Juristin scheitert beim Kampf gegen Kopftuchverbot
Die Augsburgerin Aqilah S. erhielt für ihr Referendariat eine spezielle Auflage. Der Fall beschäftigte erneut ein Gericht
Aqilah S. trägt ein schwarzes Kopftuch, als sie in den Gerichtssaal geht. Die Augsburger Juristin ist Muslima, das Kopftuch trägt sie aus religiöser Überzeugung. Hier, im Bayerischen Verwaltungsgerichtshof in München, tritt sie als Klägerin gegen den Freistaat auf. Und um das schwarze Kleidungsstück geht es – konkret um die Frage, wann Aqilah S. es in Gerichtssälen tragen darf.
Oder tragen durfte. Bevor sie 2014 ihr Referendariat beginnen konnte, hatte die damals 24-Jährige eine E-Mail des Oberlandesgerichtes erhalten. Im juristischen Vorbereitungsdienst, so stand da drin, dürfe sie bei Auftritten „mit Außenwirkung“kein Kopftuch tragen. Das hieß im Klartext: Sie durfte während der Ausbildung keine Zeugen in Zivilverfahren vernehmen, im Gegensatz zu anderen Juristen, die ein Referendariat absolvieren. Sie durfte keine Sitzungsdienste der Staatsanwaltschaft übernehmen. Zumindest nicht mit Kopftuch. Es gehe um das „Vertrauen in die religiös-weltanschauliche Neutralität der Dienstausübung“, hieß es.
Eine Entscheidung, die Aqilah S. nicht akzeptieren wollte. Sie fühlte sich diskriminiert und klagte schließlich. Das Augsburger Verwaltungsgericht entschied im Juni 2016: Die Juristin hatte recht. Eine Rechtsgrundlage, so urteilte das Gericht, habe es für die Auflage nicht gegeben. Sie sei rechtswidrig gewesen. Die nächste Instanz, der Verwaltungsgerichtshof, sah es anders. Der Senat entschied gestern, die Klage abzuweisen.
Inhaltlich befasste sich das Gericht im Urteil allerdings nicht groß mit der Frage, ob es damals rechtens gewesen war, Aqilah S. die Auflage zu machen. Es erklärte schon die Klage an sich für unzulässig. Die Begründung dazu lässt sich grob wie folgt zusammenfassen: Am Ende des Vorbereitungsdienstes, als Aqilah S. keine „Auftritte mit Außenwirkung“im Referendariat mehr absolvieren konnte, wurde die Auflage aufgehoben. Es handele sich also um einen an sich erledigten Streitgegenstand, so das Gericht. Das damalige Verbot wirke für die Klägerin nicht bis heute fort, es sei kein gravierender Eingriff in ihre Grundrechte. Die Bedingungen für eine sogenannte „Fortsetzungsfeststellungsklage“seien nicht erfüllt. Mit der Auflage sei auch keine Diskriminierung verbunden gewesen.
Da die Klage bereits unzulässig sei, komme es auf die Frage, ob es eine ausreichende Rechtsgrundlage für die damalige Auflage gab, nicht mehr an, sagte der Vorsitzende des Senats. Aqilah S. hat mittlerweile ihr zweites Staatsexamen abgeschlossen und arbeitet als wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Augsburger Universität. Sie zeigte sich von dem Urteil enttäuscht. Das Gericht habe „sich gedrückt“, sagte sie. Gegen die Entscheidung könnte sie theoretisch noch Rechtsmittel einreichen, Beschwerde dagegen einlegen, dass die Richter eine Revision des Urteils nicht zuließen. Sie müsse nun mit ihrem Anwalt prüfen, ob man das mache, sagte sie. Während der Verhandlung hatte sie betont, es sei ihr nicht leicht gefallen, zu klagen; sie habe vorher versucht, eine einvernehmliche Lösung zu finden.
Justizminister Winfried Bausback bezeichnete das Urteil als „erfreulich“. Es werde auch künftig keine Rechtsreferendarinnen geben, die bei hoheitlichen Tätigkeiten ein Kopftuch tragen. Tatsächlich wird in Bayern am 1. April ein neues Gesetz in Kraft treten. Darin ist nun explizit festgehalten, dass Richter, Staatsanwälte, aber auch Rechtsreferendare „keine sichtbaren religiös oder weltanschaulich geprägten Symbole oder Kleidungsstücke tragen“dürfen, die Zweifel an ihrer Unabhängigkeit, Neutralität oder ausschließlichen Bindung an Recht und Gesetz hervorrufen können.