Schwabmünchner Allgemeine

Urgesteine im Ruhestand

Josef und Rosemarie Riedl waren 35 Jahre die Seele des Vereins. Wie alles mit dem ersten Stein begann.

- VON HIERONYMUS SCHNEIDER Klosterlec­hfeld/Obermeitin­gen

Der Steinheber­verein Lechfeld hat Josef und Rosemarie Riedl zu seinen ersten Ehrenmitgl­iedern ernannt. Der Obermeitin­ger Josef Riedl war schon vor der Vereinsgrü­ndung 1982 als Einzelkämp­fer auf dem Lechfeld aktiv und wurde im doppelten Sinne der Urheber des Vereins. Seine aus Krün bei Mittenwald stammende Ehefrau Rosemarie war die erste Leiterin der Abteilung Kraftdreik­ampf. Zusammen errangen sie mehrere deutsche und bayerische Meistersch­aften und unzählige Pokale bei nationalen und internatio­nalen Wettbewerb­en.

Vor einem Jahr legten sie ihre Vereinsämt­er in jüngere Hände. Die neuen Vorsitzend­en Manuel Friedrich und Andreas Jahn überreicht­en ihnen nun die Ehrenurkun­den in Form von dekorative­n Plexiglass­telen. Bei der Übergabe erzählten Josef und Rosemarie Riedel, wie es mit dem Steinheben auf dem Lechfeld begann.

„Mit 28 Jahren habe ich zusammen mit dem Näher Rudi an einem etwa 400 Pfund schweren Stein in seinem Stadel in der Obermeitin­ger Kolonie geübt“, erzählt Josef Riedl. Einen Wettbewerb in der urbayerisc­hen Sportart Steinheben gab es damals nur im Löwenbräuk­eller in München. „Ich bin dort hingefahre­n, hab zwei Maß Bier zur Stärkung getrunken und blamierte mich, weil der Stein dort 508 Pfund schwer war und ich ihn nicht hochbracht­e“, sagt Josef Riedl mit einem Lächeln und ergänzt: „Danach habe ich angefangen, richtig zu trainieren.“

Beim Hausbau der Eheleute Riedl in Obermeitin­gen wurde ein Trainingsk­eller mit Drückbank eingericht­et und bei der Bundeswehr im Lechfeld konnten Hanteln und Geräte zum Krafttrain­ing genutzt werden. 1982 fuhr Riedl dann schon zusammen mit acht Hebern zum Löwenbräuk­eller-Starkbierh­eben und danach gründeten diese sechs Klosterlec­hfelder und zwei Obermeitin­ger den Steinheber­verein Lechfeld.

Das erste Vereinsdom­izil war im ehemaligen Gasthof Post an der Ecke Schwabmünc­hner Straße/ Bahnhofstr­aße in Klosterlec­hfeld. Schon drei Jahre vorher wurde der erste Vereinsste­in mit einem Gewicht von 520 Pfund betoniert, „weil wir einen schwereren Stein wie die anderen haben wollten“. Riedl erklärt, dass 508 Pfund das bayerische Traditions­gewicht ist, seit der legendäre Metzger und Gastwirt Hans Steirer einen Stein mit diesem Gewicht auf zwei Stühlen stehend mit dem Mittelfing­er hochgehobe­n hat.

Mit dem 520-Pfund-Stein zogen die Lechfelder 15 Jahre lang zur Starkbierz­eit in der Kaltenberg­er Ritterschw­emme urige Wettkämpfe auf. Daraus wurde später der Feuerstein­cup, der auch heuer wieder am 3. März im Klosterlec­hfelder Feuerwehrh­aus stattfinde­t. Der „Kaltenberg­er Stein“wurde 1982 vom bis heute als Wettkampfs­tein beim Lechfeld-Cup verwendete­n Granitstei­n mit 508 Pfund abgelöst. „Granit hält das Gewicht exakt, weil es keine Feuchtigke­it aufnimmt“, erklärt Riedl die Vorzüge des vom Fliesenleg­er Reiner spendierte­n Steins.

Um das Bierzelt beim Pfingstmar­kt auch nachmittag­s zu füllen, holten die Lechfelder Steinheber die bayerische­n und deutschen Meistersch­aften und ab 1993 den Dreiländer­kampf nach Klosterlec­hfeld. Daraus wurde ab 1994 der LechfeldCu­p als jährlicher Höhepunkt der bayerische­n, österreich­ischen und Schweizer Steinheber. Ehefrau Rosemarie wurde die erste Leiterin der Abteilung Kraftdreik­ampf, der aus Kreuzheben, Kniebeugen und Bankdrücke­n besteht.

Als aktive Athletin wurde Rosemarie Riedel in 21 Jahren mehrfache deutsche und bayerische Meisterin. Sie war vorher bereits beim Ohlstädter Steinheber­verein aktiv. Der größte Erfolg war die dreifache deutsche Meistersch­aft durch das Ehepaar Riedl und Christa Wagner in ihren jeweiligen Gewichtskl­assen bei der im Jahr 2004 in der Klosterlec­hfelder Turnhalle ausgetrage­n deutschen Meistersch­aft im Kraftdreik­ampf.

„Es war eine herrliche Zeit. Aber jetzt kommt etwa anderes, worauf ich mich auch sehr freue“, blickt Rosemarie dankbar zurück und verweist auf ihren großen Garten. Josef ergänzt: „Man muss irgendwann aufhören, und ich bin froh, dass junge Leute da sind, die weitermach­en.“Einige besondere Schmankerl wie die Schirmherr­schaft durch Ministerpr­äsident Franz-Josef-Strauß bei der bayerische­n Meistersch­aft 1986 oder sein Fernsehauf­tritt in der MichaelSch­anze-Show „Flitterabe­nd“im Jahr 1993 fallen ihm noch ein. „Übrigens bin ich immer noch Rekordhalt­er im Steinlupfe­n, wo ich mit 1350 Kilogramm mein fünfzehnfa­ches Körpergewi­cht gehoben habe“, sagt Josef Riedl nicht ohne Stolz.

Beim Steinlupfe­n kommt es darauf an, möglichst viel Gewicht nur kurz vom Boden zu heben, während beim Steinheben ein für alle gleiches Gewicht möglichst hoch gehoben werden muss.

Der Lechfelder Steinheber­verein war übrigens der erste, der die Hubhöhe bei Wettkämpfe­n elektronis­ch gemessen hat. Die Verbindung zu ihrem Verein bleibt den Riedls schon dadurch erhalten, dass alle Steine und Gewichte noch in ihrem Stadel gelagert werden.

„Ich bin dort hingefahre­n, hab zwei Maß Bier zur Stärkung getrunken und blamierte mich.“

Josef Riedl

 ?? Foto: Hieronymus Schneider ?? Diese drei Urgesteine genießen jetzt ihren Ruhestand. Josef und Rosemarie Riedl mit dem ersten 520 Pfund schweren Vereinsste­in.
Foto: Hieronymus Schneider Diese drei Urgesteine genießen jetzt ihren Ruhestand. Josef und Rosemarie Riedl mit dem ersten 520 Pfund schweren Vereinsste­in.

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