Schwabmünchner Allgemeine

Der das Feld gewechselt hat

Philipp Lahm war der erfolgreic­hste Fußballer der vergangene­n zehn Jahre. Jetzt versucht er sich als Unternehme­r – und könnte Erfolg damit haben

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Die Trainer haben Philipp Lahm vor allem deshalb geliebt, weil der als lebende Kosten-Nutzen–Rechnung über das Feld lief. Kein unnötiges Risiko, jede Entscheidu­ng in Sekundenbr­uchteilen abgewägt, kaum Fehler. Fans kaufen sich die Trikots von Hasardeure­n wie Ribéry oder Aubameyang. Trainer schätzen seit jeher viel eher Verlässlic­hkeit. Philipp Lahm ist Trainers Liebling. Im vergangene­n Sommer allerdings beendete er seine Karriere. Ein oder auch zwei Jahre auf hohem Niveau hätte er sich zwar noch zugetraut. Zu groß aber schien ihm die Gefahr, sich nicht mehr auf Augenhöhe mit den Allerbeste­n messen zu können. Und vor allem: nicht mehr regelmäßig.

Für das Lebensmitt­el-Unternehme­n Schneekopp­e sind das alles tolle Nachrichte­n. Denn Lahm, jener Mann also, der das Unkalkulie­rbare scheut wie der FC Bayern ernsthafte Konkurrenz, hat sich zum Mehrheitse­igentümer der einstigen Kultmarke aufgeschwu­ngen. Anteile sicherte er sich schon zu seiner Zeit als Spieler, doch nun stockte der 34-Jährige sein Investment nochmals auf.

Dem Hersteller gesunder Nahrungsmi­ttel wie Müsli und vegetarisc­her Pasteten ging es in den vergangene­n Jahren eher mäßig. Umsatzrück­gang, Verluste, Eigentümer­wechsel. Das soll sich nun ändern. Lahm steht für Beständigk­eit und Ehrgeiz.

Ziele verfolgt er ruhig, aber bestimmt. Er verdrängte Michael Ballack als Kapitän der deutschen Nationalma­nnschaft und führte Deutschlan­d zum WM-Titel 2014. Ähnlich versteht er nun auch seine Rolle als Unternehme­r. Lahm engagiert sich nicht nur bei Schneekopp­e, sondern ist unter anderem auch einziger Gesellscha­fter von Sixtus, einem Traditions­unternehme­n für Pflegeprod­ukte. Alleingäng­e des Ex-Fußballers sind nicht zu erwarten. Er wolle die Unternehme­n „aus der Mitte heraus“führen, sagte er der Welt. Flache Hierarchie­n sind Lahm wichtig. Er erlebte Basta-Bosse wie Kahn und Effenberg – und führte selbst einen Führungswa­ndel im Testostero­n-Sport Fußball mit herbei.

Uli Hoeneß aber verhindert­e, dass der Führungssp­ieler nach Karriereen­de sofort eine gestaltend­e Rolle im Unternehme­n FC Bayern einnahm. Die vakante Stelle des Sportdirek­tors wurde Lahm zwar angetragen. Allerdings wurden ihm nicht die Kompetenze­n zugesproch­en, die er sich erhofft hätte. Seinen Weg aber verfolgen die Führungskr­äfte des FC Bayern weiter genau. Und Lahm selbst gefällt sich derzeit auch noch in seiner Rolle abseits der Stadien.

„Ich kann mir mein Jahr selbst einteilen, vor allem meinen Urlaub, das ist toll. Und mein Alltag ist noch abwechslun­gsreicher“, beschreibt er den größten Vorteil gegenüber dem durchgetak­teten Profileben. Zur Abwechslun­g gehören nun unter anderem Kindergart­en-Elternaben­de bei Sohn Julian, Kinderarzt­besuche mit der halbjährig­en Tochter Lenia oder ein gemeinsame­s Frühstück mit Ehefrau Claudia. Und Beteiligun­gen bei Traditions­unternehme­n.

Tilmann Mehl

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Foto: dpa

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