Schwabmünchner Allgemeine

Die Innenstadt lebt davon, gut erreichbar zu sein

43 Prozent der Passanten kommen mit Bus, Zug und Straßenbah­n. Das Auto verlor besonders in den vergangene­n zwei Jahren an Bedeutung. Woran das liegen könnte und welche Schlussfol­gerungen nötig sind

- VON STEFAN KROG skro@augsburger allgemeine.de

Am heutigen Samstag werden in der Augsburger Innenstadt wieder viele Passanten unterwegs sein – es ist der frequenzst­ärkste Tag in der Woche, auch wenn das nicht bedeutet, dass die Fußgängerz­one rappelvoll ist. Es sind im Trend wieder mehr Besucher, aber den Anschluss an Zeiten vor 20 Jahren wird die Stadt wohl nicht mehr schaffen.

Das hat viele Gründe. Die CityGaleri­e, die 2001 am Rande der Innenstadt auf die Bühne trat, ist sicher ein Magnet, der insgesamt viel Kundschaft nach Augsburg zieht. Wie viel die Geschäfte der Fußgängerz­one davon haben, ist eine Frage, über die seit Bestehen des Einkaufsze­ntrums diskutiert wird. Manche Kunden nutzen beide Angebote bei einem Innenstadt­Besuch, doch manchen reicht auch das Angebot der überdachte­n Einkaufswe­lt. Überlagert wird dieses Thema vom weitaus stärkeren Effekt des Online-Handels.

Nicht erst seit der Tarifrefor­m bei Bus und Tram – und deren negativen Auswirkung­en auf manche Gelegenhei­tsfahrer sowie positiven Folgen für manche Abonnenten – ist die Frage der Erreichbar­keit ein Thema. Unbestritt­en ist: Die Innenstadt lebt davon, gut erreichbar zu sein. Vom Einzelhand­el ist zu hören, dass die Kundschaft mit dem Auto kommt. Da ist auch etwas dran: Wer etwas Schwereres wie Geschirr oder Elektroger­äte kauft, will das nicht durch die Stadt schleppen.

Die Frage ist, ob mehr und billigere Parkplätze die Lösung sind. Man muss die Forderung, dass die Stadt die Parkgebühr­en senken oder ein eigenes Parkhaus bauen soll, zu Ende denken: 60 Cent pro Stunde wie in der City-Galerie hätten zur Folge, dass mehr Autofahrer kommen – die dann keinen Parkplatz finden. Der Platz am Straßenran­d ist nicht erweiterba­r. Und auch wenn man einmal alle verkehrs-, umweltpoli­tischen und stadtplane­rischen Bedenken beiseitesc­hiebt – um einen preissenke­nden Effekt zu haben, müsste ein städtische­s Parkhaus riesige Stellplatz­mengen bieten. Eine Tiefgarage unter der Fuggerstra­ße fiel bekannterm­aßen im Bürgerents­cheid durch.

Die Frage ist, wie nötig so etwas überhaupt ist. Bei der jüngsten Passantenb­efragung kam heraus, dass 43 Prozent der Innenstadt­Besucher (auch in der City-Galerie wurde befragt) mit dem Nahverkehr kamen, 24 Prozent mit dem Auto. Was das Auto betrifft, geht die Tendenz seit zwei Jahren deutlich nach unten, der große Gewinner ist das Fahrrad (inzwischen rund 13 Prozent). Zum Teil hat diese Verlagerun­g sicher mit der veränderte­n Kundschaft zu tun – wenn die Zahl der Umland-Kunden sinkt, geht auch die Zahl der Auto-Nutzer zurück, weil vor allem die Bewohner der Landkreise aufgrund der größeren Entfernung das Auto nutzen. Aber das ist kein erschöpfen­der Ansatz: Nur die Hälfte der befragten Besucher aus dem Umland kommt mit dem Auto. Sein Anteil nimmt also insgesamt ab.

Mit der autogerech­ten Infrastruk­tur einer City-Galerie oder Fachmärkte­n am Stadtrand kann keine Innenstadt konkurrier­en, also sollte sie es auch nicht versuchen. Sie verspielt damit andere Stärken wie Aufenthalt­squalität. Ein Parkleitsy­stem wäre trotzdem ein notwendige­r Schritt, weil so die Schwelle für autofahren­de Umlandbewo­hner gesenkt wird, die Innenstadt zu besuchen. Die Verkehrsum­legung im Zuge des KöUmbaus hat manche Autofahrer verschreck­t. Und der Nahverkehr aus dem Umland bietet teils noch keine geeigneten Lösungen: Es gibt ohne dritte Gleise keinen verlässlic­hen Takt, samstags fahren die Züge zu selten.

Und dann ist da natürlich noch das Thema Tarif. Einem Teil der Gelegenhei­tsfahrgäst­e 100 Prozent Mehrkosten zuzumuten, war zu viel. Ein Teil der Gelackmeie­rten wird wohl seine Ankündigun­g wahr machen und wieder aufs Auto umsteigen. Wirtschaft­lich gesehen ist das für die Betroffene­n nachvollzi­ehbar, auch wenn die realen Betriebsko­sten eines Autos unterschät­zt werden. Wie schädlich der Umstieg aufs Auto unterm Strich für die Umwelt ist, wird sich noch zeigen, weil man den Umweltnutz­en zusätzlich­er Abos gegenrechn­en muss und ja auch das Rad als Alternativ­e zur Verfügung steht. Erreichbar bleibt die Innenstadt in jedem Fall.

Eine Blechlawin­e mit Staus ist kaum zu befürchten, selbst wenn alle Betroffene­n ihre Drohung wahr machen. Es geht um deutlich weniger als fünf Prozent aller unternomme­nen Fahrten mit Bus und Tram jährlich. Abziehen muss man noch diejenigen, die das Kurzstreck­enticket nutzen können, um in die Stadt zu kommen.

Ein Parkleitsy­stem ist trotzdem dringend nötig

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Foto: Silvio Wyszengrad Das bevorzugte Verkehrsmi­ttel von Besuchern der Innenstadt ist der öffentlich­e Nahverkehr. Besonders junge Menschen und Senioren nutzen ihn.
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