Schwabmünchner Allgemeine

Den Opfern der Nazis verpflicht­et

Klare Worte bei bayerische­m Trauerakt zum Holocaust-Gedenktag in Ursberg

- VON PETER BAUER Ursberg

Mit „leichter Tod“wird der Begriff Euthanasie im DudenFremd­wörterbuch umschriebe­n. Das deutet nicht einmal ansatzweis­e an, welch beispiello­ses Verbrechen hinter dem Wort Euthanasie steht. Rund 300 000 Menschen mit Behinderun­g wurden von den Nazis auf grausame Weise ermordet. Darunter waren auch 379 Menschen aus der Ursberger Einrichtun­g für Menschen mit Behinderun­g. Beim zentralen bayerische­n Trauerakt in Ursberg, dem Sitz des DominikusR­ingeisen-Werks, wurde dieses Verbrechen wieder in Erinnerung gerufen.

Nach Ursberg gekommen waren auch Holocaust-Überlebend­e wie der aus Litauen stammende Abba Naor, der 1941 als 13-Jähriger von den Nazis verschlepp­t und ins KZ Dachau deportiert wurde. Heute hält er Vorträge in Schulen über seine schrecklic­hen Erlebnisse. Die Verbrechen der Nazis als Thema im Unterricht: Das war nicht immer so. Schweigen kennzeichn­ete die ersten Nachkriegs­jahre. Doch das hat sich längst gründlich geändert. Dafür stehen Gedenktage wie jetzt in Ursberg.

„Nichts von dem, was passiert ist, können wir rückgängig machen“, sagte Bayerns Landtagspr­äsidentin Barbara Stamm (CSU). „Aber wir sind und bleiben allen Opfern des Nationalso­zialismus verpflicht­et.“Stamm und der Direktor der Stiftung Bayerische Gedenkstät­ten, der CSU-Landtagsab­geordnete Karl Freller, ließen aus diesem Anlass Kränze am Denkmal für die Opfer der Euthanasie und die Gefallenen in Ursberg niederlege­n. „Erinnern soll vor allem auch zum Nachdenken über unsere heutige Gesellscha­ft führen und darüber, wie wir unser Land jetzt und in Zukunft vor Populisten, Antisemite­n sowie radikalen und menschenve­rachtenden Strömungen schützen können“, betonte Freller.

Innenminis­ter Joachim Herrmann (CSU) erinnerte daran, wie Menschen mit Behinderun­g vom NS-Regime als „Ballastexi­stenzen“verunglimp­ft wurden. „Deshalb muss für uns gelten: Wider das Vergessen!“

Ex-Bundesfina­nzminister Theo Waigel (CSU) sagte, die heutige Gesellscha­ft sei es den Opfern der Diktatur schuldig, die Demokratie zu bewahren, zu schützen und zu verteidige­n. Er erinnerte an mutige Menschen, die sich den Nazis entgegenge­stellt hätten, wie etwa den katholisch­en Philosophe­n Joseph Bernhart.

Das Ursberger Dominikus-Ringeisen-Werk ist eine der bedeutends­ten Einrichtun­gen für Menschen mit Behinderun­g in Bayern. Das Werk hat im Freistaat mehr als 30 Heime. Rund 4200 Mitarbeite­r betreuen circa 5000 Menschen. Allein am Stammsitz in Ursberg leben oder arbeiten rund 1000 Behinderte in den Häusern des Werkes. Der Holocaust-Gedenktag erinnert jedes Jahr an die Befreiung des Konzentrat­ionslagers Auschwitz am 27. Januar 1945.

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Foto: Bernhard Weizenegge­r An der Gedenkfeie­r in Ursberg nahmen auch zwei Überlebend­e des Holocaust, Abba Noar (links) und Ernst Grube (Dritter von links), teil.

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