Schwabmünchner Allgemeine

„Die ganze Welt is narrisch“

Monika Gruber erzählt, grantelt und lästert in der Staudenlan­dhalle. Dabei geht es um den alltäglich­en Wahnsinn und wie der Thermomix zur neuen Religion geworden ist

- VON SIEGFRIED P. RUPPRECHT Fischach

Warum ist Burn-out mittlerwei­le ein Statussymb­ol? Was ist unschickli­ch am Begriff „die Seele baumeln lassen“? Wo schämt sich selbst der Leberkäs? Auf alle diese Fragen hatte Monika Gruber in der restlos ausverkauf­ten Staudenlan­dhalle in Fischach eine Antwort parat. Mehr noch: Die Kabarettis­tin analysiert­e in ihrem zweistündi­gen Pointenfeu­erwerk unter dem Motto „Wahnsinn“den Zeitgeist akribisch aus bayerische­r Sicht. Political Correctnes­s bekam ebenso Fett ab wie Veganer, SUV-Mütter und die Eventgener­ation.

Das Erfolgsrez­ept der Powerfrau ist einfach: Sie blickt den Menschen aufs Maul und sagt das, was manche sich nicht zu äußern trauen. Dabei speckt sie umfassende Themen ab und bringt sie zielgenau auf den Punkt. Das Ganze mischt sie mit Schimpf, Spott, Grant, spitzer Zunge und rasantem Sprechtemp­o.

So erlebte das Publikum einen herzerfris­chenden Abend über all das, was die „Gruberin“aufregte, narrisch machte oder auch berührte. Und das war nicht wenig. Allein beim Alltag in unserer Gesellscha­ft schöpfte sie aus dem Vollen. Da wurden nicht nur die Preißen, die sich in bayerische­n Urlaubsort­en über Kirchen- und Kuhglocken aufregten, durch den Kakao gezogen, sondern auch Vegetarier und Veganer. Letztere ordnete sie der „Stufe 8“ein: „Menschen, die nichts essen, was Schatten wirft.“Das seien jene, die voller Eifer andere bekehren, aber selbst vegane Schnitzel kaufen wollen. Immerhin heiße es Flei- und nicht Knochensfr­ust, wie Monika Gruber bissig feststellt­e.

Immer wieder hinterfrag­te die 46-Jährige Strömungen der Zeit, spitzte sie zu. Der Thermomix werde schon zur Religion erhoben, meinte sie. „Alle beten ihn an.“Heute brauche die Menschheit Therapeute­n. Früher habe diese Stelle der Stammtisch eingenomme­n. Breiten Raum nahmen die ausufernde­n Kindergebu­rtstagsfei­ern, der Umgang mit dem Nachwuchs und der Diäten- und Gesundheit­swahn ein. „Ich will nicht freudlos mit 105 Jahren sterben“, betonte sie. „Dann lieber mit 80 und einem barock-hedonistis­chen Leben.“Warum die Realität so ernst sei? Bei vielen Deutschen mache der Spaß eine große Kurve, resümierte sie.

Vehement trat die Kabarettis­tin für mehr Respekt ein. „Doch meist fordern jene Menschen Toleranz und Achtung ein, die nur die eigene Meinung gelten lassen.“Hart ins Gericht ging sie mit jener Generation, die beinahe gierig kontinuier­lich Events, Action und Nervenkitz­el benötige. Konstante im Miteinande­r sei wichtiger.

Ebenfalls keinen Halt machte sie vor der Politik. Politiker hätten nach der Flüchtling­swelle 2015 nur zwischen Willkommen­skultur-Befürworte­r oder Rechts unterschie­den. „Plötzlich bist du als Konservati­v-Liberaler wie ich ein Nazi.“Was sei hier falsch gelaufen? Oder der Berliner Weihnachts­markt-Attentäter Anis Amri. „Da haben wir in ganz Deutschlan­d Boxspringb­etten-Kompetenzz­entren, aber keinen, der fähig gewesen war, seine Abschiebep­apiere mit einem Stempel zu versehen.“Das mache ihr Angst, verdeutlic­hte Monika Gruber und fügte hinzu: „Die ganze Welt is narrisch worn!“Einen verbalen Querschläg­er traf auch das

Bayerische­r Buddhismus: Bier statt Karma

Rumpelstil­zchen“. „Wenn in Deutschlan­d lebende Türken sich für Recep Erdog˘ an starkmache­n, dann kommt mir das vor, als ob ein Freilandhu­hn die Käfighaltu­ng fordere.“Da war ihr der Idealtyp des in sich ruhenden Bayscheslu­st ern, nämlich ihr Vater, lieber. „Er lebte Buddhismus pur“, erzählte sie. „In der bayerische­n Variante: mit Bier statt Karma.“Langweilig wurde es nie. Monika Gruber watschte mit bildgewalt­igen und unverblümt­en Worten ab, nuancierte, ver„osmanische sprühte Charme und versöhnte. Als Zugabe servierte sie eine höchstpers­önliche Version des Sinatra-Klassikers „My Way“. Vorab gab sie den Zuhörern noch mit auf den Weg: „Wenn der Kopf ein Depp ist, muss der Körper es büßen.“

 ?? Foto: Siegfried Rupprecht ?? In einem Pointenfeu­erwerk griff Monika Gruber die bayerische Seele und den alltäglich­en Wahnsinn auf der Welt, um uns und in uns auf.
Foto: Siegfried Rupprecht In einem Pointenfeu­erwerk griff Monika Gruber die bayerische Seele und den alltäglich­en Wahnsinn auf der Welt, um uns und in uns auf.

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