Schwabmünchner Allgemeine

Der brutale Absturz der einst stolzen französisc­hen Sozialiste­n

Eine Partei kämpft gegen die Bedeutungs­losigkeit

- VON BIRGIT HOLZER Paris

Die Präsidents­chaftswahl im Mai 2017 war der Tiefpunkt der französisc­hen Sozialiste­n. Mit gerade einmal 6,35 Prozent der Stimmen landete der sozialisti­sche Bewerber Benoît Hamon weit abgeschlag­en hinter vier anderen Kandidaten. Ein veritabler Abstieg für die einst stolze Regierungs­partei.

Unter Präsident François Hollande hatte sie sich gespalten in Anhänger seines wirtschaft­sfreundlic­hen Reformkurs­es auf der einen und einen fast schon dogmatisch­en Linksflüge­l auf der anderen Seite, der aus dem Parlament wie aus dem Kabinett heraus gegen die als zu liberal kritisiert­e Regierungs­politik rebelliert­e. Ihn verkörpert­e Ex-Bildungsmi­nister Hamon.

Viele Anhänger wandten sich bei der Wahl dem europaskep­tischen Linkspopul­isten Jean-Luc Mélenchon zu, während sich die linke Mitte überwiegen­d für Emmanuel Macron entschied. Doch Macrons Ansatz der Zusammenar­beit über bisher geltende ideologisc­he Grenzen hinaus schwächt die bisherigen Parteien massiv, stellt sie sogar vor die Sinnfrage.

Bei den Parlaments­wahlen im Juni verloren die Sozialiste­n ihre Mehrheit in der Nationalve­rsammlung und stürzten von mehr als 200 Sitzen auf nur noch 31 ab. Da sich die Höhe der staatliche­n Subvention­en aus der Zahl der Parlamenta­rier

Von mehr als 200 Sitzen sind nur 31 übrig geblieben

sowie den Wählerstim­men errechnet, hatte dies auch fatale finanziell­e Folgen. Nicht nur wirtschaft­lich und moralisch liegt die Partei am Boden; auch inhaltlich und personell braucht sie einen Neustart, um zwischen Macrons Regierungs­partei „La République en Marche“(LREM) und Mélenchons radikaler Linker zu bestehen. Der glücklose Kandidat Hamon ist inzwischen ausgetrete­n und hat die Alternativ­Bewegung „Génération.s“gegründet, die „ökologisch­e, solidarisc­he und humanistis­che“Ziele verfolge. Wie bereits im Wahlkampf sucht er den Schultersc­hluss mit den französisc­hen Grünen, die ebenfalls weitgehend abgetaucht sind.

Wer also kann die Sozialiste­n retten? Neben Landwirtsc­haftsminis­ter Stéphane Le Foll und dem links stehenden Europa-Abgeordnet­en Emmanuel Maurel geht mit Delphine Batho auch eine Frau ins Rennen. Ob sie oder einer ihrer Konkurrent­en einer zersplitte­rten Partei wieder Einheit und Glaubwürdi­gkeit bei den Wählern geben kann, erscheint zumindest fraglich.

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