Schwabmünchner Allgemeine

Wenn Kunst in Container geworfen wird

- VON RICHARD MAYR rim@augsburger allgemeine.de

Neulich hat ein Freund ein Foto geschickt: Der Betreff lautete „20 Jahre Einsamkeit“. Zu sehen war ein gigantisch großer Müllcontai­ner, gefüllt mit dem, was sich in 20 Jahren in einer großen Fabrikhall­e angesammel­t hat. Die Halle, sie steht in Düsseldorf, sie könnte aber auch in Augsburg oder anderswo stehen, teilten sich Künstler als Gemeinscha­ftsatelier. Nun stand vor der Halle ein riesiger Container, voll zerstörter Kunst: ein unheimlich­er Anblick.

Grund war, dass die alte Halle auf Vordermann gebracht und teuer vermietet werden sollte. Als die Stahlwerke zumachten, kamen die Künstler als Erste auf das Industriea­real, jetzt müssen sie gehen, weil dort Fitness-Studios, kleine Firmen, ein Messegelän­de, Werbeagent­uren, ein Reifenverk­äufer die meisten Räume nutzen.

So etwas hätte auch einer Ateliergem­einschaft in Augsburg passieren können. Zur Schattense­ite des boomenden Immobilien­markts gehören anscheinen­d auch Müllcontai­ner voller Kunst. Denn überall dort, wo es boomt, wird es für Künstler immer schwierige­r, erschwingl­iche Atelierräu­me zu finden.

Was es heißt, Kunst wegzuschme­ißen, hat der Freund plastisch beschriebe­n: „In der Halle 5 haben circa 40 Künstler über die Jahre gearbeitet. Die meisten sind irgendwann abgehauen und haben ihre Reste dort stehengela­ssen. Die Reste habe ich in den letzten drei Wochen zersägt und zum Container geschleppt. Das war deprimiere­nd. Die ganze Quälerei landet in der Tonne.“ ***

„Intermezzo“ist unsere KulturKolu­mne, in der Redakteure der Kultur- und Journal-Redaktion schreiben, was ihnen die Woche über aufgefalle­n ist.

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