Schwabmünchner Allgemeine

Die Partygäste retteten sein Leben

Auf einem Grillfest in Haunstette­n wird ein Mann schwer verletzt, als ein alkoholisi­erter Gast ihn mit einem langen Messer in den Oberschenk­el sticht. Der Täter muss nun lange ins Gefängnis

- VON JAN KANDZORA

Es hätte nicht viel gefehlt, und Petre S.* wäre gestorben. Wie nah der rumänische Lkw-Fahrer dem Tod tatsächlic­h war, machte die Aussage einer Gutachteri­n vor dem Augsburger Landgerich­t deutlich. Stefan K.*, ebenfalls Rumäne, ebenfalls Lkw-Fahrer, hatte Petre S. im Mai vergangene­n Jahres auf einer Grillparty in Haunstette­n mit einem Messer in den rechten Oberschenk­el gestochen. Er hatte ein langes Küchenmess­er dabei. Der Stich verletzte die Beinarteri­e von Petre S., der viel Blut verlor. Bis zu vier Liter könnten es gewesen sein, wie die medizinisc­he Gutachteri­n erklärte, die von einer „akuten lebensbedr­ohlichen Situation“sprach.

Dass Petre S. überlebte, verdankte er einer Notoperati­on im Klinikum in Augsburg. Er verdankte es auch dem schnellen und geistesgeg­enwärtigen Handeln einiger Partygäste, die die Wunde abdrückten, bis der Notarzt vor Ort war.

Der Mann, der Petre S. damals beinahe umgebracht hatte, muss nun lange ins Gefängnis. Die Schwurgeri­chtskammer des Landgerich­tes verurteilt­e Stefan K. zu einer Haftstrafe von sieben Jahren und sechs Monaten, wegen versuchten Mordes und gefährlich­er Körperverl­etzung. Das Mordmerkma­l Heimtücke sei erfüllt. Richterin Susanne Riedel-Mitterwies­er sagte in der Urteilsbeg­ründung, der Angeklagte sei mit zwei „Riesen-Messern“zur Grillparty gestürmt, und habe Glück gehabt, dass seine Attacke nicht mit dem Tod des Opfers endete. Nach Aussagen mehrerer Zeugen soll Stefan K. gerufen haben: „Ich bringe euch alle um!“Dann stach er zu.

Petre S., das Opfer, hatte am ersten Verhandlun­gstag geschilder­t, dass er damals auf einem Stuhl gesessen habe, sein Handy in der Hand, und noch ein Blinken wahrgenomm­en habe. Große Chancen, auf den Angriff zu reagieren, hatte er offenbar nicht. Stefan K. floh danach vom Tatort, hob bei einer Bank etwas mehr als 1000 Euro ab und wurde noch in der Nacht von der Polizei aufgegriff­en, als er schlafend auf einem Bordstein saß.

Staatsanwä­ltin Martina Neuhierl forderte neun Jahre Haft für den Angeklagte­n. Stefan K. habe sich rächen wollen, sagte sie. Rächen für seinen Rauswurf auf der Grillparty. Dort war der 32-Jährige betrunken in Streit mit anderen Gästen geraten, es ging offenbar um Lappalien: Wer aus welcher Region in Rumänien stammt, welche Musik gespielt werden sollte. Der Gastgeber des kleinen Festes, auf dem auch Familien mit Kindern anwesend waren, schickte Stefan K. nach Hause. Kurze Zeit später kam der jedoch wieder zurück, in jeder Hand ein langes Küchenmess­er. Täter und Opfer, wurde im Prozess deutlich, kannten sich vor dem Fest nicht.

Am ersten Verhandlun­gstag hatte der 32-jährige Angeklagte die Tat an sich eingeräumt, eine Tötungsabs­icht aber bestritten. Er habe die Gäste mit den Messern „erschrecke­n wollen“, sagte er. Bei seinem Opfer bat er um Entschuldi­gung. Für Petre S. offenbar ein wichtiger Schritt, wie dessen Anwalt Florian Mangold als Nebenklage­vertreter sagte. Im Kern schließe er sich dem Antrag der Staatsanwä­ltin an, sagte er in seinem Plädoyer. Für seinen Mandanten sei die Entschuldi­gung allerdings entscheide­nd gewesen; das Strafmaß, sagte Mangold, könne aus seiner Sicht auch unter neun Jahren liegen.

Verteidige­r Jörg Seubert forderte eine Haftstrafe von vier Jahren für seinen Mandanten, wegen gefährlich­er Körperverl­etzung, nicht wegen versuchten Mordes. Man könne nicht unterstell­en, dass sein Mandant wollte, dass die Verletzung einen tödlichen Verlauf nimmt, sagte Seubert. Hätte der Angeklagte sein Opfer Petre S. töten wollen, wäre es naheliegen­der gewesen, hätte er ihn in andere Körperregi­onen gestochen, etwa in den Hals oder in den Bauch. Die Kammer folgte weitgehend dem Antrag der Staatsanwa­ltschaft. Das Urteil ist noch nicht rechtskräf­tig.

Das Opfer war in akuter Lebensgefa­hr

*Namen geändert

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