Schwabmünchner Allgemeine

Kinder als kaltblütig­e Killer Roberto Saviano

In seinem ersten Roman führt der Mafia-Kenner an die Basis der Clans

- Roberto Saviano: Der Clan der Kinder

Aus dem Italieni schen von Annette Kopetzki, Hanser, 416 S., 24 ¤

Er hat es wieder getan. Er hat Worte abgeschoss­en und eine neue, wieder schier unglaublic­he Geschichte über die neapolitan­ische Mafia, die Camorra, erzählt. Wie gewohnt mit Wucht und Gänsehautf­aktor. Mit „Der Clan der Kinder“zeigt Starautor Roberto Saviano erneut, dass seine Berichte aus der verborgene­n und rätselhaft­en Welt der Mafia immer wieder spannend sind und auch, weshalb das Organisier­te Verbrechen ihn hasst und am liebsten beseitigen würde: Er weiß und redet zu viel.

Zum ersten Mal hat Saviano nun einen Roman geschriebe­n. Auch wenn die Figuren fiktiv sind, so ist das Buch nicht weniger ergreifend als die Sachbücher des 39-jährigen Autors. Saviano kann in seiner spannenden Erzählung auf einen reichen Erfahrungs­schatz zurückgrei­fen, den er im Vorfeld seines CamorraBes­tsellers „Gomorrha“undercover in Neapel gesammelt hatte. Er kennt junge wie alte Mafiosi, weiß, wie diese ticken. Einem anderen Autoren hätte man die Geschichte um den Clan des Teenagers Nicolas vielleicht nicht so einfach abgenommen, zu irre klingen manche Schilderun­gen von den bewaffnete­n Halbstarke­n, die aus Gier nach Anerkennun­g und schnellem Geld zu Killern werden. Saviano glaubt man den Plot aber sofort. Das mag nicht nur an seiner eigenen Biografie liegen, sondern auch an der authentisc­hen Sprache.

Nicolas ist der Sohn eines Sportlehre­rs und einer Wäschereib­esitzerin und ist fasziniert von der Macht und dem Reichtum der Clans. Seine Eltern haben mit der Camorra nichts am Hut und sehen ohnmächtig zu, wie ihr Sohn ihnen langsam entgleitet. Die Ohren und Fangarme der Mafia lauern überall. Über einen Freund bekommt Nicolas Kontakt zu einer Mafiasippe seines Viertels – und fortan begleitet ihn der Leser bei seiner Karriere in der Camorra. Es lässt einen frösteln, was Nicolas und seine Freunde bereit sind, für ein neues Paar Turnschuhe oder etwas Anerkennun­g zu tun. Schnell ist klar: Nicolas will kein einfacher minderjähr­iger Handlanger eines Bosses sein, von denen es in Neapel unzählige zu geben scheint, die auf Motorrolle­rn durch die Stadt rasen und nicht einmal mit der Wimper zucken, wenn sie einen Kinderwage­n umfahren. „Treten, rempeln, rennen. Schnell, rotzfrech, rüpelhaft, gewalttäti­g. So ist es, ein anderes Verhalten gibt es nicht.“

Weil er niemandem gehören will, beschließt Nicolas also, seine eigene

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