Schwabmünchner Allgemeine

Kurz, einfach nicht zu fassen

Wiener Kanzler bei „Maischberg­er“

- VON WINFRIED ZÜFLE

In der von Sandra Maischberg­er, die gerne ältere Semester um sich versammelt, sitzt am späten Mittwochab­end ein ganz Junger: Sebastian Kurz, 31, österreich­ischer Bundeskanz­ler. Als einziger Gast. In Wien führt Kurz bekanntlic­h eine Koalitions­regierung, der seine konservati­ve Volksparte­i und die Rechtspopu­listen von der FPÖ angehören. Die Moderatori­n hangelt sich erst einmal am kurzen Lebenslauf des Senkrechts­tarters entlang, um dann auf kritisch umzuschalt­en. Maischberg­er liest eine lange Liste an fragwürdig­en Auftritten und möglichen Verfehlung­en vor, die sich FPÖ-Chef und Vizekanzle­r Heinz-Christian Strache geleistet hat. Doch Kurz ist damit nicht zu beeindruck­en. „Jugendsünd­en“, sagt er. Maischberg­er zitiert FPÖ-Innenminis­ter Herbert Kickl, der Flüchtling­e an einem Ort „konzentrie­ren“will. Von Kurz kommt keine Distanzier­ung.

Nein, aalglatt ist Kurz nicht, aber clever. Eine freundlich­e Moderatori­n bekommt ihn nicht zu fassen, obwohl sie kritische Fragen stellt. Wenn es ihm zu konkret oder zu unangenehm wird, weicht er immer wieder geschickt aus.

Was bleibt hängen? Die Selbsteins­chätzung von Kurz: „Ich würde mich nicht als konservati­v bezeichnen, sondern als christlich-sozial und liberal.“Der Triumph des Mannes, der maßgeblich zur Schließung der Balkanrout­e beigetrage­n hat: „Jetzt bin ich froh, dass es in Deutschlan­d einen Schwenk gegeben hat.“Und die Nonchalanc­e, mit

ARD-Talkshow

der er über braune Flecken in der Vergangenh­eit seiner Koalitions­partner hinwegsieh­t: „Für mich ist der Blick nach vorn relevant.“

Zur Verstärkun­g holt sich Maischberg­er dann doch noch einen Älteren in die Sendung: Jürgen Trittin, 63. Der wirkt altväterli­ch und bleibt blass. In Deutschlan­d, so doziert der Grüne, seien sich die demokratis­chen Parteien einig, nicht mit den Rechtspopu­listen von der AfD zu koalieren. Kurz lässt ihn ins Leere laufen. In Wien gehen die Uhren eben anders.

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Foto: Odd Andersen, afp Blick nach vorn: Bundeskanz­ler Sebasti an Kurz (ÖVP).

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