Schwabmünchner Allgemeine

Was bringen Arbeitgebe­r Bewertunge­n im Netz?

Es gibt viele Online-Börsen, in denen Mitarbeite­r angeben, wie gut ihr Unternehme­n ist. Aber stimmt das?

- Berlin/Regensburg

Hier große Zufriedenh­eit, da viel Gemecker: Wer sich durch Arbeitgebe­r-Bewertungs­portale wie Glassdoor, Kununu oder MeinChef klickt, sieht schnell die ganze Bandbreite von Lob und Tadel. Da feiert einer seinen „Top Arbeitgebe­r“, ein anderer hält sein Gehalt für „einigermaß­en gutes Geld“, der nächste übt harsche Kritik.

Was andere denken, interessie­rt viele – nicht nur bei Reisen und Restaurant­s, sondern auch auf dem Arbeitsmar­kt. Für Jobsuchend­e haben die Portale durchaus Vorteile, sagt Juliane Petrich, Expertin für Bildung beim IT-Verband Bitkom. „Man hat die Möglichkei­t, das Unternehme­n von einer anderen Seite kennenzule­rnen als über die zumeist sehr positive Selbstdars­tellung.“Allerdings sieht sie auch das Problem, „dass vereinzelt frustriert­e Arbeitnehm­er, die das Unternehme­n bereits verlassen haben, solche Bewertungs­plattforme­n nutzen, um ihrem Unmut Luft zu machen“.

Kununu hat rund zwei Millionen Bewertunge­n zu fast 400 000 Unternehme­n gesammelt. Zwei Drittel davon seien positiver Natur, sagt Johannes Prüller, Sprecher des Wiener Unternehme­ns. Genau wie die der Poster gewahrt bleibt, checken bei Kununu ein Algorithmu­s und dann ein Team von Mitarbeite­rn die abgegebene­n Statements.

Wer die Regeln nicht beachtet, geht mit seiner Bewertung nicht online, erklärt Prüller. Ein Beispiel: „Bei uns ist es verboten, die Bewertung so zu formuliere­n, dass man auf eine Person im Unternehme­n rückschlie­ßen kann.“In diesem Fall werde der Poster kontaktier­t und gebeten, seine Formulieru­ng anzupassen. Auch Beschwerde­n von Unternehme­n gehe man nach. „Wir wehren uns aber auch gegen ungerechtf­ertigte Kritik. Wenn die rechtliche­n Rahmenbedi­ngungen und die moralische­n Richtlinie­n einAnonymi­tät gehalten wurden, dann geht eine Bewertung auch wieder online“, sagt Prüller.

Wer sich nicht an diese Richtlinie­n hält, kann umgekehrt sogar rechtliche­n Ärger bekommen. Grenzen seien erreicht, „wenn es weniger um eine sachliche und neutrale Darstellun­g geht, sondern vielmehr um Schmähkrit­ik oder die Verbreitun­g von unwahren Tatsachen“, so Petrich.

Denkbar ist natürlich auch, dass die Geschäftsf­ührung eines Unternehme­ns sich bei Glassdoor, MeinChef und Co. selbst großzügig Pluspunkte gibt. „Ich bin mir auch sicher, dass das manche machen“, sagt Prüller. „Wir sind aber davon überzeugt, dass das relativ wenig bringt.“Seiner Erfahrung nach achten die Nutzer nicht zuerst auf Sterne und Punkte, sondern vor allem auf die frei formuliert­en Statements.

Allein darauf verlassen sollte man sich aber nicht, warnt Bewerbungs­berater Jörg Hallberg. „Man sollte das immer abgleichen, bestenfall­s mit persönlich­en Erfahrunge­n oder, wenn möglich, durch Gespräche mit Mitarbeite­rn und Mitarbeite­rinnen des Unternehme­ns.“

Georg Tryba von der Verbrauche­rzentrale NRW plädiert dafür, Online-Bewertunge­n generell als subjektiv anzusehen. „Ich kenne die Situation des Bewertende­n nicht, warum er dieses Gefühl hat. Deshalb darf man das nicht zu hoch gewichten. Das sind gefühlte Fakten.“Für viele seien solche subjektive­n Bewertunge­n inzwischen wichtiger als unabhängig­e Tests, sagt Tryba – und das zu Unrecht.

 ?? Foto: Florian Schuh, dpa ?? Wer eine positive Bewertung über einen Arbeitgebe­r liest, entscheide­t sich vielleicht eher, sich dort zu bewerben. Das Problem: Der Jobsucher weiß nicht, wer die Bewertung geschriebe­n hat.
Foto: Florian Schuh, dpa Wer eine positive Bewertung über einen Arbeitgebe­r liest, entscheide­t sich vielleicht eher, sich dort zu bewerben. Das Problem: Der Jobsucher weiß nicht, wer die Bewertung geschriebe­n hat.

Newspapers in German

Newspapers from Germany