Wieso der Metall Streit eskalieren kann
Bei den Verhandlungen sind sich Arbeitgeber und Gewerkschaft kaum näher gekommen. Nun könnte es zum ersten Mal überhaupt 24-Stunden-Streiks geben
Böblingen Der Tarifstreit zwischen Arbeitgebern und Gewerkschaften in der Metall- und Elektroindustrie droht die nächste Stufe zu erreichen. Nachdem Vertreter von IG Metall und Südwestmetall die vierte Verhandlungsrunde in Baden-Württemberg am Mittwochabend ohne Ergebnis unterbrochen hatten, betonten beide Seiten, für ihre Forderungen kämpfen zu wollen. Dabei könnten sie auf ungewöhnliche Maßnahmen zurückgreifen. Gestern trafen sich die Tarifkommissionen in den verschiedenen Gewerkschaftsbezirken, um über das weitere Vorgehen zu beraten.
Die Delegierten der IG Metall Baden-Württemberg bewerteten die Haltung der Arbeitgeber dabei als „sehr kritisch“. Der Entscheidung über eine angemessene gesamtgewerkschaftliche Reaktion wollten sie aber nicht vorgreifen. In den vergangenen Tagen hatte die IG Metall wiederholt gedroht, ihr neues Instrument eines Warnstreiks über 24 Stunden einzusetzen. Es wäre eine Premiere. Möglich wäre auch, dass der IG-Metall-Bundesvorstand am Freitag direkt zur Urabstimmung über unbefristete aufruft. Dazu war es zuletzt 2003 in Ostdeutschland gekommen. Die Arbeitgeberseite wiederum hält sich die Möglichkeit offen, gegen den Arbeitskampf der IG Metall vor Gericht zu ziehen.
Es wäre das erste Mal seit 2003, dass ein Tarifstreit in der Branche die Justiz beschäftigt. Der Arbeitgeberverband hält die IG-Metall-Forderung nach einem Lohnausgleich für bestimmte Beschäftigtengruppen, die kürzer arbeiten wollen, für illegal – und damit auch Streiks, die solche Forderungen zum Ziel haben. Die Flexibilisierung der Arbeitszeiten ist der Hauptstreitpunkt in den diesjährigen Tarifverhandlungen. Über 75 Stunden hatten die Tarifparteien im Pilotbezirk BadenWürttemberg in einer Expertenkommission über Lösungsvarianten diskutiert – ergebnislos. „In den für uns entscheidenden Arbeitszeitfragen haben die Arbeitgeber aber alle bisherigen relevanten TeilergebnisStreiks se zurückgenommen“, erklärte IGMetall-Verhandlungsführer Roman Zitzelsberger.
Die Gewerkschaft fordert, dass Arbeitnehmer ihre wöchentliche Arbeitszeit zeitweise auf 28 Stunden reduzieren können. Wer Kinder betreut oder Angehörige pflegt, soll 200 Euro Zuschuss für den Lohnausfall bekommen. Wer im Schichtdienst arbeitet, soll zehn Tage pro Jahr weniger arbeiten und einen Zuschuss von 750 Euro bekommen. Zitzelsberger zufolge schlug die IG Metall zuletzt aber Alternativen zu den Zuschüssen vor.
Die Arbeitgeber bezeichnen den teilweisen Lohnausgleich als diskriminierend gegenüber Beschäftigten, die bereits Teilzeit arbeiten. Sie fordern stattdessen eine größere Flexibilität, um die Wochenarbeitszeit ausweiten zu können. „Leider hat die Gewerkschaft in zentralen Fragen Bedingungen formuliert, die für unsere Betriebe nicht zumutbar wären“, erklärte der Verhandlungsführer der Arbeitgeber Stefan Wolf. „Die IG Metall mag auch den Willen zum Abschluss haben, aber das aktuelle Preisschild ist einfach zu hoch.“(afp)