Schwabmünchner Allgemeine

Die Berufsfeue­rwehr sorgt sich um Nachwuchs

Noch gibt es zwar ausreichen­d Bewerber, doch es werden zunehmend weniger. Das Beispiel eines Mannes zeigt, wie wenige letztendli­ch wirklich in Frage kommen. Einige Trends sind beunruhige­nd

- VON INA KRESSE »Kommentar

Der junge Mann sprang ins Schwimmbec­ken und tauchte unter. Nach zwei Metern schon kam er wieder nach oben. Dabei hätte er mindestens 14 Meter schaffen müssen. Er war einer der Bewerber für die Augsburger Berufsfeue­rwehr. Einer von etlichen, die die Anforderun­gen zuletzt nicht erfüllten. Bei der Berufsfeue­rwehr betrachtet man eine spürbare Veränderun­g unter den Bewerbern mit Sorge. Und nicht nur das.

Noch hat die Berufsfeue­rwehr Augsburg keine drängenden Nachwuchsp­robleme. 229 Männer und Frauen sind dort aktuell als sogenannte „Ausrückbea­mte“angestellt. Die verbeamtet­en Mitarbeite­r kümmern sich vor allem um Rettung und Sicherheit. Doch der Blick in die Zukunft ist nicht rosig. „Innerhalb der nächsten zehn Jahre gehen über 50 Prozent der Beamten in Pension“, sagt Feuerwehr-Sprecher Friedhelm Bechtel. „Da geht viel Erfahrung verloren.“Noch gebe es genügend Bewerber, auch wenn es weniger werden. Doch Bechtel benennt

„Man muss auf Zack sein, auch wenn es Nacht ist.“

ein Problem: Die Qualität unter den Anwärtern lässt immer mehr nach. Viele kämen aufgrund ihrer körperlich­en Fitness nicht in Frage für den Beruf.

„Wir rücken innerhalb kurzer Zeit aus, weniger als eine Minute. Da muss man sofort auf Zack sein. Auch wenn es Nacht ist.“Das Schlimmste wäre doch, sagt Bechtel, wenn bei einem Hausbrand drei Menschen am Fenster um Hilfe rufen, aber man könne nur zwei retten, weil einem selbst die Puste ausgeht. Doch genau das befürchtet der Sprecher der Feuerwehr, denn im vergangene­n Jahr zeigten einige der über 70 Bewerber für acht freie Stellen nur wenig Ausdauer.

Fast alle wurden zum obligatori­schen Sporttest eingeladen. Man muss unter anderem 1000 Meter innerhalb von höchstens vier Minuten und zehn Sekunden laufen, 50 Meter in höchstens 46 Sekunden schwimmen sowie 42 Wechsel- sprünge über eine Bank in einer halben Minute schaffen. „Von 70 Bewerbern kamen nur 42 zum Sporttest, davon fielen 25 durch“, berichtet Bechtel.

Dabei müsse man kein Übersportl­er sein, um die Prüfung zu bestehen. „Der Test ist kein Geheimnis. Er ist im Internet mit allen Zeiten veröffentl­icht.“Man könnte sich also entspreche­nd vorbereite­n, findet er. Zum schriftlic­hen Teil wurden nur noch 17 Bewerber eingeladen. Einer kam nicht, ein nächster fiel durch. Lediglich elf Bewerber erhielten eine Einladung zum persönlich­en Gespräch. Acht wurden eingestell­t. Diese Anwärter seien sehr gut, beteuert Bechtel. Doch die Auswahlmög­lichkeit war letztendli­ch sehr begrenzt. Das liegt auch an einem weiteren Problem. Um Berufsfeue­rwehrmann oder -frau werden zu können, müssen Interessen­ten eine abgeschlos­sene Ausbildung in einem handwerkli­chen Beruf oder in der Rettungsas­sistenz vorweisen. Das ergibt durchaus Sinn. Der Brandamtma­nn nennt ein Beispiel: „Ein Zimmermann etwa kann bei einem Dachstuhlb­rand einschätze­n, wie lange die Konstrukti­on noch hält.“Allerdings gebe es immer weniger Handwerker. „Und diejenigen, die einen Job haben, wollen nicht unbedingt zu uns. Die verdienen draußen viel mehr.“

Ginge es nach dem Feuerwehrs­precher, würde man in Augsburg manche Bedingunge­n für eine Einstellun­g lockern. „Es gibt viele potenziell­e Kandidaten, die zwar andere Berufe haben, aber bei der freiwillig­en Feuerwehr sind. Die sollte man bei entspreche­nder Eignung auch einstellen können.“Bechtel verweist auf die Berufsfeue­rwehr München, die inzwischen sogar Bankkaufle­ute nehme. „Die grasen richtig ab. Ihre Leute haben auch keine Residenzpf­licht mehr.“Die Feuerwehrm­änner kämen bis aus Österreich. „Sie bilden dann Fahrgemein­schaften für ihre Schichtdie­nste.“Längst überholt findet Bechtel auch, dass Menschen mit Brille nicht eingestell­t werden. „Es gibt Maskenbril­len.“Bei der Augsburger Berufsfeue­rwehr wolle man nun offensiv für Nachwuchs werben.

Plakate sind bereits in Arbeit, auf der Augsburger Frühjahrsa­usstellung afa präsentier­en sich die Einsatzkrä­fte der Berufsfeue­rwehr am eigenen Stand. Bechtel selbst hält den Beruf des Feuerwehrm­annes für sehr attraktiv. „Es macht Freude, anderen Menschen zu helfen. Das wiegt auch die nicht so schönen Einsätze auf.“Der Feuerwehrs­precher erhofft sich von der anstehende­n Plakatoffe­nsive mehr geeignete Bewerber. Dass jemand nach zwei Metern unter Wasser wieder auftaucht, würde er gerne nicht mehr miterleben. „Das war nicht einmal eine Note sechs.“

 ?? Foto: Silvio Wyszengrad ?? Wer bei der Augsburger Berufsfeue­rwehr arbeiten will, muss unter anderem sportlich sein und einen handwerkli­chen Beruf gelernt haben. Bewerber gab es in den vergan genen Jahren einige, nur: Die wenigsten erfüllten die Anforderun­gen. Die Feuerwehr will...
Foto: Silvio Wyszengrad Wer bei der Augsburger Berufsfeue­rwehr arbeiten will, muss unter anderem sportlich sein und einen handwerkli­chen Beruf gelernt haben. Bewerber gab es in den vergan genen Jahren einige, nur: Die wenigsten erfüllten die Anforderun­gen. Die Feuerwehr will...

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