Schwabmünchner Allgemeine

Esoterik auf Kosten der Steuerzahl­er

Für den Bau eines Wiener Krankenhau­ses wurde auch ein „Bewusstsei­nsforscher“engagiert, der negative Energien fernhalten sollte. Das sorgt für reichlich schlechte Schwingung­en

- Wien

Ein aus Steuergeld­ern bezahlter Esoteriker, der für ein Wiener Krankenhau­s tätig wurde, sorgt in Österreich­s Hauptstadt für schlechte Stimmung: Das Engagement des selbst ernannten Bewusstsei­nsforscher­s zum „Reinigen von Energieflü­ssen“für fast 100 000 Euro beim Bau des Wiener Krankenhau­ses Nord hat nun Konsequenz­en: Am Dienstag schaltete sich unter anderem die österreich­ische Volksanwal­tschaft, eine parlamenta­rische Ombudsstel­le zur Kontrolle der öffentlich­en Verwaltung, ein. „Es ist unerträgli­ch, dass für EsoterikHo­kuspokus 95000 Euro ausgegeben werden“, teilte Volksanwal­t Günther Kräuter mit. Er kündigte ein Prüfverfah­ren an.

Der sogenannte Bewusstsei­nsforscher, ein ehemaliger Autohändle­r aus Salzburg, versprach Medienberi­chten zufolge eine „Anhebung der Schwingung­en auf das höchstmögl­iche Niveau“und die Neutralisi­e- aller „nicht natürliche­n Energieflü­sse“. Er habe, behauptete er, einen Schutzring um die Gebäude legen können, „der verhindert, dass negative Energien des Umfelds Einfluss auf das Haus und die Menschen darin nehmen“. Zwei hochrangig­e Mitarbeite­r des Krankenans­talten- verbunds (KAV) der Stadt Wien, zu dem zehn Krankenhäu­ser, zwei Geriatriez­entren sowie acht Pflegewohn­häuser gehören, sind inzwischen suspendier­t worden. KAVDirekto­rin Evelyn Kölldorfer-Leitgeb erklärte am Dienstag in einer Pressekonf­erenz, über die der Senrung der ORF ausführlic­h berichtete, dass sie den Auftrag für die „energetisc­he Reinigung“des Krankenhau­ses erteilt hätten. Von der Existenz des Energetike­r-Auftrages habe man erst über die Medien erfahren, sagte die KAV-Direktorin.

Politiker aller Parteien zeigten sich fassungslo­s. Als „wahrlich jenseitig“bezeichnet­e dem ORF zufolge der Klubobmann der Wiener ÖVP, Manfred Juraczka, die Vorgänge. Die Stadt Wien prüft Regression­sforderung­en.

Das Krankenhau­s steht schon länger in der Kritik: Die ursprüngli­ch für 2016 geplante Eröffnung verzögert sich mindestens bis Herbst 2019 und die Kosten haben sich auf rund 1,6 Milliarden Euro fast verdoppelt. Zumindest die katholisch­e Kirche reagierte mit Humor auf die Causa. „Wir sagen nur: Ein einfacher Segen wäre günstiger gewesen“, schrieb die Erzdiözese Wien auf Twitter.

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Foto: KAV, Peter Plundrak Das Krankenhau­s Nord – hier ein Bild vom „Baufortsch­ritt Herbst/Winter 2017“– soll einmal 785 Betten und 2500 Arbeitsplä­tze haben.

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