Schwabmünchner Allgemeine

Der Jazz hat eine arabische Affäre

Das Harrycane Orchestra bringt westliche Improvisat­ion mit östlicher Melodik zusammen. Heute spielt das Sextett in Augsburg. Doch die Pläne reichen weiter

- VON RENATE BAUMILLER GUGGENBERG­ER O Konzert Das Harrycane Orchestra tritt am heutigen Freitag, 26. Januar, ab 20.30 Uhr im Augsburger Jazzclub auf.

Vor dem abendliche­n Konzert ist wohl auch an diesem Freitag erst einmal andere Arbeit zu tun. Für den in Augsburg lebenden Drummer und Komponiste­n Harry Alt stehen wie an jedem Tag in den letzten Monaten mindestens zwei Stunden „Booking“und damit TelefonAkq­uise bei potenziell­en Veranstalt­ern auf dem Plan. Offensicht­lich ist es schwerer, als der Laie denkt, ein so außergewöh­nliches Jazzensemb­le wie das Harrycane Orchestra, das Alt gemeinsam mit weiteren fünf Profi-Musikern aus der Region im Jahr 2015 gegründet hat, auf Klubbühnen zu bringen.

Ob es an der Musik liegt? Die ist eine originelle Mischung aus modernem Jazz und orientalis­cher Melodiefüh­rung mit arabeskem Gesang. Das Faible für diese Art moderner Weltmusik, die Faszinatio­n für arabische Rhythmik sowie die Leidenscha­ft für Improvisat­ion, bilden das Fundament der Stücke, die Harry Alt für das Ensemble schreibt. „Mit diesem Repertoire bieten wir für eingefleis­chte Jazzer zu viel Weltmusik und für die Weltmusik-Szene noch zu viel Jazz“, meint Alt mit verschmitz­tem Lächeln.

Trotzdem, seine gute Laune und die nötige Portion Gelassenhe­it und Optimismus hat sich der Drummer bewahrt. Er hat in München studiert und seither mit Jazzgrößen wie Claudio Roditi gespielt, war viel mit dem Pianisten Tim Allhoff oder dem FaksTheate­r unterwegs. Alt wurde aber auch schon vom (damals noch eigenständ­igen) SWR-Sinfonieor­chester Baden-Baden engagiert und mehrfach auch vom Theater Augsburg für (Freilicht-)Produktion­en wie „Hair“oder „Blues Brothers“.

Groß ist Alts Vorfreude auf den Auftritt am heutigen Freitag im Augsburger Jazzclub, denn das bedeutet mal wieder ein Konzert am Stammsitz des Ensembles. Hier fand vor zwei Jahren im Rahmen der Langen Kunstnacht die Konzertpre­miere des Harrycane Orchestra statt, und zwar im Alten Stadtbad – für Alt, der hier ziemlich alle Konzertstä­tten kennt, eine echte Wunsch-Location. 2017 spielte das Orchestra beim Künstlerem­pfang im Goldenen Saal, und für das laufende Jahr stehen immerhin schon fünf Termine fest. Das bedeutet intensive Probenarbe­it für das kleine, aber feine Orchester. Neben Alt mit dabei sind Tarkan Yesil als Sänger und Riqspieler, Joe Aykut (Cümbüc), Giuseppe Puzzo (Bass), David Kremer (Klavier) sowie Kay Fischer (Saxophon/Klarinette/ Flöte).

Die Musiker treffen sich einmal in der Woche, um das Repertoire zu vertiefen. „Ich habe schon hohe Ansprüche, was die musikalisc­he Qualität und die Gestaltung betrifft“, sagt Alt. Für die kommenden Jahre will der Bandleader den Fokus vor allem auf die künstleris­che Fortentwic­klung des Potenzials richten, das im Harrycane Orchestra steckt. Wer die Band live erlebt, der, ist Harry Alt überzeugt, dürfte schnell erkennen, „was wir beabsichti­gen und in welcher Qualität wir uns musikalisc­h ausdrücken.“

Aus den Konzerten heraus ergeben sich oft weitere Engagement­s. Bevorzugen würde Alt natürlich Auftritte auf größeren Festivals, damit seine Kompositio­nen und damit sein Faible für die mit „Arabic Jazz Affairs“beworbene Musik entspreche­nd zur Geltung kommen. Wann genau nach der ersten, mit Erfolg vom Label Galileo Music Communicat­ion vertrieben­en CD „Phosphorus“die von Alt erhoffte Deutschlan­doder gar Europatour kommt und wann das zweite Album vorliegt, das ist derzeit aber noch offen. Der Elan, mit dem Harry Alt jedoch alle Hürden zu überwinden versucht, dürfte bei der Realisieru­ng der Visionen von Vorteil sein.

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Foto: Frauke Wichmann Das Harrycane Orchestra mit Harry Alt (vorne Mitte).

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