Wie Flüchtlinge in der Arbeitswelt ankommen
Meaza aus Eritrea absolviert eine Ausbildung im Lokal der Kresslesmühle. Einige hundert Menschen mit Fluchthintergrund haben wie sie 2017 eine Stelle angenommen. Für andere sieht die Situation nicht so gut aus
Meaza ist 35 und arbeitet in der Küche des Lokals Dreizehn in der Kresslesmühle. Sie bereitet heiße und kalte Getränke zu, hilft seit einigen Wochen im Service mit. Die Frau aus Eritrea ist ehrgeizig. Ihr Deutsch ist fließend, sie versteht viel und antwortet wohlüberlegt. In ihrem Heimatland hatte sie Agrarwissenschaften studiert, in den Semesterferien arbeitete sie in einer Restaurantküche.
Doch sie sah für sich keine Zukunft in dem Land, in dem Menschenrechtsverletztungen an der Tagesordnung sind. Die UN spricht von willkürlichen Verhaftungen und Tötungen. Seit 2014 ist Meaza in Augsburg, sie absolvierte zwei sechsmonatige Deutschkurse. Doch erst seit sie die Ausbildung im Lokal Dreizehn begonnen hat, fühlt sie sich auch richtig angekommen: „Alle sind sehr hilfsbereit und ich kann viele Fragen stellen, wenn ich etwas nicht weiß. Hier sind alle wie eine Familie für mich.“
Meaza absolviert eine zweijährige Ausbildung zur Fachkraft im Gastgewerbe. Sie ist eine von vielen Geflüchteten, die im vergangenen Jahr auf dem Augsburger Arbeitsmarkt Fuß fassen konnten. Der Großteil der in der Stadt lebenden Flüchtlinge ist mittlerweile anerkannt und damit in der Zuständigkeit des Jobcenters. Die Förderung sieht folgenden Ablauf vor: Nachdem die Männer und Frauen Integrationskurse besucht haben, erwerben sie individuelle Fähigkeiten durch vom Jobcenter vermittelte Maßnahmen. Das kann beispielsweise eine Qualifizierung oder eine Ausbildung sein. „2017 wurden vom Jobcenter insgesamt 283 Integrationsmaßnahmen für Personen mit Fluchthintergrund durchgeführt. Daneben konnten über 700 dieser Menschen in den ersten Arbeitsmarkt integriert werden“, sagt Ordnungsreferent Dirk Wurm (SPD). Ein Drittel der Geflüchteten habe eine Stelle im Bereich Lager und Logistik gefunden, des Weiteren arbeiten viele bei Personaldienstleistern sowie im Hotelund Gaststättenbereich, erläutert die Agentur für Arbeit in Augsburg.
Für Meaza ist es wichtig, zur Arbeit oder in die Berufsschule gehen zu können. „Wenn du nicht arbeitest, dann kannst du dich auch nicht integrieren“, sagt sie. Die schlimmste Zeit in Deutschland war für sie, als sie in der Unterkunft wohnte und nur einen Kurs besuchte. „Ich bin zum Unterricht, dann zum Supermarkt und dann nach Hause. Ich kannte niemanden und hatte keine anderen Möglichkeiten“, erinnert sie sich. Meaza teilt sich seit November mit vier weiteren Geflüchteten eine Wohnung im Souterrain eines Hauses in der Ulmer Straße. Bei der Frau aus dem Nordosten Afrikas hat in den vergangenen Monaten vieles geklappt.
Im Allgemeinen Ausschuss des Augsburger Stadtrates wurde im Oktober ein Angebot diskutiert, das sich an junge Menschen richten soll- te, die von diesen Maßnahmen nicht erreicht werden. „Die Zielgruppe sind junge Menschen, neben Geflüchteten auch andere Jugendliche. Es soll verhindert werden, dass junge Menschen ohne Aussicht auf Zugang zum Arbeitsmarkt sich in eine Situation der Perspektivlosigkeit gedrängt sehen, die zu Frust und in Einzelfällen zu Radikalisierung und Konflikten im öffentlichen Raum führen kann“, erklärt Dirk Wurm. Als Beispiel wurden vor einigen Monaten Helfertätigkeiten bei der Pflege von Grünanlagen, Schulen oder Sportanlagen genannt. Doch bislang ist es zu keinem Einsatz in diesem Bereich gekommen.
Für Geflüchtete besteht zwar die Möglichkeit, gemeinnützige Beschäftigungen in und außerhalb der Unterkünfte anzunehmen. Wurm: „In der Praxis nimmt die Bedeutung dieser Maßnahmen aber eher ab, weil einerseits die Zahl der potenziellen Teilnehmer mit der zunehmenden Zahl an Anerkennungen zurückgeht, und andererseits Geflüchtete aus sicheren Herkunftsländern nicht an den Maßnahmen teilnehmen dürfen.“Wurm verweist auf weitere Bemühungen der Stadt. So wird von der Agentur für Arbeit, dem Jobcenter Augsburg-Stadt und dem Amt für Kinder, Jugend und Familie ein Konzept für Jugendliche ausgearbeitet, die keinen Zugang zu Maßnahmen des Jobcenters haben. Im Mai soll es im Jugendhilfeausschuss vorgestellt werden.
Meaza wird in den kommenden Monaten noch einiges dazulernen: Organisation, Buchhaltung, Wareneinkauf und Lagerhaltung stehen auf dem Programm. Ihre Duldung läuft bis 2019, ihre Zukunft sieht sie in Augsburg. „Ich würde gerne danach noch eine Ausbildung zur Köchin machen.“
Wer nicht arbeitet, kann sich nicht so leicht integrieren