Wenn Kunst in Container geworfen wird
Neulich hat ein Freund ein Foto geschickt: Der Betreff lautete „20 Jahre Einsamkeit“. Zu sehen war ein gigantisch großer Müllcontainer, gefüllt mit dem, was sich in 20 Jahren in einer großen Fabrikhalle angesammelt hat. Die Halle, sie steht in Düsseldorf, sie könnte aber auch in Augsburg oder anderswo stehen, teilten sich Künstler als Gemeinschaftsatelier. Nun stand vor der Halle ein riesiger Container, voll zerstörter Kunst: ein unheimlicher Anblick.
Grund war, dass die alte Halle auf Vordermann gebracht und teuer vermietet werden sollte. Als die Stahlwerke zumachten, kamen die Künstler als Erste auf das Industrieareal, jetzt müssen sie gehen, weil dort Fitness-Studios, kleine Firmen, ein Messegelände, Werbeagenturen, ein Reifenverkäufer die meisten Räume nutzen.
So etwas hätte auch einer Ateliergemeinschaft in Augsburg passieren können. Zur Schattenseite des boomenden Immobilienmarkts gehören anscheinend auch Müllcontainer voller Kunst. Denn überall dort, wo es boomt, wird es für Künstler immer schwieriger, erschwingliche Atelierräume zu finden.
Was es heißt, Kunst wegzuschmeißen, hat der Freund plastisch beschrieben: „In der Halle 5 haben circa 40 Künstler über die Jahre gearbeitet. Die meisten sind irgendwann abgehauen und haben ihre Reste dort stehengelassen. Die Reste habe ich in den letzten drei Wochen zersägt und zum Container geschleppt. Das war deprimierend. Die ganze Quälerei landet in der Tonne.“ ***
„Intermezzo“ist unsere KulturKolumne, in der Redakteure der Kultur- und Journal-Redaktion schreiben, was ihnen die Woche über aufgefallen ist.