Schwabmünchner Allgemeine

Was Chefs von einem Dirigenten lernen können

Peter Stangel hat ein ganzes Orchester im Griff. Dabei sieht er Parallelen zum Führen eines Unternehme­ns

- VON PHILIPP KINNE

Gersthofen Ohne Dirigent kann ein Orchester nicht sein. Dass dem tatsächlic­h so ist, erklärt Peter Stangel, der Dirigent der Münchener Taschenphi­lharmonie, gern mit einer Anekdote: Bei einer Probe kriegen sich Musiker und Orchesterc­hef in die Haare. Der Dirigent schimpft immer weiter über den Klang des Orchesters, bis dieses den Einsatz verweigert. Stille. „Sehen Sie, so klingt ein Dirigent“, sagt ein Musiker. Mit großer Geste fängt der Orchesterc­hef wieder an zu dirigieren und die Musiker spielen weiter. Dann werden die Bewegungen des Dirigenten immer kleiner, bis sie schließlic­h nicht mehr zu erkennen sind. Holzbläser verpassen plötzlich ihren Einsatz, Streicher kommen aus dem Takt, das ganze Orchester spielt wild durcheinan­der. „Und sehen Sie, so klingt ein Orchester ohne Dirigent“, rächt sich der Mann mit dem Taktstock. Die Botschaft: Wer führt, ist weder besser noch schlechter als der, der geführt wird. Die Taschenphi­lharmonie bezeichnet sich als das „kleinste Sinfonieor­chester der Welt“und spielt Konzerte in kleiner Besetzung – zum Beispiel in der Allerheili­gen-Hofkirche der Münchner Residenz.

Peter Stangel sagt: „Eine Gruppe erstklassi­ger Spezialist­en ergibt noch kein Team.“Und das sei bei einem Unternehme­n nicht anders als bei einem Orchester. Über die Parallelen seines Jobs zu dem einer Führungskr­aft im Allgemeine­n referiert Stangel in der Gersthofer Stadthalle. Hier tritt er bei der Vortragsre­ihe „Augsburger Allgemeine Wissen“vor beinahe ausverkauf­tem Haus auf. Bei einem Orchester lasse sich unmittelba­r miterleben, wie die Zusammenar­beit abläuft, welche Probleme auftauchen, wenn einer nicht mitspielt – und wie sie gemeinsam gelöst werden können.

Für den Dirigenten, Komponiste­n und Kommunikat­ionstraine­r ist Respekt die wichtigste Voraussetz­ung in jedem Team. Denn Geiger können nicht dirigieren und Dirigenten nicht Geige spielen. Auf Augenhöhe miteinande­r zu sprechen sei daher die halbe Miete. Gleichzeit­ig müsse man immer die Stärken des anderen im Auge behalten. Oboen können zum Beispiel nicht ganz leise gespielt werden. „Das ist eine Schwäche, die ich als Chef kennen muss“, sagt der 57-Jährige. Es ergebe keinen Sinn, Anweisunge­n zu geben, die sein Team nicht verstehe. Beim Beispiel der Oboe wäre es daher sinnvoll, den Musiker zu bitten, kurz auszusetze­n, wenn ein Stück eine besonders leise Stelle hat. „Wenn ich dem Oboisten erkläre, dass man die Flöte ansonsten nicht hört, kann er meine Anweisung auch nachvollzi­ehen.“Das sei in einem Unternehme­n nicht anders: „Wenn Mitarbeite­r wissen, weshalb sie etwas tun, sind sie motiviert“, sagt Stangel. Der Mitarbeite­r, der stets nur eine Schraube verbaut, gebe sich mehr Mühe, wenn er weiß, dass am Ende der Produktion­skette ein Fahrrad entsteht.

Neben Respekt und Nachvollzi­ehbarkeit sei das Ansprechen von Problemen die dritte Regel für gute Führung. „Wenn es Probleme gibt, spreche ich sie an; respektvol­l, aber offen.“Am Ende müsse immer eine Lösung stehen, mit der beide Seiten gut leben können. Häufig stelle er fest, dass er einen Musiker, mit dem es ein Problem gibt, schlicht missversta­nden habe. „Nur im Gespräch können wir Missverstä­ndnisse ausräumen.“ Termine Freuen Sie sich auf den Herbst. Ein neues Format unserer Vor tragsreihe „Augsburger Allgemeine Wis sen“startet im September. Auch für das aktuelle Programm gibt es noch Tickets. Mehr Infos über Redner und Termine unter www.augsburger allgemeine.de/ wissen oder unter 0821/777 4444.

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Foto: Schöllhorn Peter Stangel ist Dirigent der Münchener Taschenphi­lharmonie.

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