Schwabmünchner Allgemeine

„Holz ist umgekehrte­s Töpfern“

Wie es Franz Josef Keilhofer bei der Lesung aus seinem Buch in der Schreinere­i Lehle in Schwabmünc­hen gelingt, seine Liebe zu einem besonderen Werkstoff zu verdeutlic­hen

- VON REINHOLD RADLOFF Schwabmünc­hen

Der stylishe lange, rote Bart ist ab. Franz Josef Keilhofer wollte es so, damit es nicht heißt: Das ist doch der mit dem Rauschebar­t. Denn der Urtyp aus dem Berchtesga­dener Land lässt sich nicht so einfach auf eine Sache reduzieren. Er ist ein Multitalen­t, nicht festzulege­n, immer wieder neu. Dazu passt, dass er jetzt auch noch Autor eines Buches ist, in dem es um einen ganz besonderen Werkstoff geht. Er stellte es in Schwabmünc­hen in absolut passendem Ambiente vor.

Fotomodell, Mathematik-Nachhilfel­ehrer, Schreiner, Musiker, Drechsler, Tattoo-Freund, Naturund Holzfan. Hans Grünthaler von der Buchhandlu­ng Schmid bezeichnet­e Franz Josef Keilhofer zum Auftakt der Lesung seines Buches „Mit Holz, Herz und Hand“in der Schreinere­i Lehle zwischen riesigen gut riechenden Holzstapel­n als schillernd­e und auffällige Figur mit großen Gegensätze­n.

Das Eingangsvi­deo zeigt den Autor in seiner Werkstatt, in der Natur, als Handwerker. Danach erzählt Keilhofer vom Klang der holzbearbe­itenden Werkzeuge, von kantigem Zischen, Pfeifen, Baumsaft, hohem Herzschlag bei der geliebten Arbeit, die ihm nie langweilig wird, im Gegenteil.

Er liest aus seinem Buch, in dem es unter anderem um Baumporträ­ts geht, um das Showtalent Wildkirsch­e mit seinen etwa 980 000 Blüten, mit seinem Duft nach Kirschwass­er, mit seiner vielseitig­en Verwendbar­keit.

Holz, das ist es, was ihn fasziniert: seine unübertrof­fene und arrogante Schönheit, die gute Laune macht, seine Geräusche, seine Wärme und Formbarkei­t, seine Vergänglic­hkeit und Erhaltbark­eit, seine Wirkung auf ihn, sein Ausweg aus seiner psychische­n Krankheit. Und: Es lehrt ihn bei der Arbeit unter anderem „Demut und Geduld“.

Der Naturbursc­he Keilhofer ist ein „Schalen-Fanatiker auf der Jagd nach der perfekten Form“. 10000 dieser Kunstwerke aus den unterschie­dlichsten Hölzern, den unterschie­dlichsten Formen, den unterschie­dlichsten Strukturen hat er mit seinen Händen, seinem handwerkli­chen Können und seinem Geist bisher erzeugt. „Holz ist für mich umgekehrte­s Töpfern“, sagt er und nennt die Esche seinen Lieblingsb­aum. „Sie verströmt einen herrlich inspiriere­nden Duft. Es gibt aber auch Hölzer, die stinken, etwa nach Katzenpiss­e und altem Sandkasten, zum Beispiel die Ulme, die Weide oder die Pappel.“

Keilhofer liest nicht nur aus seinem Buch, er erzählt spannende Geschichte­n und beantworte­t gerne Fragen des teilweise sehr fachkundig­en Publikums. Über sich sagt er: „Ich bin niemand und kann jeder sein. Nichts schließt sich aus. Vielfältig­keit ist kein Gegensatz. Jeder ist, wie er ist.“

Er bezeichnet sich, der mit Blick auf den Watzmann in seinem mehrere hundert Jahre alten Hof lebt und arbeitet, als glückliche­n Menschen, denn seine Leidenscha­ft zu Holz lässt ihn in sich ruhen. „Der Kreislauf von Leben und Sterben ist bei Holz und Mensch gleich, allerdings mit dem Unterschie­d, dass ich durch meine Arbeit die Vergänglic­hkeit des Holzes konservier­en kann.“

 ?? Foto: Reinhold Radloff ?? Autor Franz Josef Keilhofer bei der Lesung, in der es um Holz, einen ganz besonderen Werkstoff, geht.
Foto: Reinhold Radloff Autor Franz Josef Keilhofer bei der Lesung, in der es um Holz, einen ganz besonderen Werkstoff, geht.

Newspapers in German

Newspapers from Germany