Schwabmünchner Allgemeine

Ein Leben im Wald

Nach 35 Jahren als Förster in Straßberg genießt Franz Greiter nun seinen Ruhestand. Doch auch in Pension bleibt er seinem ehemaligen Beruf ganz nah

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Nach 35 Jahren als Förster in Straßberg genießt Franz Greiter seinen Ruhestand. Wie seine jungen Kollegen die Zukunft der Wälder gestalten möchten.

„Genau so sieht ein gesunder Wald aus“, sagt Franz Greiter und deutet mit dem Zeigefinge­r auf ein idyllische­s Fleckchen in seinem Forst. „Das ist mein Lieblingss­tück Wald.“Lärchen, Buchen und Fichten reihen sich hier aneinander. Der Schnee liegt als weißes Häubchen auf den Ästen und Wipfeln.

Hier, östlich des Klosters Oberschöne­nfeld, beginnt das Revier, das Greiter 35 Jahre lang als Förster betreute. 2017 ging er in Pension. Doch auch im Ruhestand zieht es ihn immer wieder in den Wald. Seine Markenzeic­hen: ein klassische­r Försterhut mit grüner Kordel und ein kräftiger Schnauzbar­t. An diesem Wintertag trifft er im Wald auf seine jungen Kollegen Martin Pohl und Andreas Thoma. Pohl ist der neue Förster von Straßberg; zuvor hatte er das Nachbarrev­ier Konradshof­en geführt, das nun Thoma übernimmt. So hat sich eine Personalro­chade im Staatsfors­t abgespielt – und ein Generation­enwechsel.

Als Franz Greiter sein Amt 1982 antrat, fand er im Revier Straßberg einen Forst mit Potenzial. „Ein vorratsrei­cher Wald“, wie er sagt. 1400 Hektar umfasst das Gebiet heute, doch 180 Hektar Holz waren damals noch vom Krieg gezeichnet. Ein Bombenabwu­rf hatte im Zweiten Weltkrieg den Forst getroffen und dauerhaft Spuren hinterlass­en. Diese Schäden zu behandeln, beschäftig­te Greiter über Jahrzehnte.

„Wir hatten anfangs auch sehr viel Dam- und Rehwild“, erinnert sich der Altförster. Die Tiere fraßen die jungen Pflanzen und gefährdete­n den Waldwuchs. Deshalb habe er den Wildbestan­d reduzieren müssen. Das Jagen ist Teil des Försterjob­s, noch heute leitet der Pensionär eine Damwild-Hegegemein­schaft, die 20 Reviere umfasst. Die Aufgabe der Gemeinscha­ft erklärt Greiter: „Wir planen, wie viele Tiere geschossen werden.“Und das trifft jedes Jahr circa 120 Wildtiere im Revier Straßberg.

Am besten gefallen Greiter seine Douglasien. Eine Baumart, die aus Nordamerik­a stammt und in Straßberg vor 100 Jahren erstmals gepflanzt wurde. Hünen im Nadelgewan­d, die bis zu 50 Meter hoch ragen. Greiter will es an diesem Tag genau wissen. Er stapft durch den Schnee, wickelt ein Maßband um einen Baumstamm und misst den Durchmesse­r: 1,25 Meter. Martin Pohl beobachtet am Wegrand die Szene. Man kann einiges von einem erfahrenen Kollegen lernen, sagt er: „Vor allem die Psychologi­e, wie man mit den Menschen umgeht.“Jäger, Brennholzk­unden, Spaziergän­ger mit Hunden, Jogger und Nordic Walker – sie alle nutzen den Wald. „Der Franz hat diese Leute gut erzogen“, scherzt Pohl. Denn eines steht für Greiter fest: Wenn es der Förster eilig hat, muss der Waldbesuch­er Platz machen. Früher herrschte dagegen mehr Ruhe im Forst. „Vor 35 Jahren war fast niemand im Wald“, sagt Greiter. Die Zeiten ändern sich, auch in der Natur. Vor 30 Jahren arbeiteten mit Greiter noch zwölf Waldarbeit­er in Straßberg, die den ganzen Winter über Bäume fällten. Ab 16 Uhr habe er sich dann selbst auf die Pirsch begeben, erzählt der Altförster – ein Leben im Wald sozusagen.

Die alte Forstroman­tik scheint heute verflogen. Das Verhältnis zwischen Schreibtis­ch- und Waldarbeit hat sich gewandelt. „Heute ist das Verhältnis 50:50“, sagt Andreas Thoma. „Oder fast 60:40“, schätzt Martin Pohl. Der ideale Wald ist für die Förster eine Mischung aus jungen, alten, wachsenden und auch toten Bäumen. Denn abgestorbe­ne Stämme können den Waldvögeln ein Zuhause bieten. „Manchmal sieht man hier auch ganz seltene Tierarten, zum Beispiel den Schwarzspe­cht“, erzählt Thoma. Besonders alte, stattliche Bäume stehen unter Schutz, für sie gilt das sogenannte Methusalem-Konzept. „Solche Bäume sind unantastba­r“, erklärt Thoma. Die Verjüngung des Waldes soll natürlich vorangetri­eben werden – und macht nicht vor dem Amt des Försters halt. Im Jahr 1976 hat Greiter seine Ausbildung in Weihenstep­han abgeschlos­sen, als Absolvent des dritten Jahrgangs überhaupt. Auch die neue Generation hat in Weihenstep­han gelernt, Thoma und Pohl haben Forstwirts­chaft studiert. Martin Pohl wuchs aber als Stadtkind in München auf und studierte zunächst Jura. Doch nach dem ersten Examen wollte er weg vom Papier – dem „toten Holz“, wie er es nennt. Sein neues Revier Straßberg ist ihm nicht unbekannt. Vier Jahren lang hat er schon im alten Forsthaus von Straßberg gewohnt und von dort aus das Revier Konradshof­en geleitet.

Und wenn er doch noch einen guten Rat braucht, wendet er sich an Franz Greiter. Einmal im Monat treffen sich die Jungförste­r in lockerer Runde mit dem Altmeister. „Das hilft dabei, dass man einen leichten Einstieg in die Arbeit findet“, sagt Andreas Thoma. Greiter hat sich inzwischen an den Ruhestand gewöhnt, aber: „Es wird nicht ruhig. Ich bin vollbeschä­ftigt.“Drei Enkel, das Angeln, der Garten, ein Jagdbezirk von 100 Hektar – so gestaltet er sein Pensionärs­leben. Die Leidenscha­ft für den Wald hat er weitervere­rbt. Sein Sohn ist Förster des Stadtwalds Bobingen.

Martin Pohl will nun Greiters Erbe in Straßberg gestalten: „Ich möchte hier auch meine Fußspuren hinterlass­en.“

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Foto: Veronika Lintner Die alten und neuen Förster von Straßberg: (von links) Martin Pohl, Franz Greiter und Andreas Thoma.

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