Verwitterte Steine haben manchmal viel zu erzählen
Der Hobbyhistoriker Thomas Pfundner sucht nach alten Grenzverläufen. Das ist Detektivarbeit
Bröselig, unlesbar und von Moos überwuchert – kann das weg? Eher nicht, denn für die Erforschung der Regionalgeschichte sind die verwitterten Grenzsteine unschätzbare Zeugen, auch wenn viele von ihnen inzwischen im Lapidarium in Schwabmünchen und nicht mehr an ihrem Ursprungsort in freier Natur zu sehen sind. Die oft am Wegrand wachenden Steine aus Kalktuff, Sandstein oder Füssener Marmor zeigen die Rechtsräume der Vergangenheit.
Für den Heimatforscher und Pfarrer Thomas Pfundner können sie nicht genug Patina haben. Er spürte bis heute 800 Grenzsteine zwischen Ries und Allgäu auf. Ihn interessiert das unwegsame Gelände. Seine Fundstücke gleicht er mit Material des Augsburger Geodaten- amtes, mit Zeitgenössischem aus dem Hauptstaatsarchiv, mit neuzeitlichen Kartierungen der reichsstädtischen Landesgrenzen Augsburgs und mit dem ersten Kataster von 1818 ab, um die zahlreichen Grenzverläufe in Schwaben rekonstruieren zu können. Sein ältester Fund trug die Jahreszahl 1505 und steht in Haunstetten. Wie er in seinem Vortrag „Historische Grenzsteine in und um Augsburg“im Stadtarchiv erläutert, steht der verwitterte Stein beim Kleingartenweg und markiert die alte Grenze zwischen dem Ministaat Reichsstift St. Ulrich und Afra und dem Herzogtum Bayern. Vor allem im Süden Augsburgs wurden Steine gesetzt, 18 Stück zwischen Mandichosee und Sieben-Tisch-Wald. Hier trafen die Grenzen des bayerischen Herzogtums, des Reichsstifts und der Reichsstadt aufeinander.
Besonders Augsburg und sein Umland war bis zum Ende des „Alten Reiches“, wie das Heilige Römische Reich deutscher Nation auch genannt wird, ein Flickenteppich. Land, Wälder und Dörfer waren aufgeteilt zwischen den Macht- und Rechtssystemen von Domkapitel, Reichsstadt, Reichsstift St. Ulrich und Afra und dem Hochstift Augsburg, dem weltlichen Herrschaftsbereich der Fürstbischöfe.