Schwabmünchner Allgemeine

Fallen Bayerns Kraftwerke in finnische Hände?

Die Fortum-Gruppe aus Nordeuropa hat es auf den Energiever­sorger Uniper abgesehen und kauft ein großes Aktienpake­t. Den Deutschen gehören das Walchensee-Kraftwerk und viele Anlagen am Lech

- VON MICHAEL KERLER Augsburg

In langen Rohren stürzt das Wasser des Walchensee­s in die Tiefe. Dort erzeugen Turbinen Strom – und das bereits seit dem Jahr 1924. Das Walchensee-Kraftwerk nahe Kochel am See markiert den Angaben des Betreibers zufolge den Start der industriel­len Stromerzeu­gung im Freistaat und ist hierzuland­e eines der markanten Industried­enkmäler. Heute noch erzeugt es Energie und trägt zur sicheren Stromerzeu­gung bei. Nun könnte das Walchensee-Kraftwerk unter den Einfluss finnischer Investoren geraten. Gleiches gilt für über zwanzig Wasserkraf­twerke am Lech – auch in unserer Region.

Hintergrun­d ist der Plan des finnischen Energiekon­zerns Fortum, große Anteile des deutschen Energiever­sorgers Uniper zu übernehmen. Uniper ist eine Tochter des DaxKonzern­s Eon, von dem viele Bürger ihren Strom beziehen. Die EonTochter Uniper betreibt konvention­elle Gas- und Kohlekraft­werke, aber auch Wasserkraf­twerke wie die am Lech und am Walchensee. Uniper-Kraftwerke befinden sich in Deutschlan­d und dem europäisch­en Ausland, aber auch in Russland.

Früher waren die Kraftwerke ein Teil von Eon. Im Zuge der Energiewen­de spaltete Eon-Chef Johannes Teyssen 2016 den Konzern allerdings auf. Eon will sich künftig auf die „grünen“Themen konzentrie­ren, die konvention­ellen Kraftwerke (ohne die Atomkraftw­erke) gingen an die neue Tochter Uniper über – auch viele Wasserkraf­twerke in Bayern. Von großen Anteilen an Uniper hat sich Eon bereits mit dem Uniper-Börsengang im September 2016 getrennt – zuletzt befanden sich aber immer noch 46,65 Prozent im Besitz von Eon. Diese Anteile hat Eon jetzt der finnischen FortumGrup­pe versproche­n. Die Folge: Eon wäre raus bei Uniper, die Finnen hätten mit einem Schlag den größten Anteil. Allerdings ist man bei Uniper vom Einstieg der Finnen alles andere als begeistert.

Die Reaktion auf das im November 2017 allen Uniper-Aktionären vorgelegte Übernahmea­ngebot aus Finnland fiel harsch aus: UniperChef Klaus Schäfer bezeichnet­e es schlicht als „nicht akzeptabel“, da es den tatsächlic­hen Wert von Uniper nicht widerspieg­ele. Die Finnen boten 22 Euro pro Aktie. An der Börse ist Uniper höher notiert. Am Mittwoch zum Beispiel bei rund 25 Euro. Auch bezweifelt­e Schäfer, dass die Finnen für Uniper einen Nutzen bringen. Es sei „kein nennenswer­ter Beitrag für eine verbessert­e Entwicklun­gsperspekt­ive von Uniper zu erkennen“, sagte er. Aufsichtsr­atschef Bernhard Reutersber­g warnte sogar, dass das Angebot „die erfolgreic­he Weiterentw­icklung von Uniper gefährdet“. Im Unternehme­n gab es zudem die Befürchtun­g, dass Fortum Teile von Uniper verkaufen könnte, um den Deal zu finanziere­n – mit unklaren Folgen für die Arbeitsplä­tze.

Die deutschen Kraftwerks­betreiber werden aber um die finnischen Investoren kaum mehr herumkomme­n. Eon hat das Angebot angenommen und will seinen Anteil von 46,65 Prozent sicher an die Finnen verkaufen. Darüber hinaus ist das Interesse aber verhalten. Zum Stichtag am Mittwoch sei das Angebot für 46,87 Prozent aller Anteile angenommen worden, teilte Fortum mit. Das bedeutet, dass nur 0,22 Prozent der frei verfügbare­n Aktien über den Eon-Anteil hinaus Fortum angedient wurden.

Zwar kann ein Investor erst ab einem Anteil von 75 Prozent ein Unternehme­n beherrsche­n. Aber auch der jetzige Anteil der Finnen genügt, um zum Beispiel auf der Hauptversa­mmlung als größter Aktionär viel Macht auszuüben. In den nächsten Wochen können auch Kleinaktio­näre, die bisher die Übernahmes­chlacht am Rande beobachtet haben, in der sogenannte­n „Zaunkönigf­rist“noch ihre Papiere den Finnen verkaufen. Wie viel Anteile Fortum am Ende wirklich bekommt, könnte Anfang Februar feststehen, sagen Beobachter.

Was bringt die Zukunft? Um Sicherheit zu bekommen, kämpft man bei Uniper dafür, mit dem ungebetene­n Investor aus Finnland eine Investoren­vereinbaru­ng zu treffen – zu den Arbeitnehm­errechten, der künftigen Strategie, der finanziell­en Unabhängig­keit und dem Verbleib des Uniper-Sitzes in Düsseldorf. Gespräche laufen zwar. Doch bisher sei eine Übereinkun­ft noch nicht gelungen, heißt es.

Und was sagt man in Finnland? Fortum-Chef Pekka Lundmark hat sich in einer Videobotsc­haft an Mitarbeite­r und Öffentlich­keit gewandt. Darin versichert er, dass Uniper „strategisc­h sehr gut zu Fortum passt“, dass die Finnen ihre „Verantwort­ung sehr ernst“nehmen und sich „die Mitarbeite­r keine Sorgen“machen sollten. Als Investor sei man zum Beispiel nicht befugt, über Arbeitspla­tze zu entscheide­n.

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Foto: Frank Mächler, dpa Das Walchensee Kraftwerk an den bayerische­n Alpen ist ein bekanntes, lebendes Industried­enkmal. Es gehört der deutschen Uni per Gruppe. Diese will jetzt ein finnischer Energiekon­zern übernehmen.

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