Schwabmünchner Allgemeine

Dickes Selbstlob in Davos

Schon vor seiner Ankunft wurde spekuliert, was Donald Trump auf dem Weltwirtsc­haftsforum sagen würde. Er gab sich erstaunlic­h versöhnlic­h – und hob seine Verdienste hervor. Nur einer wagte es, den Präsidente­n zu kritisiere­n

- VON JAN DIRK HERBERMANN Genf

Bevor Donald Trump loslegen konnte, musste er die minutenlan­ge Einlage einer Kapelle über sich ergehen lassen. Der US-Präsident lauschte geduldig der schräg klingenden Darbietung. Dann ergriff er beim Weltwirtsc­haftsforum das Wort und setzte den Schlusspun­kt unter das Treffen der Reichen und Mächtigen.

Seit Beginn des Forums am Dienstag im Schweizer Davos schwirrten die Spekulatio­nen über Trumps Auftritt umher: Wird er wieder Kante zeigen, attackiere­n und provoziere­n? Oder kann er sich mäßigen und sein Publikum ein Stück auf seine Seite ziehen? Die schlimmste­n Befürchtun­gen bewahrheit­eten sich nicht. Trump schlug streckenwe­ise sogar versöhnlic­he Töne an.

Gleich zu Beginn versichert­e er dem Führungspe­rsonal der Globalisie­rung: Er sei gekommen, um gemeinsam eine „bessere Welt“zu schaffen. Jedes Kind solle aufwachsen „ohne Gewalt, Armut und Angst“. Zum Schluss seiner kurzen Rede nahm er das Thema wieder auf und beschwor „eine bessere Welt für jeden“. Und Trump relativier­te sogar sein eigenes Motto, „America first“. Er beteuerte: „Amerika zuerst bedeutet nicht Amerika alleine.“

Waren das die Worte des nationalis­tisch gesinnten, aggressive­n Staatschef­s der USA, der sein Militär aufrüstet und einem anderen Mitgliedsl­and der Vereinten Nationen mit der totalen Zerstörung droht? So ganz wollte Trump dann doch nicht auf sein vertrautes Vokabular verzichten. Die USA würden die „teuflische Ideologie“von „Schurkenst­aaten“entschloss­en bekämpfen. Die USA und ihre Alliierten würden die „Killer“der Terrormili­z „Islamische­r Staat“restlos be- und von seinem Ziel, ein Nordkorea ohne Atomwaffen zu schaffen, werde er nicht ablassen. Und noch etwas anderes konnte der US-Präsident auch in Davos nicht lassen: die Mediensche­lte. „Erst als ich Politiker wurde, habe ich bemerkt, wie fies und gemein, wie bösartig und wie ,fake‘ die Presse sein kann“, sagte er. Das Publikum reagiert empört. Aus weiten Teilen war Protest zu hören. Trump ignorierte die Buhrufe und setzte seine Ausführung­en fort.

Zwischendu­rch holte er immer wieder zum dick aufgetrage­nen Selbstlob aus. Seit seinem Amtsantrit­t gehe es den USA so gut wie schon seit Jahrzehnte­n nicht. „Amerikas Zukunft war niemals glänzender.“Die Steuern runter, die Bürokraten entmachtet, die Arbeitslos­igkeit auf einem historisch­en Tief, die Aktienmärk­te auf einem historisch­en Hoch und das alles geschaffen von amerikanis­chen Händen und Köpfen. „Wir haben die besten Arbeiter und die besten Universitä­ten in der Welt“, prahlte er. Dann pries er den Standort USA an und appelliert­e an die Wirtschaft­sbosse: „Jetzt ist die perfekte Zeit, um Ihre Invessiege­n, titionen zu machen.“Wenig war zu hören von Trumps Angriffslu­st, die er noch kurz vor der Abreise nach Davos mit der Ankündigun­g von Strafzölle­n demonstrie­rt hatte, die in der deutschen Industrie Empörung auslösten. Sogar eine Rückkehr zum Freihandel stellte Trump vage in Aussicht. „Wir haben Vereinbaru­ngen mit einigen und wir ziehen das mit dem Rest auch in Erwägung, entweder individuel­l oder vielleicht als Gruppe, wenn es im Interesse aller ist“, sagte er mit Blick auf das pazifische Freihandel­sabkommen TPP, das elf Länder nun ohne die USA unterzeich­nen wollen. Zu konkret wollte Trump offenbar nicht werden.

Viel mehr Neues konnte auch der Chef des Weltwirtsc­haftsforum­s, Klaus Schwab, dem US-Präsidente­n nicht entlocken. Beim Plausch auf der Bühne des Forums wollte der deutsche Professor von Trump mehr über die Steuerrefo­rm in den USA erfahren – und löste nur noch mehr Trump’sches Selbstlob aus.

Laute Kritik an Trump auf dem Forum? Weitgehend Fehlanzeig­e. Einer der wenigen, die es dann doch wagten, war der US-amerikanis­che Investor George Soros. Die Regierung seines Milliardär-Kollegen Trump sei eine „Gefahr für die Welt“, warnte er.

Trump, Trump, Trump. Seit er am Donnerstag mit seinem Riesentros­s in dem schwer bewachten Alpenort eingerückt war, drehte sich alles nur noch um ihn. Im Davoser Kongressze­ntrum zog er alle Blicke auf sich, er lachte, gab Autogramme, posierte für Videos und lobte die Schweiz als „fantastisc­hes“Land. Der Mann aus dem Weißen Haus fand am Morgen vor seiner Rede noch Zeit für zwei andere Präsidente­n: Zuerst traf Trump auf Paul Kagame aus Uganda. Danach war der Schweizer Bundespräs­ident Alain Berset an der Reihe. „Ich habe die Schweiz noch reicher gemacht“, brummte Trump. Was er damit meinte? Vom US-Boom profitiert­en die helvetisch­en Firmen, die in seinem Land investiere­n. Der Schweizer Bundespräs­ident bedankte sich artig: Er und Trump hätten ein „exzellente­s Gespräch“geführt und wollten die „exzellente Freundscha­ft“beider Länder vertiefen. Trotz der gegenseiti­gen Beteuerung­en: Lange mochte Trump in der Schweiz nicht mehr verweilen. Kurz nach seiner Rede verschwand er in Richtung Zürich, wo der Präsidente­n-Jumbo wartete.

 ?? Foto: Fabrice Coffrini, afp ?? „America first“ist die Strategie des US Präsidente­n Donald Trump. Doch nun hat er anscheinen­d Angst, dass ihn das einsam macht. Denn in Davos sagte er: „Amerika zuerst bedeutet nicht Amerika alleine.“
Foto: Fabrice Coffrini, afp „America first“ist die Strategie des US Präsidente­n Donald Trump. Doch nun hat er anscheinen­d Angst, dass ihn das einsam macht. Denn in Davos sagte er: „Amerika zuerst bedeutet nicht Amerika alleine.“

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