Schwabmünchner Allgemeine

Eine Legende, die noch immer lebt

Heute wäre Roy Black 75 geworden. Er begann in Augsburg als Rock ’n’ Roller und feierte Welterfolg­e mit Schlagern. Seine Kritiker lästern über Herzschmer­z in seinen Liedern, doch seine Fans lieben ihn bis heute

- VON SIEGFRIED P. RUPPRECHT Augsburg/Bobingen

In einer Liste erfolgreic­hster deutschspr­achiger Schlager-Oldies taucht sein Namen gleich mehrmals auf. Und würde man heute eine Hit-Sammlung mit sentimenta­len Liedern erstellen, dann wäre Roy Black mit Sicherheit wieder darin vertreten. Der Schlagersä­nger, Filmschaus­pieler und Frauenschw­arm mobilisier­t auch heute noch immer viele Fans. Am heutigen Donnerstag wäre er 75 Jahre alt geworden – wäre er nicht vor 26 Jahren an seinem Fischweihe­r seiner Herzschwäc­he erlegen.

Doch was steht hinter dem Phänomen Roy Black? Warum verlegt beispielsw­eise ein weiblicher Fan den Wohnsitz von Sachsen-Anhalt für viele Jahre nach Straßberg bei Bobingen, wo ihr Idol geboren wurde?

Gertrud Münsterman­n weiß Antworten. Sie ist Roy-Black-Fan seit 1970 und hat den Sänger zwei Mal persönlich getroffen. „Mich fasziniere­n seine Ausstrahlu­ng und die Lieder, die er gefühlvoll interpreti­erte, sowie seine unverwechs­elbare Stimme“, sagt sie. Ähnlich die Leiterin des Bobinger Kulturamts, Elisabeth Morhard. Auch sie erinnert an seine „charismati­sche Ausstrahlu­ng mit viel Schmelz in der Stimme und seinen enorm sympathisc­hen Charme“.

Ähnlich argumentie­ren Irmgard und Friedhelm Tiemann. In ihrer Dortmunder Dachgescho­sswohnung hat der Star fast 20 Jahre lang immer wieder für einige Tage privat Stippvisit­e gemacht und dort die familiäre Atmosphäre genossen. „Wir erlebten nicht den Sänger Roy Black, sondern den Privatmens­chen Gerd Höllerich“, erzählt Friedhelm Tiemann. Auch er nennt als Erfolgsrez­ept dessen samtig-weiche Stimme. Hinzu seien sein umwerfende­s Aussehen und sein charmantes Lächeln gekommen. „Dies hat die Frauen in Bann gezogen“, meint er. Für die Lieder zum Träumen sei er der perfekte Interpret gewesen. „Als Rock ’n’ Roller hätte er nur schwer den Durchbruch geschafft“, ist er sich sicher. Dabei waren rockige Songs das ursprüngli­che Anliegen, als Gerhard Höllerich in Augsburg seine ersten Auftritte hatte.

Drei Tage vor seinem Tod hatten die Tiemanns mit dem Sänger noch ein Treffen vereinbart. Doch daraus nichts. „Nachts um drei läutete bei uns das Telefon.“Roy Blacks Familie teilte ihnen die schockiere­nde Nachricht mit. Die seiner Herzkrankh­eit nicht angepasste Lebensführ­ung habe diesen Tribut gefordert, glaubt Tiemann.

Doch der Star lebt nicht nur in den Erinnerung­en seiner Fans weiter. Durch die in der heutigen Zeit neu belebte Begeisteru­ng für Schlager gewinnt der einstige Star aus Augsburg auch bei jungen Menschen wieder Beachtung.

Geboren wurde Roy Black am 25. Januar 1943 als Gerhard Höllerich im Bobinger Stadtteil Straßberg. 1958 zog er mit Eltern und Bruder nach Augsburg-Göggingen. Im September 1963 gründeten er, Günter Ortmann, Dieter Sirch, Helmut Exenberger sowie Dieter und Peter Schwedes die Band „Roy Black and his Cannons“. In dieser Formation wurde die Plattenind­ustrie auf das Talent mit der sanften Stimme aufmerksam. Ihre Singles „My Little Girl“und „Darling, My Love“wurden noch Flops. Der Erfolg Roy Blacks kam 1965 mit „Du bist nicht allein“als Solosänger und Interpret romantisch­er Texte. Und das, obwohl er nach eigenen Worten „doch wie Mick Jagger sein wollte“. Ein Jahr später sein größter Megahit: „Ganz in Weiß“. Ab 1972 stagnierte seine Karriere. 1977 landete er mit „Sand in deinen Augen“wieder einen Achtungser­folg. Mitte der 1980er-Jahre wurden ihm zwei neue Herzklappe­n eingesetzt.

Neben seinen Liedern agierte Roy Black als Schauspiel­er in Kinofilmen wie „Immer Ärger mit den Paukern“, „Hochwürden drückt ein Auge zu“und „Kinderarzt Dr. Fröhlich“sowie in der TV-Serie „Ein Schloss am Wörthersee“. Am 9. Oktober 1991 starb er an Herzversag­en.

Überrascht, ja schockiert war auch der Augsburger Günter Ortwurde mann von Roy Blacks Tod. Der „Cannon“-Bandleader hatte zu ihm zeitlebens einen engen Kontakt. „Oft habe ich mit ihm viele Stunden an seinem damaligen Rückzugsor­t, einer Fischerhüt­te, verbracht.“Ortmann spricht von einem „Parallelle­ben“des Sängers. Hier der umjubelte Star, dort der Mensch, der unwohl mit seinem Image als singender Seelentrös­ter war, geplagt von einer schweren Herzerkran­kung.

„Roy brauchte zuweilen ein Glas Wein, um abzuschalt­en“, so Ortmann. Doch sei er kein gebrochene­r Mensch, auch definitiv nicht Alkoholike­r und auch nie wirklich verzweifel­t gewesen. „Noch im Mai 1991 war er fest entschloss­en, demnächst mit den Cannons unter dem Motto ,Back to the Roots‘ auf Tournee zu gehen“, berichtet Ortmann. „Bereits zu diesem Zeitpunkt richtete Roy Black sein zukünftige­s Augenmerk auf eigene Chansons.“Damit tritt Ortmann erneut Spekulatio­nen entgegen, die sich noch heute um den Tod des Sängers ranken. Er sei gebrochen gewesen und zu sehr dem Alkohol zugetan. Diese Phasen, sagen enge Wegbegleit­er, habe er da überwunden gehabt. Umso tragischer sei sein Ende.

Fest steht allerdings, dass viele Fans heute noch ihrem „Blacky“nahe stehen, auch wenn sie selbst schon in die Jahre gekommen sind. Gertrud Münsterman­n fasst es in einer Widmung so zusammen: „Manchmal bist du in unseren Träumen, oft in unseren Gedanken. Immer in unserer Mitte. Für ewig in unseren Herzen.“

Gefangen im eigenen Parallelle­ben

O Zum Geburtstag ihres Idols treffen sich Roy Black Fans am Samstag, 27. Januar, um 19 Uhr in der Schlossber­g schänke (Winterstra­ße 20 c) in Bobin gen Siedlung. Günter Ortmann zeigt ein Video des vor 18 Jahren in Augsburg aufgeführt­en Musicals „Ganz in Weiß“. I Bei uns im Internet

Ein Video vom heutigen Tag in Bobingen steht am späten Nachmittag auf unserer Onlineseit­e: augsburger allgemeine.de

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Archivfoto: Fred Schöllhorn Roy Black – Sänger, Schauspiel­er, Frauenschw­arm – wäre heute 75 Jahre alt geworden. Unser Archivbild zeigt den gebürtigen Bobinger 1975 bei einem Gastspiel in der Augs burger Kongressha­lle.

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