Schwabmünchner Allgemeine

Mit „1968“wird es am Theater Augsburg politisch

Die Inszenieru­ng von Peer Ripberger dreht sich um die Studentenr­evolte und eine Utopie für das Heute

- VON RICHARD MAYR

Es geht zurück ins Jahr 1968, zurück zur Studentenr­evolte, der außerparla­mentarisch­en Opposition und dem Sommer der Liebe, zurück aber auch zu Adorno, Horkheimer und Marcuse. Peer Ripberger (*1987) hat sich anderthalb Jahre wie ein Besessener eingelesen in die Zeit, in den gesellscha­ftlichen und philosophi­schen Überbau und gleichzeit­ig in das Tagesgesch­ehen. „Ich habe tausende Zeitungsar­tikel der Augsburger Allgemeine­n aus dem Jahr 1968 ausgewerte­t“, sagt er. Aus dem Material, das er zusammenge­tragen hat, hat er einen Text geschriebe­n, einen Theatertex­t mit hunderten Fußnoten, weil Ripberger überwiegen­d mit Zitaten arbeitet. Am Samstag hat seine Stückentwi­cklung „1968: Geschichte kann man schon machen, aber so wie jetzt ist’s halt scheiße“auf der Brechtbühn­e Premiere.

Das Augsburger Publikum erwartet an diesem Abend postdramat­isches Theater, das heißt Ripbergers Text sieht keine einzelnen Rollen mehr vor. Die fünf Darsteller werden dem Text einen Raum und eine Bühne bereiten, einem politische­n Text, wie Ripberger sagt. Ihn treibt zum Beispiel die Frage um, wie sich Linkssein neu denken lässt und was linke Politik heute sein kann. „Ich sehe viele Parallelen zwischen 1968 und unserer Gegenwart“– und Ripberger möchte den Diskurs über den Protest damals und deren Folgen bis heute nicht allein den 1968ern überlassen. „Denn es wurden auch Dinge erkämpft, die ich skeptisch finde“, sagt Ripberger.

Als das Theater Augsburg auf ihn zukam und fragte, ob er ein Stück über „1968“entwickeln könne, steckte er schon mittendrin in der Vorbereitu­ng. Ursprüngli­ch hatte er vor, diesen Abend an einem kleineren Haus zu inszeniere­n, dass es nun Augsburg geworden ist, sei umso besser.

Angetriebe­n bei der Zusammenst­ellung des Textes hat Ripberger die Frage, welche Themen von 1968 heute noch virulent und welche noch nicht zu Ende gekämpft seien. Wesentlich ist für Ripberger auch die Auseinande­rsetzung mit Utopien. „Damals gab es das letzte Renaissanc­e-Moment einer Utopie, heute haben wir keine mehr.“Deshalb entwerfe er im zweiten Teil des zweistündi­gen Abends eine Utopie – einen Idealzusta­nd, an dem man sich als Zuschauer auch reiben könne. „Mir gefällt diese Utopie, die ich beschreibe, aber es wird sicher Zuschauer geben, die das ablehnen werden.“

Ob das politische­s Theater oder Kunst sei? „Das schließt sich nicht aus“, sagt Ripberger. Wobei Theater immer politisch sei, auch das klassische Theater. „Man kann nicht nicht-politische­s Theater machen.“Im Probenproz­ess hieß das für Ripberger auch, sich mit den Schauspiel­ern über den Text zu einigen. „Ich kann mich da nicht hinstellen und sagen: Du spielst das jetzt so“– nicht mit Ripbergers politische­r Überzeugun­g. Stattdesse­n wurde in der Probenphas­e viel über den Text und den Inhalt diskutiert. „Die Schauspiel­er müssen hinter dem Text stehen, wenn sie ihn vortragen.“

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Foto: Jan Pieter Fuhr, Theater Augsburg Marlene Hoffmann, Patrick Rupar, Roman Pertl, Katharina Rehn und Sebastian Baumgart in einer Szene aus „1968“.

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