Schwabmünchner Allgemeine

Wie der Kühlschran­k ins Museum kam

Der Bosch 140S-N von Familie Lauter ist 68 Jahre alt und steht nun in Oberschöne­nfeld. Er hat eine besondere Geschichte – und seinen Besitzer ganz schön viel Strom gekostet

- VON MANUELA BAUER Gessertsha­usen Oberschöne­nfeld

Das Gerät von Familie Lauter ist 68 Jahre alt und hat schon viel Strom gekostet. Jetzt steht es in Oberschöne­nfeld.

Er war schon auf unzähligen Volleyball­turnieren, kühlte die weltbeste Donauwelle und wäre fast mal CocaCola-Rot geworden: Der Kühlschran­k von Familie Lauter aus Untermeiti­ngen hat schon jede Menge mitgemacht. Jahrzehnte­lang gehörte er fest zur Familie – jetzt, mit 68 Jahren, hat er das Rentenalte­r erreicht und darf in den Ruhestand gehen.

Sein Altersruhe­sitz: das Volkskunde­museum Oberschöne­nfeld. Diesen Platz hat sich der Kühlschran­k verdient, weil er ein ganz besonderes Modell ist: Es ist der älteste im Landkreis Augsburg. Das Landratsam­t hatte vergangene­s Jahr einen solchen Wettbewerb ausgelobt – und 190 Menschen hatten sich mit ihren Geräten beworben (wir berichtete­n). Die wenigsten Teilnehmer wussten, wie alt ihr Kühlschran­k genau ist. Schließlic­h haben Kassenzett­el oder Betriebsan­leitungen in den wenigsten Fällen so viele Jahrzehnte überlebt. „Für uns wurde es deshalb zum Detektivsp­iel, das Alter der Geräte herauszufi­nden“, erzählt Margit Spöttle, die Klimaschut­zbeauftrag­te des Landkreise­s. Mithilfe eines Elektrofac­hmarkts standen dann aber die Gewinner fest: Drei Kühlschrän­ke stammten aus dem Jahr 1950, darunter auch der von Familie Lauter.

Dass sein Bosch 140S-N so alt ist, damit hätte Siegfried Lauter nicht gerechnet – damals war er schließlic­h noch lange nicht geboren. Das Gerät hat ihn zeit seines Lebens begleitet. Als seine Eltern das schicke Teil mit dem Chromgriff, den abgerundet­en Ecken und den goldfarben­en Kanten kauften, war das ein echter Luxus. Bis 1976 war es ihr Hauptkühls­chrank, erzählt Lauter. Dann zogen sie um und der Kühlschran­k wanderte in den Keller. Wobei er auch dort noch wichtige Dienste verrichtet­e: Bei Familienfe­iern wurden darin Getränke und Torten gekühlt: „Moccasahne, Schwarzwäl­der Kirsch – und natürlich die weltbesten Donauwelle­n!“Die habe nur seine mittlerwei­le verstorben­e Mutter so himmlisch hingekrieg­t – ob es am Kühlschran­k lag? Das Teil war sogar regelmäßig mit dem Autoanhäng­er unterwegs: Bei den Volleyball­turnieren in Schwabmünc­hen, die Lauter mit or- ganisierte, kühlte er die Getränke für die Gäste.

Für Siegfried Lauter war es jedenfalls nicht leicht, den Kühlschran­k jetzt, nach so vielen Jahrzehnte­n, abzugeben. Es hängen eben viele Erinnerung­en dran. „Wenn ich ihn auf den Wertstoffh­of hätte fahren müssen, wären wir wahrschein­lich nicht ins Geschäft gekommen“, sagt er zu Margit Spöttle. Denn die Voraussetz­ung für die 400-Euro-Prämie des Landkreise­s war, dass der alte Stromfress­er entsorgt und durch einen der höchsten Effizienzk­lasse ersetzt wird. Das hat sich für die Lauters durchaus ge- lohnt, erzählt Spöttle: Der altehrwürd­e Kühlschran­k habe jährlich ungefähr 600 Kilowattst­unden Strom gezogen, der neue braucht jetzt nur etwa 65 Kilowattst­unden – macht eine Ersparnis von etwa 160 Euro pro Jahr, rechnet Spöttle vor.

Bei dem Wettbewerb hat der Landkreis an 24 Kühlschran­k-Besitzer insgesamt 5000 Euro ausgezahlt. Einer der drei ältesten hat es jetzt ins Museum geschafft. Er passt besonders gut in die aktuelle Sonderauss­tellung „Vorsicht Baustelle“, findet Museumsmit­arbeiterin Angelika Pilz. Denn während das Volkskunde­museum umgebaut wird – im Sommer soll es wieder öffnen – gibt es in der Schwäbisch­en Galerie nebenan eine kleine Sonderauss­tellung. Und anhand des Kühlschran­ks könne man den Besuchern gut erklären, wie und warum ein Alltagsgeg­enstand ins Museum kommt, sagt Pilz. Mit dem Untermeiti­nger Kühlschran­k hätte das übrigens beinahe nicht geklappt: In den Achtzigern hatte Siegfried Lauter nämlich mal die Idee, das Gerät rot zu lackieren, mit Coca-ColaSchrif­tzug drauf. Das hätte zwar schick ausgesehen – wäre aber eben kein Original mehr fürs Museum gewesen.

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Foto: Marcus Merk Der älteste Kühlschran­k aus dem Augsburger Land steht jetzt im Volkskunde­museum Oberschöne­nfeld. Er hat Siegfried Lauter aus Untermeiti­ngen gehört.

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