Mobbing vor Gericht
Immer wieder werden Jugendliche im Landkreis geärgert – mit teils schwerwiegenden Folgen, wie zwei Fälle vor Gericht zeigen. Was die Schwabmünchner Mittelschule und das Gymnasium gegen Mobbing unternehmen
Wenn Mobbing an Schulen zum Terror für Kinder und Jugendliche führt, schreiten auch Gerichte ein. Altersgenossen sind vor Strafe nicht sicher.
Er hat seine Mitschülerin mehrfach beleidigt und bedroht. Hat Kraftausdrücke verwendet und ihr so sehr Angst gemacht, dass das Mädchen deswegen körperliche Beschwerden wie Bauchschmerzen bekam. Das Amtsgericht Augsburg hat deshalb einen 14-jährigen Schüler aus Königsbrunn wegen 32 Fällen von Beleidigung – davon acht Fälle mit vorsätzlicher Körperverletzung – verurteilt. Der Jugendliche muss 56 Stunden Hilfsdienst leisten.
Dieser Fall von Mobbing ist die Ausnahme, aber kein Einzelfall. Im Oktober hat das Augsburger Amtsgericht fünf Jugendliche verurteilt, die einen Buben immer wieder malträtiert haben. Die 15- bis 17-Jährigen aus dem westlichen Landkreis haben ihr Opfer festgehalten, geschlagen und ihm einmal ein Hakenkreuz ins Gesicht gemalt. Der Richter verurteilte die fünf Jugendlichen wegen Körperverletzung zu einem Freizeitarrest. Zusätzlich müssen sie an einem Beratungsgespräch zum Thema „Lösung von Konflikten und Gruppendynamik“teilnehmen.
Um Mobbing entgegenzuwirken, gibt es an vielen Schulen Projekte und Aktionen. Die Schwabmünchner Mittelschule führt laut Schulleiter Johannes Glaisner jedes Jahr eine Umfrage unter den Jugendlichen durch. Dadurch will die Schule den Istzustand abfragen. Die Jugendlichen sollen unter anderem beantworten, wo und wann es Gewaltund Mobbingfälle an der Mittelschule gibt. Die letztjährige Befragung wird momentan ausgewertet. „Je nachdem, wie sie ausfällt, werden entsprechende Maßnahmen eingeleitet“, sagt Glaisner. Die Zehntklässler haben sich bereits in einem Projekt mit dem Thema Mobbing auseinandergesetzt. Die Schüler haben unter anderem einen Flyer mit Tipps, was bei Mobbing getan werden kann, erstellt.
Die Schwabmünchner Mittelschule ist laut Glaisner keine Mobbing-Schule. Wie an jeder anderen Schule gebe es jedoch Einzelfälle. Glaisner erklärt, dass man bei jedem Mobbingfall „besonnen reagiert“. Die Schule arbeite dann sowohl mit dem Jugendlichen, der gemobbt wird, als auch mit demjenigen, der mobbt, zusammen.
Laut Glaisner werde das Wort Mobbing „schnell in den Mund genommen“. In vielen Fällen handle es sich jedoch eher um „Ärgereien unter Schülern“. Die Aufgabe der Schule sei es dann, herauszufiltern, was tatsächlich Mobbing ist. Der Schulleiter erklärt außerdem, dass „kleine Ärgereien“unter Schülern wichtig seien. Dadurch lernen sie, argumentieren, zu streiten und sich zu behaupten. „Wir leben nicht in einer harmonischen Welt“, erklärt Glaisner. Deshalb seien diese Fähigkeiten wichtig fürs Leben. Problematisch werde es, wenn mehrere Schüler auf eine Person losgehen oder wenn sich Mobbing auf soziale Netzwerke ausweitet. Dann sei es für die Schule schwierig, einzugreifen, sagt Glaisner.
Das sieht auch Bettina Schaumann so. Sie ist Schulpsychologin am Leonhard-Wagner-Gymnasium in Schwabmünchen. Sie bemerkt keinen gravierenden Anstieg an Mobbingfällen, jedoch eine Verlaanonyme gerung der Problematik auf soziale Netzwerke und Messaging-Dienste wie WhatsApp. Das sogenannte Cybermobbing sei oftmals deutlich schwieriger in den Griff zu bekommen.
Schaumann erklärt, dass immer wieder Schüler zu ihr kommen, weil sie gemobbt werden. Ein Beratungsteam bestehend aus einer Mitarbeiterin der Schulleitung, der Betreuungslehrerin und ihr, kümmert sich dann um den betroffenen Jugendlichen. „Meistens lassen wir zunächst ein Mobbing-Tagebuch schreiben, um unseren Informationsstand zum aktuellen Mobbingzu geschehen zu vertiefen“, erklärt sie. Anschließend werde geklärt, welche Erwartungen das Mobbingopfer an das Beratungsteam hat und wer alles mit einbezogen werden darf. Wenn die Eltern der betroffenen Schüler zustimmen, werden laut Schaumann alle Lehrer, die in der Klasse unterrichten, informiert. „Das hat den Vorteil, dass die Kolleginnen ein Auge auf die Situation haben und schnell und passend intervenieren können, sobald ihnen etwas auffällt“, erklärt die Schulpsychologin.
Bei Konflikten mit noch nicht verhärteten Fronten helfe ein Mediationsgespräch mit den Beteiligten. Am Leonhard-Wagner-Gymnasium gibt es laut Schaumann zudem den sogenannten No-BlameApproach. Dabei wird ein passendes Unterstützersystem aus Mitschülern für das Mobbingopfer aufgebaut. Um Mobbing entgegenzuwirken, wird das Thema außerdem in verschiedenen Fächern wie Deutsch und Religion/Ethik behandelt, sagt Schaumann.
Zudem biete das Beratungsteam Sprechstunden, ein Sorgentelefon und einen Kummerkasten an, damit sich „Konflikte erst gar nicht zu Mobbing ausweiten“. Wichtig sei bei Mobbing außerdem, „sich schnell und gezielt Hilfe zu holen und Berichten nicht mit Petzen zu verwechseln“.