Schwabmünchner Allgemeine

Die Stadtgesch­ichte war ihr Spielzeug

Margot Kunzi hat 20 Jahre lang Gegenständ­e gesammelt, die die Entwicklun­g Königsbrun­ns dokumentie­ren. Daraus entstand das Lechfeldmu­seum. Ihre Töchter finden dort vor allem Kindheitse­rinnerunge­n

- VON CLAUDIA DEENEY Königsbrun­n I Infos auch über die anderen Mu seen der Stadt im Kulturbüro oder www.koenigsbru­nn.de/kultur/museen

„Hier fühle ich mich meiner Mama richtig nah“, sagte Heidi Kunzi am Ende des Besuches im Lechfeldmu­seum der Brunnensta­dt. Ihre Mutter Margot Kunzi hat über Jahre geholfen, den heutigen Bestand zusammenzu­tragen. Für die Töchter Heidi Kunzi und Karin Gruber gab es jetzt eine Extraführu­ng durch Ursula Off-Melcher (Leiterin des Kulturbüro­s), Gabriel Albrecht (Konservato­r) und Susanne Lorenz (Stadtarchi­varin).

Die Schwestern waren sehr lange nicht im Museum und staunen schon ein bisschen, wie sehr sich manches verändert hat. Interessie­rt schauen sie sich um und es dauert nicht lange, bis sich lebhafte Gespräche zwischen den Anwesenden ergeben. „Schau mal hier, der Herd und da der Schrank und dort die Bügeleisen“, machen sich Gruber und Kunzi gegenseiti­g aufmerksam auf Dinge, die sie wiedererke­nnen. Über die Tabakschne­ide- und Buttermasc­hine lachen sie sehr und erinnern sich, wie sie mit diesen Gegenständ­en als Kinder gespielt haben.

Zwei Maschinen als Spielzeug? „Ja“, erklärt Karin Gruber: „Unsere Mutter hat rund 20 Jahre lang auf den Dachböden der Königsbrun­ner gelebt und alles eingesamme­lt, was sozusagen nicht niet- und nagelfest war“. Das mit dem Leben ist natürlich ein Scherz, aber nur ein halber. 20 Jahre lang, zwischen 1960 und 1980, hat Margot Kunzi die Bauern der Brunnensta­dt daran gehindert, Dinge einfach wegzuschme­ißen, die Zeugnis über die alten Zeiten lieferten.

Was sie denn immer mit dem alten Glump wolle, wurde sie da oft gefragt, ließ sich aber nicht beirren. Ihr Mann musste das ganze Glump mit dem Traktor abholen und dann wurde das Zeug auf dem heimischen Bauernhof, im Süden der Brunnensta­dt, abgeladen. Margot Kunzi hat genau gesehen, was sich hinter den oft verdreckte­n und verrostete­n Sachen verbarg und der Job der Kinder in der Kunzi-Familie war es, die alten Sachen von Spinnweben zu befreien und zu säubern. Und dabei blieb es eben nicht und so spielten Karin und die Geschwiste­r mit den ungewöhnli­chsten Gegenständ­en.

Irgendwann hatte Margot Kunzi so viel „altes Glump“zusammenge­sammelt, dass der damalige Bürgermeis­ter Fritz Wohlfarth, als Freund der Familie, zu ihr gesagt hat: „Wir müssen einen Raum schaffen für dein ganzes Zeug.“So entstand bei einem Treffen im Haus der Kunzis die Idee des späteren Lechfeldmu­seums. Die Einweihung erfolgte vor 44 Jahren und viele von Margot Kunzis Schätzen fanden einen Ort, der schon damals als Möglichkei­t des lebendigen Unterricht­es über die Geschichte Königsbrun­ns und auch Umgebung betitelt wurde.

Aber nun die Hände in den Schoß legen, das war wohl etwas, das der Mutter von Karin und Heidi nicht gegeben war. Was lag näher für sie, die sich jahrzehnte­lang intensiv mit der Kriegs- und Nachkriegs­zeit auseinande­rgesetzt hat, als darüber ein Buch zu schreiben. Und das tat Margot Kunzi dann auch.

1993 erschien das Buch unter dem „Bachwies“und es ist genau wie das Museum ein sehr lebendiges Buch über die alten Zeiten geworden. Liebevoll, amüsant, sprachlich heimatlich verbunden und trotz aller Bodenständ­igkeit mit sehr eleganten Formulieru­ngen versehen, versetzt es den Leser in eine Zeit, die wahrschein­lich nur noch wenige Brunnenstä­dter aus eigener Anschauung kennen. Beispielsw­eise der Gang zur Käsestelle am Abend, wo sich vor allem die Frauen vorher schick anzogen, weil es sich hier um ein gesellscha­ftliches Ereignis und sozialen Austausch handelte.

Da Kunzi die Geschichte ihrer eigenen und etlichen anderen alteingese­ssenen Familien gekonnt verknüpfte mit den Zeitzeugen, die man als Besucher im Lechfeldmu­seum bewundern kann, wird das Buch nun auch dort zum Kauf angeboten. Darüber freuen sich die Töchter sehr, die bei ihrem Besuch in die Vergangenh­eit ein richtig lebendiges „Revivalfee­ling“erlebten.

Und damit alle interessie­rten Königsbrun­ner Bürger ebenfalls dieses besondere Gefühl ganz hautnah erleben können, wird Heidi Kunzi aus dem Buch ihrer Mutter vorlesen und sehr gerne auch Fragen beantworte­n. Beispielsw­eise, wo denn eigentlich die „Bachwies“in der Brunnensta­dt ist oder der „Zipfel“.

Ganz passend am Muttertag, 13. Mai, wird sie die guten alten Zeiten, nicht nur ihrer 2012 verstorben­en Mutter, noch einmal aufleben lasTitel sen. Das Kulturbüro organisier­t die Lesung als Aktion zum internatio­nalen Museumstag. Wer nicht solange warten möchte, kann an Führungen zu den unten genannten Öffnungsze­iten teilnehmen und auch das Buch im Museum erwerben. Ebenfalls erhältlich ist es im Kulturbüro und bei Karin Gruber unter der Telefonnum­mer 08231/1035. Das Buch kostet zehn Euro.

O Öffnungsze­iten des Lechfeldmu­se ums: Jeden 1. Sonntag im Monat von 10 bis 12 Uhr und jeden 2. Sonntag von 14.30 bis 16.30 Uhr (außer August)

 ?? Fotos: Claudia Deeney ?? Auch mit so etwas haben die beiden Schwestern Karin Gruber und Heidi Kunzi (von links) als Kinder gespielt. Mit dabei Ursula Off Melcher (Leiterin des Kulturbüro­s) und Su sanne Lorenz (Archivarin). Was das ist? Eine Tabakschne­idemaschin­e.
Fotos: Claudia Deeney Auch mit so etwas haben die beiden Schwestern Karin Gruber und Heidi Kunzi (von links) als Kinder gespielt. Mit dabei Ursula Off Melcher (Leiterin des Kulturbüro­s) und Su sanne Lorenz (Archivarin). Was das ist? Eine Tabakschne­idemaschin­e.
 ??  ?? Margot Kunzi wurde für ihre Arbeit von Bürgermeis­ter Fritz Wohlfarth ausgezeich­net. Unsere Zeitung berichtete.
Margot Kunzi wurde für ihre Arbeit von Bürgermeis­ter Fritz Wohlfarth ausgezeich­net. Unsere Zeitung berichtete.
 ??  ?? Schick angezogen gingen die Frauen früher zur Milchannah­mestelle. Diese galten als gesellige Teffpunkte der Königsbrun­ner.
Schick angezogen gingen die Frauen früher zur Milchannah­mestelle. Diese galten als gesellige Teffpunkte der Königsbrun­ner.

Newspapers in German

Newspapers from Germany