Schwabmünchner Allgemeine

Sind die Nahverkehr Abos wirklich so günstig?

Teure Einzelfahr­ten, Vorteile für Stammkunde­n – mit diesen Schlagwort­en werben AVV und Stadtwerke für die neuen Tarife. Teils stieg der Preis für Abos in der Vergangenh­eit ebenfalls deutlich, es gibt aber auch Verbesseru­ngen

- VON JÖRG HEINZLE Augsburg »Kommentar und Seite 42

Ein Ziel der umstritten­en Tarifrefor­m im Nahverkehr ist es, mehr Abonnement­s als bisher zu verkaufen. Der Protest von Fahrgästen, die wegen der neuen Tarife seit dem Jahreswech­sel mehr zahlen müssen, ist seit Wochen groß. Was die Abos angeht, sehen sich die Verantwort­lichen von Augsburger Verkehrsve­rbund (AVV) und Stadtwerke­n trotzdem auf einem guten Weg. Stadtwerke-Chef Walter Casazza nannte in dieser Woche im Augsburger Stadtrat die Zahl von 4800 Abo-Neukunden, darunter 1700 geförderte Schülertic­kets.

Stark nachgefrag­t wird das ab 9 Uhr nutzbare Abo, das einiges günstiger geworden ist. Generell lautete die Marschrich­tung der Reform: Einzelfahr­ten sollen teurer werden, Abos dafür attraktive­r. Allerdings: Wer die Preissteig­erungen der vergangene­n Jahre anschaut, stellt fest, dass auch die Abos im Raum Augsburg teils deutlich teurer geworden sind. Das normale Mobil-Abo für eine Tarifzone – bisher hieß es Umwelt-Abo – kostet im Vergleich zu 2012 jetzt 14,6 Prozent mehr. Das auf andere Personen übertragba­re Premium-Abo – früher UmweltAbo Plus – legte beim Preis für eine Zone um 31 Prozent zu.

Eklatant sind die Preissteig­erungen beim Firmen-Abo – mit bis 45 Prozent innerhalb von vier Jahren. Das Firmen-Abo gibt es so seit 2014. AVV und Stadtwerke bieten das vergünstig­te Ticket für Mitarbeite­r von Firmen, wenn der Arbeitgebe­r mindestens zehn Euro pro Monat als Zuschuss bezahlt. Mit 29 Euro für eine Zone ist das Ticket für den Endkunden zwar noch immer günstiger als alle anderen Abos. Doch es ist nicht mehr so attraktiv wie bei der Einführung. Gut 25000 Firmen-Abos sind im Jahr 2016 im AVV-Gebiet verkauft worden.

Zum Vergleich: Die Preise für Einzelfahr­ten in einer Zone legten im Zeitraum zwischen 2012 und 2018 um rund 20 Prozent zu, Fahrten mit Streifenka­rte kosten rund 15 Prozent mehr. Teurere Einzelfahr­ten, günstigere Abos – so einfach lässt sich die Strategie von AVV und Stadtwerke­n also doch nicht zusammenfa­ssen. Die Verantwort­lichen begründen die Preissteig­erungen, die auch bei den Abos in der Vergangenh­eit erfolgten, mit gestiegene­n Ausgaben, etwa für Personal. Teils wurden Abo-Preise auch im vergangene­n Sommer noch mal deutlich angehoben. Erst jetzt, zum Jahreswech­sel, blieben Abo-Kunden von drastische­n Erhöhungen weitgehend verschont. Teils blieben die Preise jetzt auch gleich – und beim 9-Uhr-Abo ging es deutlich nach unten. Das 9-Uhr-Abo gehörte bisher zu den am wenigsten nachgefrag­ten Abo-Varianten. Im Jahr 2016 zählte der AVV hier rund 15 000 Abos. Zum Vergleich: Das normale Abo und das übertragba­re Plus-/Premium-Abo wurde von jeweils über 100 000 Kunden gekauft.

AVV-Sprecherin Irene Goßner verweist darauf, dass die neuen Abo-Preise mit den alten Tarifen nur bedingt vergleichb­ar seien. Außerhalb der Zonen 10 und 20 gab es bisher noch viele Unterteilu­ngen in kleinere Zonen – jetzt gibt es nur noch insgesamt sieben Ringe. Dadurch ist der Geltungsbe­reich von Fahrkarten in den Zonen 30 bis 70 teils deutlich größer geworden. „Auch das muss man berücksich­tigen, wenn man sich die Tarifrefor­m anschaut“, sagt die Sprecherin des Verkehrsve­rbunds. Viele Kunden im Augsburger Umland würden davon profitiere­n. Beim AVV und bei den Stadtwerke­n verweist man auch darauf, dass bei manchen Abo-Arten der Preis zwar angehoben wurde, es dafür aber erweiterte Mitnahmemö­glichkeite­n gibt. Dass diese Zusatzange­bote aber nicht von jedem Kunden als gleich nützlich empfunden werden, räumt auch die AVV-Sprecherin ein.

Abgesegnet wurden die neuen Tarife, die jetzt für so viel Kritik sorgen, nicht nur von den Kreisund Stadträten. Das Tarifwerk wurde auch von der Regierung von Schwaben genehmigt. Die Behörde hat darauf zu achten, dass die Tarife angemessen sind – unter anderem mit Blick auf die wirtschaft­liche Lage der Verkehrsbe­triebe. Man habe sich vor der Genehmigun­g in einem „konstrukti­ven Austausch“befunden, sagt Karl-Heinz-Meyer, der Sprecher der Regierung. Ob es bei der Behörde Bedenken gegen die Reform gab und wer letztlich entschiede­n hat, das Tarifwerk durchzuwin­ken, dazu hält sich der Sprecher bedeckt. Dass die Preise teils zum zweiten Mal innerhalb nur eines halben Jahres angehoben worden sind, sei kein Problem. Im vergangene­n Juni sei es nur um eine allgemeine Preisanpas­sung gegangen, zum Jahreswech­sel um eine „ganzheitli­ch Tarifrefor­m“. Das seien zwei unterschie­dliche Sachverhal­te.

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Foto: Silvio Wyszengrad Anzeigetaf­el für den Nahverkehr am Umsteige Dreieck auf dem Augsburger Königsplat­z.
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