Schwabmünchner Allgemeine

Plötzlich Hoffnungst­räger

Thomas Dreßen geht nach seinem Kitzbühel-Triumph als Mitfavorit in das Heimrennen in Garmisch. Vom Trubel will er sich nicht ablenken lassen

- Garmisch Partenkirc­hen

Trotz seines plötzliche­n Streif-Ruhms denkt Thomas Dreßen gar nicht ans Abheben. Vor dem Ski-Weltcup am Wochenende in Garmisch-Partenkirc­hen mögen zwar Euphorie, Erwartung und mediales Interesse am Senkrechst­arter gestiegen sein – Dreßen selbst grinst deshalb aber noch lange nicht anders in die Wintersonn­e im Werdenfels­er Land. Eine Woche nach seinem Sieg-Coup von Kitzbühel setzt der 24-Jährige in der Heimat auf Altbewährt­es. „Wir schauen, dass wir unsere Komfortzon­e beibehalte­n, unsere Gewohnheit­en vor und bei dem Rennen“, sagte er. „Das hat bislang gut funktionie­rt, deswegen mache ich mir keine Sorgen, dass etwas nicht funktionie­rt.“

So eine Situation gab es an der altehrwürd­igen Kandahar schon lange nicht mehr: eine Herren-Abfahrt mit einem deutschen Starter als Star und einem Heimsieg als ganz und gar nicht unrealisti­schen Traum. „Ich probiere mein Bestes und dann wir“, meinte der Youngster nach dem ersten Training, angesproch­en auf die Schlussfol­gerung, dass ein Sieger von Kitzbühel auch in Garmisch automatisc­h Favorit sei. Er fand: „Garmisch ist nicht viel weniger herausford­ernd als Kitzbühel.“1992 hat Markus Wasmeier als bislang letzter Deutscher eine Abfahrt auf der Kandahar gewonnen – Dreßen war da noch nicht auf der Welt.

Nach dem Sieg in Kitzbühel weckt der Oberbayer die Hoffnung auf einen weiteren historisch­en Tag für Ski-Deutschlan­d. Den Druck scheint der 100-Kilogramm-Hüne locker wegzusteck­en: Am Donnerstag stellte sich der Athlet nach dem Training geduldig den Journalist­en, lächelte kleinere Kameraprob­leme und Verzögerun­gen im Interview freundlich weg und strahlte eine Euphorie aus, die noch eher an einen aufgeregte­n Weltcup-Anfänger denn an einen abgezockte­n Siegfahrer erinnerte. „Es gibt nichts Schöneres als daheim einen Weltcup zu fahren“, sagte Dreßen, der in Mittenwald nur gut eine halbe Autostunde entfernt aufgewachs­en ist. Von dort werden zum Rennen am Samstag (11.45 Uhr) etliche Fans erwartet und „vom Skiklub kommen ein paar Kinder“, sagte Dreßen. „Ich freue mich über jeden, der mir die Daumen drückt.“

Dass der Sieg in Kitzbühel vieles verändert, das war klar, räumte er ein. Zwei größeren TV-Auftritten Anfang der Woche folgten Tage, in denen das Telefon kaum still blieb. „Es haben sich extrem viele Leute gemeldet, auch Größen aus dem Skisport“, erzählte Dreßen, ohne die Gratulante­n zu verraten. „Das ehrt einen natürlich, wenn einem solche Leute schreiben.“Er habe versucht, sein Handy oft zu ignorieren, „dass ich halt ein bisschen zur Ruhe komme“. Er will aber so vieschauen len Menschen wie möglich antworten, „aber auf Facebook ist das unmöglich, keine Ahnung wie viele tausend Leute da geschriebe­n haben“.

Der Hype soll Dreßens Rennen freilich nicht beeinträch­tigen, darauf arbeiten der Sportler und das Team des Deutschen Skiverband­s (DSV) hin. Den famosen Erfolg beim Hahnenkamm-Rennen müsse er abhaken – und das habe er zuletzt recht gut hingekrieg­t. „Ich persönlich habe nicht oft an Kitzbühel gedacht, was wahrschein­lich schwer zu glauben ist.“

Dabei sorgte Dreßen selbst dafür, dass sein Streif-Erfolg auch bei ihm zu Hause so präsent blieb. Schuld daran ist der Kitzbühele­r Siegerpoka­l, eine goldene Gams, „die einstweile­n neben dem Fernseher steht, denn ich habe noch keine Zeit gehabt, einen Platz für die Gams zu finden“, erzählte Dreßen und schmunzelt­e. „Jedes Mal, wenn ich die Gams sehe, kann ich es nicht so recht glauben.“

Er versuchte oft, sein Handy zu ignorieren

 ?? Foto: Michael Kappeler, dpa ?? Einmal in Ruhe durchschna­ufen, bevor ihm am heutigen Samstag wieder tausende Fans zujubeln. Deutschlan­ds Skirennläu­fer Thomas Dreßen freut sich auf das Heimrennen in Garmisch und deutete mit Platz sechs im Training an, dass mit ihm zu rechnen sein wird.
Foto: Michael Kappeler, dpa Einmal in Ruhe durchschna­ufen, bevor ihm am heutigen Samstag wieder tausende Fans zujubeln. Deutschlan­ds Skirennläu­fer Thomas Dreßen freut sich auf das Heimrennen in Garmisch und deutete mit Platz sechs im Training an, dass mit ihm zu rechnen sein wird.

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