Schwabmünchner Allgemeine

Jetzt beginnt die Hochphase der Krapfenpro­duktion

Bäcker- und Konditorme­ister Georg Schneider erklärt, wie in der Neusässer Vollwertbä­ckerei das Faschingsg­ebäck entsteht und worauf es besonders ankommt / Serie (32)

- VON STEFFI BRAND Neusäß Füllungen Kalorien Alexandra Hiebl

In der kommenden Woche herrscht beim Vollwertbä­cker Schneider in Neusäß Ausnahmezu­stand. Mit dem nahenden Finale der Faschingsz­eit steuern die Mitarbeite­r dort auch auf größte Produktion­smengen zu. Von Ende Januar bis zum Faschingsd­ienstag steigert sich die Zahl der hier produziert­en Faschingsk­rapfen um ein Vielfaches. Mehrere Tausend Krapfen verlassen am Faschingsd­ienstag die Backstube. Die Produktion läuft dabei nach einem festgelegt­en Schema ab, bei dem es auf jedes kleinste Detail ankommt.

Die Zutaten sind alte Bekannte aus der Küche: Zucker, Butter, Salz, Wasser oder Milch, Hefe, Aromen wie Vanille oder Zitrone, Mehl und Eier werden verwendet. Besonders bei den beiden letztgenan­nten Zutaten kommt es allerdings aufs Detail an. Das Mehl sollte eiweißstar­k sein, damit der Krapfen schön aufgeht, einen guten Stand hat und einen schönen Kragen bekommt. Beim Vollwertbä­cker Schneider wird die Type 550 verwendet. Eier allein zuzugeben, reicht nicht. Die Beigabe von zusätzlich­em Eigelb ist nötig, damit der Krapfen beim Backen nicht so viel Fett aufnimmt, eine schöne gleichmäßi­ge Porung erhält und beim Ausbacken saftig bleibt.

Doch ins Fettbackge­rät geht es für die Faschingsk­rapfen noch lange nicht. Zunächst müssen die Zutaten stark geknetet werden. 20 Minuten die Knetmaschi­ne. Wichtig ist das lange Kneten auch, damit das eiweißreic­he Mehl seine Wirkung entfaltet. Das zeigt auch ein simpler Test: Wer langsam den Teig auseinande­rzieht – als würde er ein Küchle formen – erhält eine fast durchsicht­ige Teighaut. Diese ist nur durch die Kombinatio­n aus eiweißstar­kem Mehl und langem Kneten derart dehnbar.

Nach dem Kneten wird der Teig gewirkt und zu Laiben geformt. Die anschließe­nde Teigruhe von etwa einer halben Stunde sichert den Stand des Krapfens, der beim Backen entsteht. Ein Laib hat dabei genau 1300 Gramm und passt so wie ausgemesse­n auf die Form, die in der Maschine landet, die das Abpressen und Schleifen der Krapfen übernimmt. 30 Krapfen werden so in Sekundensc­hnelle geformt – in Miniaturfo­rmat. Ein prüfender Blick wird nun zeigen: Ist die Oberseite zu sehr gespannt? Dann droht der Krapfen zu reißen. Oder wurde der Krapfen beim Schleifen am Boden nicht richtig verschloss­en? „Dann schießt die Marmelade beim ersten Biss in den Krapfen unten heraus“, erklärt Georg Schneider, Chef der Bäckerei.

Anschließe­nd kommen die Krapfen, aufgereiht auf einem Wagen, in einen speziellen Kühlraum, in dem Temperatur und Luftfeucht­igkeit geregelt sind. Binnen der nächsten zwölf Stunden sollte sich der Teig hier verdoppeln. Georg Schneider gibt den Krapläuft de, rieten die Geistliche­n, ab dem „fetten Donnerstag“(Weiberfasc­hing) bis zum Aschermitt­woch zu schlemmen. Während der strengen Fastenzeit soll te nicht nur auf Fleisch, sondern auch auf andere tierische Produkte verzichtet werden. Wegen ihrer geringen Haltbar keit mussten Vorräte wie Eier, Butter oder Schmalz verbraucht werden, damit sie während der Fastenzeit nicht ver derben. Der Krapfen ist also ein Gebäck, das früher aus gutem Grunde geba cken und verzehrt wurde. Die Kalorien aus Zucker und Fett sollten dem Kör per helfen, bis Ostern durchzuhal­ten.

● Heute können Krapfen mit weitaus gehaltvoll­eren Füllungen und fen gerne etwas mehr Zeit: „Jede Minute Garzeit wirkt sich positiv auf den Geschmack aus.“Nach dem Aufenthalt im Garraum braucht der Krapfen nur wenige Minuten, um eine hauchdünne Haut zu bilden. Diese ist wichtig, bevor er ausgebacke­n wird. Das passiert in Neusäß in einer Charge von 42 Krapfen. Alle gemeinsam kommen in die Siedepfann­e, die mit bekömmlich­em Erdnussfet­t befüllt ist. „Darin lassen sich die schönsten Krapfen backen“, schwärmt der Bäcker- und Konditorme­ister, der den Betrieb in vierter Generation führt. Er ist auch stellvertr­etender Obermeiste­r Augsburgs Dekoration­en gekauft werden. Das mo derne Upgrade verhilft so manch ei nem Krapfen zum Titel „Kalorienbo­mbe der Saison“– und das, obwohl unser Körper meistens keine Reserven für eine anstehende Fastenzeit benötigt. Ein Krapfen, selbst gebacken, sollte genuss voll verzehrt werden, denn ihn gibt es nur in der Faschingsz­eit.

● Gefahr lauert für die Bikini figur allerdings im Dauerangeb­ot. Die Mischung von Zucker, der schnell ins Blut schießt, Stärke aus dem Mehl, die langsamer verdaut wird, und Fett belas ten den Körper. Die überschüss­ige Energie wird gnadenlos in die Reserve ge packt und das leider in Form von Fett. und sogar Mitglied der deutschen Nationalma­nnschaft der Bäckermeis­ter.

Im heißen Fett werden die Krapfen drei Minuten auf der Oberseite, drei Minuten auf der Unterseite und noch mal eine Minute auf der Oberseite gebacken. Das macht die Siedepfann­e vollautoma­tisch. Sogar das Öffnen und Schließen des Deckels passiert ohne manuelles Zutun. Dass die Oberseite eine Minute länger gebacken wird, verhindert, dass der Krapfen runzlig wird. Auch ist der geschlosse­ne Deckel in den ersten drei Minuten wichtig. Der Dampf, der beim Einlegen entsteht, hält die Oberseite der Krapfen geschmeidi­g und sie können schöner aufgehen. Durch das Wenden des Krapfens entsteht der typische helle Kragen des Faschingsg­ebäcks.

Kurz vor Schluss der Krapfenfer­tigung Die fettreiche­n modernen Füllungen bil den im wahrsten Sinne des Wortes das Sahnehäubc­hen und fordern Leber und Galle zu Höchstleis­tungen heraus. Sai sonal zu essen bedeutet also weitaus mehr, als auf die regionale Ernte von Obst und Gemüse zu achten.

ist Diplomökot­ro phologin am Amt für Ernährung, Land wirtschaft und Fors ten Augsburg (Fachzentru­m Ernäh rung/Gemein schaftsver­pflegung). darf das i-Tüpfelchen natürlich nicht fehlen: die Füllung. Sieben verschiede­ne Geschmacks­varianten – Vanille, Schoko, Himbeer-Johannisbe­ere, Eierlikör, Hagebutte sowie zwei Biovariant­en mit Kirsche und Apfel – gibt es in den Filialen der Vollwertbä­ckerei. Diese gibt es in Neusäß, Aystetten, Deuringen, Gessertsha­usen, Fischach, Augsburg, Mühlhausen und Affing.

Die erklärte Lieblingss­orte von Georg Schneider ist der Hagebutten­krapfen. Hier kommt eine Spezialfül­lung zum Einsatz, in der die Hagebutte nicht ganz so herb schmeckt. Auch erinnert den 38-Jährigen die Zimt-Zucker-Mischung, die obendrauf kommt, an seine Kindheit: „Als ich klein war, wurden alle Krapfen so und nicht etwa mit Puderzucke­r bestäubt.“

Eine weitere Erinnerung hat Schneider an seine Kindheit: „Zum Kindergebu­rtstag gab es regelmäßig Krapfen – einer davon wurde mit Senf befüllt.“Noch heute gibt es ab und an Spezialbes­tellungen wie diese. Und natürlich macht der Bäckerund Konditorme­ister diesen Gag gerne mit, wenn er weiß, dass es dann in einer Firma oder auf einer Feier etwas zu lachen gibt. Bestellung­en wie diese beschränke­n sich allerdings meist auf die Hochphase des Faschings, die bereits am Aschermitt­woch endet. Dann fällt die Produktion der Krapfen deutlich ab. Nur ein paar Hundert Stück werden dann noch produziert. Bis etwa zwei Wochen vor Ostern hat die Bäckerei Krapfen im Angebot. Dann ist Pause bis Oktober. Pünktlich zur Kirchweih wird die Krapfenpro­duktion dann wieder starten.

 ?? Fotos: Marcus Merk, Silvio Wyszengrad (1) ?? Der Bäcker und Konditorme­ister Georg Schneider ist Chef der gleichnami­gen Vollwertbä­ckerei in Neusäß. In der Faschingsh­ochzeit entstehen hier mehrere Tausend Krapfen am Tag. So richtig gut schmecken sie natürlich erst, wenn sie mit Puderzucke­r oder...
Fotos: Marcus Merk, Silvio Wyszengrad (1) Der Bäcker und Konditorme­ister Georg Schneider ist Chef der gleichnami­gen Vollwertbä­ckerei in Neusäß. In der Faschingsh­ochzeit entstehen hier mehrere Tausend Krapfen am Tag. So richtig gut schmecken sie natürlich erst, wenn sie mit Puderzucke­r oder...
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Das i Tüpfelchen für jeden Krapfen ist natürlich die Füllung.
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Zusätzlich­es Eigelb ist nötig, damit der Krapfen nicht so viel Fett aufnimmt.
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