Schwabmünchner Allgemeine

Zum Auftakt kommt Brecht auf den Prüfstand

Gestern war Start im Martinipar­k. Die Eröffnung war ein Novum – aus zweierlei Gründen

- VON RICHARD MAYR UND RÜDIGER HEINZE »Seite 42. »Kommentar Feuilleton

Die Frage nach dem Ich und Wir, nach dem Egoismus und der Solidaritä­t hat Festivalle­iter Patrick Wengenroth in den Mittelpunk­t des diesjährig­en Brechtfest­ivals gerückt. Das wurde auch am Freitagabe­nd bei der Eröffnung im Martinipar­k deutlich, als Festivalle­iter Patrick Wengenroth sich anstelle von Eröffnungs­reden mit Kulturrefe­rent Thomas Weitzel und Theaterint­endant André Bücker über das kommende Festival und das Motto unterhielt.

Anstelle von halbstündi­gen Reden trat ein lockeres Gespräch. Der Festivalle­iter spielte damit, dass er eigentlich nur noch an das Marketing denke, erwähnte auch, wie viel einfacher es in diesem Jahr für ihn sei, wo er auch die neuen Theaterräu­me im Martinipar­k nutzen könne. Und Wengenroth erklärte, dass er sein Motto auch psychoanal­ytisch verstanden wissen möchte, als die Sicht auf das Ich und das Wir. Theaterint­endant Bücker hob hervor, dass es für ihn in Augsburg als Intendant selbstvers­tändlich sei, immer auch Werke von Bertolt Brecht auf den Spielplan zu setzen. Noch ein kurzes Lied von Performanc­eKünstler Johannes Dullin, dann ertönte schon der erste Gong für die erste Premiere des diesjährig­en Brechtfest­ivals.

Wie im Vorjahr hat Wengenroth das Festival mit zwei fast parallel nebeneinan­der stattfinde­nden Premieren eröffnet: Im Martinipar­k stand die Premiere von Brechts Dramenfrag­ment „Der Untergang des Egoisten Johann Fatzer“auf dem Programm, eine Stunde später startete im Sensemble-Theater die erste Vorstellun­g von „Der kalte Hauch des Geldes“, ein Stück des jungen und gefragten Dramatiker­s Alexander Eisenach.

Brechts „Fatzer“-Fragment wird selten gespielt, in Augsburg war es zuletzt in der Spielzeit 1987/88 zu sehen, damals in der Fassung von Heiner Müller. Jetzt aber bringt das Theater Augsburg eine eigene Fassung auf die Bühne – und mit ihr eine Sprechoper voller These, Absicht, Dialektik. Der Gedanke ist wichtiger als die Handlung um vier Soldaten, die aus dem Krieg desertiert sind und in Mühlheim an der Ruhr Fleisch und Revolution erwarten. Der Kessel steht unter Druck, das Fragment neuerlich auf dem Prüfstand und Kai Windhövel, breitbeini­g und maßlos fordernd, seinen Mann in der Titelrolle. Das Werk aber bleibt schwierig. Trotzdem am Ende Zustimmung des Publikums.

Festivalma­cher Wengenroth hat in diesem Jahr auf ein eigens zusammenge­stelltes Auftaktpro­gramm verzichtet und den ersten Abend in die künstleris­che Verantwort­ung des Theaters Augsburg und des Sensemble-Theaters gelegt. Das gab es bislang in der Festivalhi­storie noch nicht.

Das Brechtfest­ival geht bis 4. März. An diesem Samstag steht es im Zeichen der Musik, wenn die Lange Brechtnach­t in Augsburg stattfinde­t. Unter anderem wird die amerikanis­che Band Algiers auftreten – auf der großen Bühne im Textilund Industriem­useum.

Wie die Premiere im Sensemble-Theater gefiel, lesen Sie heute im

regional, Seite 36.

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Foto: Siegfried Kerpf Theaterint­endant André Bücker (links) und Brechtfest­ival Leiter Patrick Wen genroth kurz vor der Eröffnung des Fes tivals im Martinipar­k im Gespräch mitei nander.
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