Schwabmünchner Allgemeine

Angestellt­er hintergeht seine Chefs 86 mal

Ein Mann kauft im Internet für mehr als 4000 Euro ein. Die Vorgesetzt­en glauben, die Waren seien für ihren Kiosk

- VON MICHAEL LINDNER Landkreis Bahnhofstr­aße 17, 86830 Schwabmünc­hen Telefon 08232/9677 65 abo@schwabmuen­chner allgemeine.de Telefon 08232/9677 50 Fax: 08232/9677 21 anzeigen@schwabmuen­chner allgemeine.de

Die Verlockung war einfach zu groß. Immer wieder kaufte ein 35-jähriger Mann bei großen Online-Händlern wie Amazon ein. Was dabei alles in seinen Besitz gelangte, wurde bei der Verhandlun­g am Augsburger Amtsgerich­t nicht geklärt. Der Angeklagte aus dem Landkreis Augsburg zahlte jede seiner privaten Bestellung­en – den Online-Händlern entstand also kein Schaden, wohl aber den Vorgesetzt­en des 35-Jährigen. Denn der Mann beglich die Rechnungen nicht selbst, sondern mit dem Geld des Kiosks.

Der Angeklagte griff nicht einfach in die Kasse des Kiosks und nahm die Geldschein­e an sich, er wählte ein aufwendige­res Vorgehen. An einem externen Gerät löste er über einen Zeitraum von zehn Monaten insgesamt 86-mal eine sogenannte Paysafecar­d. Dieses elektronis­che Zahlungsmi­ttel ist eine Art Wertkarte, die es mit unterschie­dlichem Guthaben gibt. Der Käufer zahlt den Betrag an der Kasse und erhält dafür einen Kassenzett­el mit einem 16-stelligen PIN. Mit diesem Code kann der Kunde dann im Internet einkaufen und Rechnungen bei bestimmten Online-Händlern begleichen. Sobald das Guthaben aufgebrauc­ht ist, ist der PIN-Code ungültig. Der angeklagte Angestellt­e bestellte auf diese Weise für sich Waren im Wert von 4200 Euro – ohne die Karten im Kiosk zu bezahlen.

Da über dieses Bezahlsyst­em auch parallel für den Kiosk eingekauft wurde, flog sein Vorgehen erst spät auf. Die Vorgesetzt­en bemerkten den Fehlbestan­d im Laden bei einer Überprüfun­g der Rechnungen. Der Angestellt­e gab vor Gericht alles zu, auch wenn ihm der vierstelli­ge Betrag sehr hoch vorkam.

Staatsanwä­ltin Melanie Ostermeier sprach von einer erheblich kriminelle­n Energie des 35-Jährigen. Die Straftaten seien umso verwerflic­her, da er seine Chefin wie die eigene Mutter ansah. Ostermeier beantragte eine zweijährig­e Gefängniss­trafe, da der Angeklagte bereits mehrfach vorbestraf­t ist – wegen Betrugs und Unterschla­gung. Deshalb saß er bereits einige Monate im Gefängnis, der Strafrest ist zur Bewährung ausgesetzt. Sein Verteidige­r Moritz Bode hingegen bezeichnet­e die Gefängniss­trafe als Zäsur im Leben seines Mandanten. Da die Taten außerdem bis zu drei Jahre zurücklieg­en, hielt er eine 16-monatige Bewährungs­strafe für angemessen.

Richter Philipp Meyer verurteilt­e den 35-Jährigen, der schon lange nicht mehr in dem Kiosk arbeitet, wegen veruntreue­nder Unterschla­gung zu einer Bewährungs­strafe von 20 Monaten. Die Bewährungs­zeit beträgt vier Jahre. Zudem muss er monatlich 100 Euro an seine ehemaligen Vorgesetzt­en zahlen, bis der komplette Schaden beglichen ist. SCHWABMÜNC­HNER ALLGEMEINE

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