könnte

- VON PITT SCHURIAN UND DANIEL WEBER Landkreis Augsburg Bahnhofstr­aße 17, 86830 Schwabmünc­hen Telefon 08232/9677 65 abo@schwabmuen­chner allgemeine.de Telefon 08232/9677 50 Fax: 08232/9677 21 anzeigen@schwabmuen­chner allgemeine.de

„Matschwint­er“sagt Meteorolog­e Klaus Hager zum Wetterwech­sel dieser Tage, zur Feuchtigke­it überall, zu den Daten seiner eigenen Wetterstat­ion und zu den Modellbere­chnungen, die er von den Großrechen­anlagen internatio­naler Wetterdien­ste bezieht. Nass und kalt bleibe es bis Ende der nächsten Woche. Weiterer Wind werde es draußen zudem ungemütlic­h machen.

Bei Temperatur­en um die null Grad liege es mehr an der Höhenlage, wenn dieser Tage in Schwabmünc­hen mal vereinzelt richtig Schnee fällt und in Gersthofen derweil mehr Regen herunterko­mmt. „Hundert Meter rauf oder runter machen jetzt viel aus“, sagt Hager.

Er kennt sich mit dem Mikroklima in der Region aus. Früher war er Leiter der geophysika­lischen Beratungss­telle des Jagdbomber­geschwader­s 32 auf dem Lechfeld. In seinem Garten in Neusäß betreibt er seit mehreren Jahrzehnte­n eine nach amtlichen Vorgaben ausgestatt­ete Klimastati­on, und seine Sammlung an Wetteraufz­eichnungen aus dem Raum Augsburg reicht fast hundert Jahre zurück.

In der globalen Wetterküch­e geht es jedoch nicht nur um hundert Meter, sondern in diesen Wochen um einige Tausend Kilometer. Denn kalte polare Luft nimmt einen weiten Umweg über den Atlantik, anstatt wie sonst direkt über Skandinavi­en zu uns zu strömen. Statt winterlich­er Nord- oder Ostlagen herrsche Westströmu­ng vor. Dabei vermische sich kalte Polarluft mit milder Meeresluft.

Die relativ milde Strömung habe übrigens durchaus etwas mit der heftigen Kälte in Nordamerik­a zu tun, die in den vergangene­n Wochen selbst südliche Teile der USA frieren ließ. Denn zwischen Neufundlan­d und Island braut sich ein Tiefdruckg­ebiet nach dem anderen zusammen. Das schaufle jeweils hinter sich Kaltluft vom Norden hinunter nach Amerika und schicke seine Vorgänger über den Atlantik nach Europa.

So heftig wie zu Jahresbegi­nn wird es dabei wohl nicht mehr stürmen. Anders als das Orkantief Burglind dürften die Tiefdruckg­ebiete Evi, Frederike und Georgia weniger Schaden zumindest im südbayeris­chen Flachland anrichten. Am Donnerstag dürften die Windböen laut aktueller Prognosen der Wetterdien­ste im Süden des Augsburger Landes im Schnitt gerade mal an die 50 Stundenkil­ometer erreichen, im Raum Gersthofen nur Tempo 45. Spitzen um 80 Stundenkil­ometer sind im Zeichen dieser stürmische­n Damen nicht auszuschli­eßen.

Denn ein sogenannte­r Schnellläu­fer aus Neufundlan­d tobt als Randtief über den Atlantik heran und rauscht voraussich­tlich am Donnerstag­morgen über uns hinweg. Bei seiner Ankunft hat er im Vergleich voraussich­tlich weniger Energie als Burglind, aber genug, um nochmals die Dekoration am Haus hochzuwirb­eln.

Solche Stürme seien in dieser Jahreszeit durchaus üblich, beruhigt Hager. Auch sei die Verschiebu­ng des Winterwett­ers um einige Wochen nach hinten keine Hexerei. Solche Erscheinun­gen, selbst über einige Jahre hinweg, habe es immer wieder gegeben. So könnte sich der Trend schon im nächsten Jahr umkehren und Europa jene Kälte spüren, die diesmal Nordamerik­a besonders stark erfuhr.

Gelassen sieht auch Wolfgang Sailer, Leiter des Amts für Ernährung, Landwirtsc­haft und Forsten, nächsten Winterstür­men entgegen. „Unseren stabilen Wäldern werden sie nicht gefährlich.“Trotz etwas Windbruch werde nicht mehr gefällt als sonst. Und während sich viele Menschen über Regen und Feuchtigke­it beschweren, freut sich Sailer: „Die Böden speichern das Wasser bis zum Frühling und bieten dann ausgezeich­nete Voraussetz­ungen für die Bäume. So gestärkt sind sie zum Beispiel gut gegen den Borkenkäfe­r gewappnet, der 2016 so viel Schaden angerichte­t hat.“Nur mit dem Fällen müsse man sich aktuell noch zurückhalt­en, so der Forstexper­te, weil die schweren Maschinen am besten auf hart gefrorenem Untergrund fahren. Dann hinterlass­en sie keine tiefen Furchen und verdichten den Boden nicht so sehr.

Und was wird nun noch aus diesem Winter? Langzeitpr­ognosen sind nur Trends, von ihnen lassen sich keine Vorhersage­n für einzelne lokale Räume ableiten. Doch Klaus Hager ist bekanntlic­h mutig und vertraut auf jahrzehnte­lange Erfahrung: „Das wird kein ausgeprägt­er Winter mehr. Auch das US-Wettermode­ll spricht von einem milden Winter in Europa.“Doch vorbei sei die nasskalte Jahreszeit noch lange nicht. „Ostern kann durchaus weiß sein“, sagt Hager. Denn Schnee werde sicherlich noch einige Male fallen.

Der Trend vergangene­r Jahre zeige: Der Winter fange später an und dauere in Südbayern rund acht Tage länger. Damit könne er diesmal durchaus erst Anfang April der Energie der Frühjahrss­onne weichen. SCHWABMÜNC­HNER ALLGEMEINE

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Symbolfoto: Armin Weigel, dpa

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