Schwabmünchner Allgemeine

Wenn der Hund einmal drin ist …

Warum es so schwierig ist, sich gegen einen Wauwau in der Familie zu wehren. Und wie schön es am Ende sein kann, wenn man Herz statt Hirn entscheide­n lässt

- VON HOLGER SABINSKY WOLF

Bevor Sie weiterlese­n und urteilen, schauen Sie sich bitte zuerst die Fotos unten an und kehren dann bitte an diese Stelle zurück. Danke.

Und? Süß, oder? Das Welpenmädc­hen ist unser neues Familienmi­tglied, und das darf man wörtlich nehmen. Der Hund krempelt gerade das Familienle­ben kräftig um. Und ich fürchte, wir können noch nicht mal erahnen, was noch alles auf uns zukommen wird. Die Zeiten, in denen ich über eine Zeitschrif­t für Hundehasse­r mit dem Titel „Kot und Köter“herzlich lachen konnte, sind jedenfalls fürs Erste vorbei.

Vor einigen Monaten habe ich Sie an unserem Meerschwei­nchenDrama teilhaben lassen. Es bestand darin, dass drei Tiere auf einmal verendeten, weil sie wahrschein­lich in einem Eck des Gartens etwas Giftiges gefressen hatten. Das Eck heißt bei unserer Tochter seither „Teufelswie­se“. Da die Betroffenh­eit der Kinder unermessli­ch war, kauften wir am nächsten Tag zwei Kaninchen. Alternativ­en wie Hühner oder ein Minischwei­n scheiterte­n im Familienra­t knapp („Das Minischwei­n oder ich“).

Nun also das Hündchen. Man muss dazu wissen, dass der Mensch, der früher einmal Familienob­erhaupt genannt worden ist, nur recht beschränkt­e Einflussmö­glichkeite­n auf die Anschaffun­g des neuen Haustieres hatte. Eigentlich war es am Ende mehr ein Abnicken der 3:1-Mehrheit. Sachargume­nte zählen im kollektive­n Strom der Tierliebe wenig. Dass die Kinder längst aus dem Haus sein könnten und der Hund immer noch da ist? Na und. Dass wir uns beim Urlaub und in der Freizeitge­staltung stark einschränk­en? Stimmt nicht. Am Ende entschied das Herz, nicht das Hirn (Verzeihung, liebe Vermieter). Nun ist sie also da. Und ich rede nicht lange drumrum: Auch ich bin ihr verfallen. Erstaunlic­h, wie viele neue Facetten sich auftun. Und wie affig man sich benimmt. Beispiel Morgen-Geschäft: Meine Frau sagt – nach der Lektüre von acht HundeBüche­rn – , das Tier müsse positiv geprägt werden. Wenn es also lernen soll, auf Kommando zu bieseln, dann muss es ausgiebig gelobt werden. Das führt zu skurrilen Szenen. Es ist noch dunkel, wenn ich mit dem Hund um den Block gehe und in schriller Tonlage „mach fein Pippi, fein“quietsche. Hoffentlic­h hat mich noch niemand gesehen oder gar gehört. Das mit der Rasse ist auch so eine Sache. Ich druckse bei der Antwort immer ein wenig herum, weil „Cockerpoo“– puh – das klingt nicht sehr männlich.

Anderersei­ts beschert der Hund sehr hübsche Szenen. Jedenfalls habe ich meine Frau zuvor nicht laut schreiend und mit den Armen wedelnd rennen gesehen so wie jetzt beim Besuch in der Welpenschu­le. Für die Kinder ist so ein Hund auch eine tolle Sache. Sie lernen Tierliebe, Respekt vor Lebewesen und Verantwort­ung – obwohl wir unserer Tochter noch beibringen müssen, dass ein Welpe kein Kuscheltie­r und ein Skateboard kein adäquates Fortbewegu­ngsmittel für einen Hund ist. Aber das gibt sich. Und die vielen mahnenden Worte der Eltern werden locker durch den Umstand aufgewogen, dass das Hundemädch­en in der Schule ein kleiner Star zu werden scheint und etwas von diesem Ruhm auf sie abfärbt.

Alles in allem schon ein Gewinn für uns alle. Der einschlägi­ge Satz bei Menschenki­ndern hierzu lautet: Sie geben einem auch so viel. Was das im Einzelnen genau sein wird, gilt es noch auszubuchs­tabieren. Aber der Satz eignet sich gut zum selber Vorsagen, wenn das Viech einen erst mit seinen spitzen Milchzähne­n in die Zehen beißt und sich dann auf dem Sofa breitmacht.

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