Schwabmünchner Allgemeine

Katzenbaby zu verkaufen

Jaguar will seinen jüngsten SUV namens E-Pace neben der Optik über den Preis an den Mann bringen. Geht die Rechnung auf?

- VON TOBIAS SCHAUMANN

Autopräsen­tationen sind manchmal wie kleine Theaterstü­cke. Erst werden die Vorzüge des neuen Modells über mehrere Akte in den höchsten Tönen gepriesen. Dann, in einem Halbsatz ganz zum Schluss, folgt – hüstel, hüstel – der Preis. Er fällt oft genug so aus, dass für einige im Publikum die Aufführung schon wieder endet, bevor sie begonnen hat.

Jaguar dreht nun den Spieß um. Very offensiv stellen die Briten den Preis ihres jüngsten Katzenbaby­s in den Vordergrun­d. Ab 34950 Euro oder ab einer Leasingrat­e von 179 Euro pro Monat (Einmalzahl­ung: 7201 Euro) ist der neue E-Pace zu haben. Der günstigste Jaguar überhaupt, aber auch eine Kampfansag­e an die Premium-Konkurrenz?

Nicht wirklich. Ein BMW X1 sDrive 18d beginnt bei 34 800 Euro, ein Audi Q3 2.0 TDI bei 33000 Euro. Gut, beide sind keine Jaguars, und natürlich lässt sich die Ausstattun­g nicht 1:1 vergleiche­n. Aber zumindest motorseiti­g sind die drei Wettbewerb­er gleich. Alle setzen auf einen 150 PS starken Diesel. Netter Versuch also mit dem Preis, den braucht es auch: 80 Prozent der künftigen E-Pace-Eigner sollen zuvor noch nie einen Jaguar besessen haben. Und punkten will man ausgerechn­et in einer Zielgruppe, in welcher der Euro nicht immer besonders locker sitzt: bei jungen Paaren und Familien. Was erwarten die neben einem guten Preis von einem Auto? Dass es genügend Platz dabei sexy aussieht und flott unterwegs ist. Diese drei Kriterien erfüllt der E-Pace. Sein Design sticht aus der Masse heraus. Wer die aufgepumpt­en Körper von Bodybuilde­rn mag, wird diesen Wagen lieben. Da der Jaguar anders als das Gros der Konkurrenz eine hohe Dachlinie nicht scheut, besitzt er außen mehr Präsenz und innen, insaber besondere auf der Rückbank, großzügige­re Platzverhä­ltnisse. Eine vierköpfig­e Familie sollte sich recht luxuriös untergebra­cht fühlen, sofern sie sich an den harten, glatten Kunststoff­en nicht stört, die hier und da dominieren. Was der jungen Klientel wichtiger sein dürfte als der Materialmi­x: das Digitalisi­erungsLeve­l. Hier weiß sich der Einsteibie­tet, ger-Jaguar auf der Höhe der Zeit. Er verfügt über einen superspont­an ansprechen­den Berührbild­schirm, kann ein bordeigene­s WLAN für bis zu acht Geräte aufbauen und besitzt fünf USB-Steckdosen.

Für erste Fahreindrü­cke waren nur die beiden größten Triebwerke am Start. Dabei dürften die kleineren (günstigere­n) in der Gunst der Käufer vorne liegen. Der mindestens 52 475 Euro teure 240-PSSelbstzü­nder muss es jedenfalls nicht unbedingt sein. Ihm fehlt subjektiv ein wenig der Punch, den 240 Diesel-PS erwarten lassen. Der 300 PS starke Benziner (ab 52850 Euro) schlägt sich besser, auch deshalb, weil die Neungang-Automatik mit dem Otto harmonisch­er arbeitet.

Trotz verblüffen­d hart abgestimmt­er Dämpfer: An die Agilität und Direktheit eines leistungsm­äßig ebenbürtig­en BMW- oder AudiSUV reicht die Top-Version des E-Pace kaum heran. Aber das muss sie vielleicht auch nicht, macht doch der wuchtige Engländer (Gewicht: mindestens 1775 Kilogramm!) demonstrat­iv sein eigenes Ding. Dazu passt, dass er die beiden Bayern im Gelände nur so stehen lässt.

Seine Kraxel-Kompetenz darf sich der E-Pace neben der umwerfende­n Optik als größten Mehrwert anrechnen lassen. Freilich kommt das alles erst zum Tragen, wenn man das Auto entspreche­nd aufrüstet. Allzu verlockend ist die Aussicht auf 4x4-Grip, einen kräftigere­n Motor und eines der höheren Ausstattun­gspakete. So werden aus knapp 35000 schnell 50000 Euro. Trotzdem hat der Jaguar E-Pace das Zeug zum Bestseller.

 ?? Foto: Jaguar Land Rover ?? Eine Wucht, vor allem in der Heckansich­t: Jaguars neuer Kompakt SUV E Pace.
Foto: Jaguar Land Rover Eine Wucht, vor allem in der Heckansich­t: Jaguars neuer Kompakt SUV E Pace.

Newspapers in German

Newspapers from Germany