Schwabmünchner Allgemeine

Internatio­nale Poloturnie­re auf Gut Bannacker

Wie die Geschichte der Anlage die schicke Gesellscha­ft nach Bobingen und Bergheim brachte

- VON ANJA FISCHER

Bobingen Bergheim Das Donnern der Pferdehufe dröhnt über den Platz. Einer der Reiter beugt sich weit an der Seite seines Pferdes hinunter und schlägt mit einem lauten Klack den Ball weit voran. Die anderen Polospiele­r versuchen erneut, den Ball zu erreichen und einen Punkt für ihre Mannschaft zu erzielen.

Am Spielfeldr­and stehen Damen in vornehmen Kleidern, die Gesichter von großen Hüten beschattet. Die Herren tragen Anzüge und lassen sich von Bedienstet­en kühle Getränke reichen. Im Hintergrun­d der Szenerie sieht man einen kleinen Privatflug­platz, auf dem etliche kleine Propellerm­aschinen in ordentlich­er Reihe geparkt sind.

So oder so ähnlich dürfte es in der früheren Glanzzeit des Gutes Bannacker zugegangen sein, denn als am 3. Januar 1931 Georg Konstantin Fürst Fugger das Gut im Norden von Bobingen an die Finanzier-Familie Weininger aus Berlin verkaufte, kam die internatio­nale Poloszene nach Bobingen. Hochkaräti­ge Polospiele­r trugen dort absolute TopSpiele aus.

Und einige der älteren Bobinger erinnern sich heute noch daran, dass man nach der Schule dorthin radelte, um die Spiele oder Trainings zu sehen. Heute zeugt nur noch das eine oder andere Hufeisen, das im Boden der Felder überdauert hat, von dieser Zeit. Schlagzeil­en oder kleine Einblicke gibt es inzwischen nur zuweilen wegen kulturelle­r Ereignisse.

Angeblich hatte die Familie Weininger das Gut vor allem wegen seiner Liebe zum Pferdespor­t gekauft. Deshalb wurden nach dem Erwerb neben dem Gutshaus auch sofort die Stallungen renoviert. Schon am 8. April 1931 musste der Bergheimer Schmiedeme­ister Martin Probst dort die ersten Polopferde beschlagen. Etwa einen Kilometer östlich des Gutshofes entstand auf einer alten Schafweide der Poloplatz, der Turniermaß­e (270 mal 180 Meter) hatte. Zu ihm hin führte eine Bir-

die bis heute besteht. Zudem gab es für die anreisende­n Turnierspi­eler Gastboxen und eine kleine Reithalle.

Durch die ebenfalls anstehende Renovierun­g des Gutshauses sowie den Neubau eines Glashauses für die eigene Gärtnerei und ein Freibad am Diebelbach gab es in den Jahren 1931/32 viel Arbeit in Bannacker in einer sonst wirtschaft­lich sehr schwierige­n Zeit.

1933 wurde der Spielbetri­eb voll aufgenomme­n. Die Neue Augsburger

Zeitung schrieb hierzu: „Auf jeden Fall ist auch in diesem Jahre wieder

Sport zu erwarten, der vor allem Pferdespor­tliebhaber­n aus Augsburg und seiner Umgebung Gelegenhei­t bietet, sowohl am kommenden Sonntag als auch jeweils Dienstag und Donnerstag von 4.30 Uhr nachmittag­s ab den Turnierspi­elen, bei denen keinerlei Eintritt erhoben wird, beizuwohne­n. Man wird dabei außer französisc­hen, englischen, argentinis­chen und ungarische­n Pferden (...) erstmals auch bayerische und norddeutsc­he Ponys in Verwendung sehen.“

Teilnehmer der Spiele kamen unter anderem auch aus Chile, Ägypkenall­ee,

ten, dem Sudan, Argentinie­n, Frankreich, Griechenla­nd und England.

Es muss ein Treffen der damaligen High Society gewesen sein. Erst trafen die Pferde mit ihren Pflegern ein, danach folgten die hohen Herrschaft­en mit den schweren Autos oder, wenn sie von weiter her kamen, mit kleinen Propellerf­lugzeugen.

Gerade an Sonntagen wurden die Polospiele von der Bevölkerun­g aller Altersklas­sen mit großer Spannung verfolgt. Die weiblichen Zuschauer, so heißt es in den damaliinte­ressanter gen Berichten, drängten sich möglichst nahe an das am Poloplatz errichtete Klubhaus, um einen Blick auf die modisch gekleidete­n Damen der Spieler und der Prominenz zu erhaschen.

Der drohende Zweite Weltkrieg und die Verschlech­terung der Lebensumst­ände für jüdische Bürger sorgten dafür, dass die Polospiele auf dem Gut Bannacker bis heute der Vergangenh­eit angehörten. Trude Weininger war Halbjüdin, und so musste die Familie das Gut aufgeben. Sie überlebte den Zweiten Weltkrieg in London.

 ?? Repro: Anja Fischer ?? Das Gut Bannacker mit Herrenhaus und Kapelle war vor knapp 90 Jahren eine Hochburg des Polosports und ein Treffpunkt der feinen Gesellscha­ft.
Repro: Anja Fischer Das Gut Bannacker mit Herrenhaus und Kapelle war vor knapp 90 Jahren eine Hochburg des Polosports und ein Treffpunkt der feinen Gesellscha­ft.

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