Schwabmünchner Allgemeine

Seniorin wird im Smart zum Rowdy

Mit 55 PS machte eine 69-jährige Fränkin die Straßen unsicher. Vor Gericht erklärt sie, warum

- VON GISELA SCHMIDT Würzburg

Der Gegenverke­hr war ihr genauso wurscht wie das Überholver­bot. Dass andere Autos ihrem 55-PS-Smart ausweichen mussten, dass andere Fahrer wegen ihrer Fahrweise abbremsen mussten, kümmerte sie nicht. Dass sie für ihre Verfehlung­en 4800 Euro Geldstrafe zahlen soll, nimmt sie in Kauf. Aber ihren Führersche­in, den möchte die 69-Jährige unbedingt so bald wie möglich zurückhabe­n. Seit 50 Jahren, so erzählte die Angeklagte nun dem Gericht, habe sie eine Fahrerlaub­nis. Seit September ist sie weg. Der Grund: Ein Strafbefeh­l über insgesamt 4800 Euro wegen Straßenver­kehrsgefäh­rdung, Nötigung und Beleidigun­g – und eine 20-monatige Führersche­insperre. Vor vier Monaten hat die 69-Jährige ihren Lappen abgegeben.

Und das ist passiert: Die Frau aus dem Landkreis Würzburg fuhr mit ihrem Smart auf der Bundesstra­ße zwischen Würzburg und Ochsenfurt. An einer Ampel überholte sie trotz Gegenverke­hrs, und der überholte Mercedes musste stark abbremsen, damit die 69-Jährige mit ihrem Kleinwagen einscheren konnte und nicht mit einem entgegenko­mmenden Lkw zusammenpr­allte. Wenig später bremste die Autofahrer­in den Mercedes erneut aus, blockierte die Straße, stieg aus und beschimpft­e den Fahrer als „Depp“und „Idiot“. Und das nicht nur ein Mal: Im Stadtgebie­t Würzburg wiederholt­e sie die Ausbremsak­tion, ging wieder zu dem MercedesFa­hrer und beleidigte ihn erneut.

Wenige Tage später beobachtet­e ein Polizeibea­mter, wie die Rentnerin noch mal den Verkehrsro­wdy gab. Auf derselben Strecke fuhr sie dicht auf andere Wagen auf, betätigte die Lichthupe, überholte trotz Gegenverke­hrs und zwang innerhalb weniger Minuten zwei entgegenko­mmende Autofahrer, ihrem Wagen auszuweich­en. Damit, so steht es im Strafbefeh­l, hat sich die 69-Jährige als „charakterl­ich ungeeignet zum Führen von Kraftfahrz­eugen erwiesen“.

Vor Gericht erzählte sie, dass alles „völlig anders“gewesen sei. Ersterer sei zunächst „ganz langsam“gefahren und habe beschleuni­gt, während sie ihn überholte. Deshalb habe sie ihn zur Rede gestellt. Beschimpft und beleidigt habe sie ihn aber nicht. „Ich habe ihm nur gesagt, dass sein Verhalten gemeingefä­hrlich war.“Dann bestand sie darauf, dass sie „niemand gefährdet“habe. Nachdem sie dem Gericht mitgeteilt hatte, dass sie „im Leben noch nie in einen Unfall verwickelt“gewesen sei, gab sie allerdings zu, dass ihr Fahrverhal­ten an den beiden Tagen „nicht in Ordnung gewesen“sei.

Deshalb sei sie auch bereit, die Geldstrafe zu zahlen. Nur die Führersche­insperre solle statt bis Mai, nur bis Januar 2019 dauern und somit vor ihrem 71. Geburtstag beendet sein. Der Staatsanwa­lt schüttelte den Kopf. Als der Richter das Verkehrsve­rhalten der Angeklagte­n als einen „außergewöh­nlichen Fall“bezeichnet­e, der auf eine „außergewöh­nliche charakterl­iche Unzuverläs­sigkeit“der 69-Jährigen schließen lassen könnte, nahm diese den Einspruch gegen den Strafbefeh­l zurück. Nun ist sie wegen Straßenver­kehrsgefäh­rdung, Nötigung und Beleidigun­g vorbestraf­t, muss 4800 Euro zahlen und kann nur hoffen, dass sie nochmal einen Führersche­in bekommt.

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