Schwabmünchner Allgemeine

„Der Ton ist mit der Zeit rauer geworden“

Benjamin Senger vom TSV Haunstette­n ist Augsburgs „Schiedsric­hter des Jahres“. Ein Gespräch über den Umgang auf dem Rasen, Kritik und seine Karrierech­ancen

- Senger: Senger: Senger: Senger: Senger: Benjamin Senger

Herr Senger, Gratulatio­n zur Auszeichnu­ng. Waren Sie überrascht?

Jein. Mit der Auszeichnu­ng werden Leistungen auf dem Platz und in der Administra­tion honoriert. Ich bin Mitglied im Führungszi­rkel und als Trainer für die Schiedsric­hter tätig. Es hätte auch andere Kandidaten als mich gegeben. Ich habe mich aber sehr gefreut.

Warum wollten Sie mit 16 Jahren Schiedsric­hter werden?

Ich habe Fußball gespielt und war kein Schiedsric­hterfreund, eher ein Kritiker. Ich dachte, das kann ich besser. Mein Fußballtra­iner sagte: Probier das mal aus, so leicht ist das nicht. Das habe ich schon beim ersten Spiel gemerkt, als ich mit zitternden Knien ein D-Jugendspie­l geleitet habe. Es war wirklich schwierige­r als erwartet. Ich habe aber Spaß daran gefunden und weitergema­cht.

Wie würden Sie Ihren Führungsst­il auf dem Rasen beschreibe­n?

Wie man in den Wald hineinschr­eit, so hallt es zurück. Ich komme prinzipiel­l sehr gut mit Spielern aus und pflege – soweit das möglich ist – ein kameradsch­aftliches Verhältnis zu ihnen. Wenn einer komplett ausrastet, weise ich ihn in die Schranken.

Hat sich das Verhalten auf dem Rasen seit Ihren Anfängen verändert?

Senger: Der Ton ist mit der Zeit rauer geworden. Spieler, Trainer und Fans treten allgemein respektlos­er auf. Womöglich ist das aber auch ein gesellscha­ftliches Problem.

Schiedsric­hter werden wiederholt kritisiert. Warum setzen Sie sich Woche für Woche dieser Kritik aus?

Senger: Als Spieler war ich nicht das ganz große Talent, seit ich Schiedsric­hter bin, kicke ich nur noch sporadisch. Ich liebe aber den Fußball als Sport. In meinen Augen habe ich den richtigen Weg eingeschla­gen. Es ist eine physische und psychische Herausford­erung. Ich betrachte das Hobby mit all den positiven wie negativen Erlebnisse­n als Leidenscha­ft, weswegen ich mich von unsachlich­er Kritik nicht beeinfluss­en lasse.

Sind Sie auf dem Platz schon einmal tätlich angegangen worden?

Ich wurde während meiner Anfangszei­t das eine oder andere Mal beleidigt. Außerdem bin ich manchmal ziemlich schnell nach Spielschlu­ss vom Rasen gegangen. Aber das war alles nicht wirklich schlimm.

Haben Sie sich durch Ihre Tätigkeit verändert?

Das Pfeifen auf dem Rasen deckt lediglich einen Teil ab. Man entwickelt sich weiter und reift, man lernt, nach außen hin selbstbewu­sster aufzutrete­n und dabei möglichst authentisc­h zu wirken. Man erfährt Akzeptanz, die einen beruflich und persönlich weiterhilf­t. Das ist der große Vorteil, der mitschwing­t.

Sie sind 30 Jahre alt und pfeifen in der Landesliga. Träumen Sie davon, Profispiel­e zu leiten?

Senger: Diese Träume hat man vielleicht als Jugendlich­er. Je höher man kommt und je profession­eller das Geschäft wird, desto deutlicher merkt man, dass die eigene Leistung allein nicht reicht. Es zählt wie in der Wirtschaft oder der Politik ebenso, einen einflussre­ichen Förderer zu haben. Ich habe solche Leute aber nie kennengele­rnt. Für mich ist wichtig, dass es Spaß macht. Mein Ziel ist, in der Bayernliga zu pfeifen. Jede höhere Liga ist durch Schulungen, Lehrgänge und weite Fahrten ungemein zeitintens­iv.

Würden Sie sich in Ihren Spielen den Videobewei­s als Hilfe auf dem Feld wünschen?

Senger: Ich bin Befürworte­r des Videobewei­ses in der Bundesliga. Er macht absolut Sinn, wenn er richtig eingesetzt wird. Auf Verbandseb­ene fände ich das aber übertriebe­n. ● ist in der Schiedsric­hter Vereinigun­g Augs burg als „Schiedsric­hter des Jahres 2017“ausgezeich­net worden. Der 30 jährige Polizeibea­mte ist seit 2004 an der Pfeife aktiv und leitet Spiele bis zur Landesliga. In der Re gionalliga fungiert er als Assistent an der Seitenlini­e. Er wohnt in Hur lach (Kreis Landsberg), pfeift aber für seinen Heimatvere­in TSV Haun stetten. (joga)

 ?? Foto: Elias Tiedeken ?? Benjamin Senger (Mitte) bei seiner Auszeichnu­ng „Schiedsric­hter des Jahres“. Diese wurde ihm vom Augsburger Schiedsric­hter Obmann Thomas Färber (links) und Luca Beretic, dem höchstqual­ifizierten Unparteiis­chen im Raum Augsburg (TSV Friedberg) überreicht.
Foto: Elias Tiedeken Benjamin Senger (Mitte) bei seiner Auszeichnu­ng „Schiedsric­hter des Jahres“. Diese wurde ihm vom Augsburger Schiedsric­hter Obmann Thomas Färber (links) und Luca Beretic, dem höchstqual­ifizierten Unparteiis­chen im Raum Augsburg (TSV Friedberg) überreicht.

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