Ganz schön zickig: Der Sellerie
539 Stück Stangensellerie und 1155 Stück Knollensellerie hat Bianca Bucher in ihrer Biogärtnerei im vergangenen Jahr geerntet. Durch die Lagerung im Kühlraum sind die Knollen bis ins Frühjahr verfügbar. Doch zuvor brauchen sie eine besondere Pflege / Seri
Bianca Bucher braucht nur einen Blick in ihr Pflanzbuch zu werfen, und schon weiß sie alles über den Sellerie, der in ihrem Hofladen bis ins Frühjahr hinein verfügbar ist. 0,3 Gramm Stangensellerie hat sie ausgesät. 539 Pflanzen hat sie pikiert. Beim Knollensellerie waren es 1,6 Gramm Samen, aus dem 1155 Pflanzen entstanden sind. Der Unterschied? Stangensellerie hat lange Blätter und lange Schäfte und eignet sich zum Dippen. Knollensellerie ist weniger intensiv und wird häufig als Gemüse serviert. Auch in die Suppe oder zum Braten gehört der typische Sellerie-Geschmack dazu. „Den Samen habe ich selbst gezogen“, erklärt die Inhaberin der Biogärtnerei Bucher. Da der Sellerie erst im zweiten Jahr blüht, hat sie das Gemüse 2013 gepflanzt und 2014 die Samen abgenommen. Ihr Fazit: „Mein Samen ist länger keimfähig.“
Auch den Zeitraum, wann sie sich in welcher Form um das Gemüse kümmert, dokumentiert Bianca Bucher genau: Am 28. Februar wurde gesät. Am 1. April wurde pikiert. Am 18. Mai wurden die Pflanzen gesetzt. Die zeitlichen Abstände haSchwachzehrer, einen Grund, denn: „Der Sellerie ist eine Zicke“, erklärt die Gartenbauingenieurin lachend und erklärt auch warum. Der Sellerie mag die Kälte nicht. Das heißt auch, dass er erst nach den Eisheiligen ins Beet darf. Wird’s dennoch mal kalt, deckt Bianca Bucher ihr zickiges Gemüse mit Vlies ab. Auch während der langen Wachstumsphase müsse man den Sellerie genau im Auge behalten. Auf humusreichem, durchlässigem Boden gedeiht der Sellerie am besten. Dass die Gartenbauingenieurin auf gutem Boden pflanzt, hat sie ihrem Vater und ihrem Großvater zu verdanken. Sie selbst führt die Gärtnerei, die sich hinter dem FCA-Trainingsgelände befindet, in der dritten Generation.
Bei der Sellerieernte ist es ebenso wichtig wie beim Pflanzen ins Beet, den passenden Zeitpunkt zu erwischen: Vor dem ersten Frost muss der Sellerie geerntet werden. Das ist meist Mitte Oktober. Um möglichst lange Sellerie vorrätig zu haben, nimmt Bianca Bucher dann das Laub ab und schneidet die Wurzeln des Selleries kegelförmig ab. Gewaben schen wird er nicht. Aber bei etwa sechs bis sieben Grad und einer Luftfeuchtigkeit von 80 Prozent hält er sich im Kühlraum bis ins Frühjahr.
Der Sellerie gehört in die Gruppe der Mittelzehrer. So werden Pflanzen bezeichnet, die einen mittleren Bedarf an Stickstoff pro Hektar haben. Beim Sellerie liegt dieser Wert bei 200 Kilogramm. Auch Fenchel, Mangold, Lauch, Zucchini, Rote Beete und Kürbis gehören in die Kategorie der Mittelzehrer. Zum Vergleich: Salate sind klassische die nur einen Stickstoffbedarf zwischen 100 und 150 Kilogramm Stickstoff pro Hektar haben. Kraut, Rosenkohl und Wirsing haben einen Stickstoffbedarf von 400 Kilogramm pro Hektar und werden als Starkzehrer bezeichnet. Auf den 7500 Quadratmetern Nutzfläche, die zur Gärtnerei zählen, wird es künftig keine Starkzehrer mehr geben, hat Bianca Bucher beschlossen. Zu groß ist der Nährstoffbedarf der Pflanzen.
Ein weiteres Detail in ihrem Pflanzbuch zeigt, wer ihr in ihrer „Weibergärtnerei“, wie sie ihren Betrieb lachend nennt, zur Hand geht: eine Kunststudentin, eine ehemalige Praktikantin, eine Hausfrau und eine Frau, die „Fisselkram“liebt, wie Bianca Bucher beispielsweise den Vorgang des Pikierens bezeichnet. Mit diesem Fachbegriff wird das Umsetzen der Sämlinge mit einem Pikierstab bezeichnet. Die Pflanzen werden dabei meist von der Anzuchtschale in einen Quick Pot oder Topf umgesetzt. Diesem Arbeitsschritt wurden die Selleriepflanzen im vergangenen Jahr am 1. April unterzogen.
Durch den Einsatz der Freiwilligen, die ihr in der Gärtnerei helfen, hat Bianca Bucher die Chance, die Arbeit zu bewältigen und nach Belieben zu testen: Schwarze Fleischtomaten, Physalis, Grünspargel, Auberginen aus Rumänien, Peperoni aus Indien und Nepal und Paprika mit dem Namen „Roter Augsburger“pflanzt sie zum Beispiel an.
Ihre Kunden sind häufig ihre Nachbarn, denn eine Gartensiedlung grenzt direkt an. Die Hobbygärtner fragen gezielt nach Jungpflanzen oder besuchen den Hofladen. Den Biolandhof Mayer in Hirblingen beliefert Bianca Bucher ebenso wie die Lokalhelden im Augsburger Bismarckviertel, Mutter Erde in der Stadtmitte und Bios Naturmarkt in Göggingen.