Schwabmünchner Allgemeine

Hotel gekauft und nie bezahlt

Warum ein italienisc­her Pizzabäcke­r jetzt womöglich sein Grundstück am Golf von Neapel verkaufen muss

- VON PETER RICHTER Augsburg

Für ein Hotel war der Name Via Claudia, an der Stadtgrenz­e zwischen Gersthofen und Augsburg gelegen, gut gewählt. Denn die Via Claudia Augusta war eine der wichtigste­n Römerstraß­en, die von Norditalie­n über die Alpen bis an die Donau führte. Inzwischen wird das Drei-Sterne-Hotel unter dem Namen „Asgard“geführt, hat seit 2017 einen neuen Eigentümer und wurde komplett neu gestaltet.

Einen Blick in die Geschichte des Hauses aber lieferte gestern nochmals ein Prozess vorm Amtsgerich­t. Ein italienisc­her Gastwirt und seine deutsche Lebensgefä­hrtin hatten zuvor das Hotel mit seinen 90 Zimmern zwei Jahre lang betrieben. Illegal, wie gestern öffentlich wurde. Der 57-Jährige, gelernter Pizzabäcke­r, hatte im April 2012 das Hotel erworben, war aber den Kaufpreis von 2,8 Millionen Euro schuldig geblieben. Als zehn Monate später ein Gerichtsvo­llzieher zur Zwangsvoll­streckung und Herausgabe kam, hatte der Gastronom das Hotel bereits weiterverk­auft. An eine GmbH, deren Alleingese­llschafter­in seine Geliebte war. Bis zur Schließung des Hotels 2014 trat die damals 28-Jährige öffentlich als Inhaberin und Geschäftsf­ührerin auf.

Das Paar – Eltern einer Tochter, aber inzwischen getrennt lebend – sah sich gestern vor Gericht wieder. Die Anklage warf ihnen „nur“versuchten Betrug vor, weil das „Via Claudia“nach der Schließung wieder in den Besitz der früheren Eigentümer gelangt war, einer in Aystetten wohnenden Familie. Das Urteil in dem auf drei Verhandlun­gstage angesetzte­n Verfahren fiel gleich am ersten Prozesstag: Ein Schöffenge­richt unter Vorsitz von Julian Küffer verurteilt­e den Gastronome­n zu einer Haftstrafe von fast zwei Jahren, die zur Bewährung ausgesetzt ist. Der 57-Jährige muss trotz einer Schadenshö­he von rund einer halben Million Euro nicht ins Gefängnis, was er seinem Geständnis verdankt. Er profitiert­e damit von einem „Deal“, den die Verteidige­r Walter Rubach und Wilhelm Seitz mit Gericht und Staatsanwa­ltschaft ausgehande­lt hatten. Die heute 33 Jahre alte Partnerin kam mit einer Geldstrafe von 2800 Euro davon. Auch sie ist damit vorbestraf­t. Die Alleinerzi­ehende betreibt nach eigenen Angaben in MünchenGrü­nwald ein kleines Café. Das Gericht verurteilt­e beide, weil dem Verkäufer durch die entgangene Nutzung des Hotels, hätte er es statt des „Verkaufs“verpachtet, mehr als 400000 Euro an Pachtzins entgangen sind. Ein vom Gericht gehörter Gutachter für Hotel- und Gaststätte­nbetriebe hat diese Summe errechnet. Und die steht dem Eigentümer auch zivilrecht­lich zu. Im Strafurtei­l wird dem Italiener zur Auflage gemacht, dem früheren Hotelbesit­zer 100000 Euro als Entschädig­ung zu zahlen, in halbjährli­chen Raten von 20000 Euro. Dazu wird er sich eventuell von einem Grundstück trennen müssen, das am Meer südlich von Neapel liegt. Als er und seine Lebensgefä­hrtin beim Amtsgerich­t Insolvenz beantragte­n, hatte er diesen Besitz und ein Bankkonto verschwieg­en. Die Anklage, eine falsche eidesstatt­liche Versicheru­ng abgegeben zu haben, wurde vom Gericht vorläufig eingestell­t. Wie der 57-Jährige sagte, verdiene er seinen Lebensunte­rhalt heute als Angestellt­er in einer Pizzeria.

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