Ein Besuch beim schwarzen Hasen
Familie Kürzinger züchtet Kaninchen in den ausgefallensten Farben. Das Hobby hat Tücken. Diesmal ist an Ostern Schluss mit der Feiertagsruhe im Stall
Alaska ist wunderschön und schwarz. Wie bitte? Warum nicht weiß, sondern schwarz? Besucher sind oft verwirrt, wenn Toni Kürzinger anfängt, von Alaska zu erzählen. Denn der Augsburger redet nicht über den eisigen weißen Bundesstaat im Norden der USA. Toni Kürzinger, 26, spricht von seinen Hasen. Er ist Kaninchenzüchter. Und bei Alaska kommt er immer ins Schwärmen.
Alaska ist in diesem Fall eine Kaninchenrasse. „Der Name hat mit dem Polarfuchs zu tun“, erklärt Kürzinger. Ein Teil der Füchse, die auch in Alaska vorkommen, hat ein blauschwarzes Fell. Ähnlich ist es bei den Alaska-Kaninchen. Ihr Fell ist auf den ersten Blick schwarz. Aber wenn man sanft in die Haare hinein pustet, kommt weiter innen ein interessanter dunkelblauer Farbton zum Vorschein.
Toni Kürzinger liebt seine Alaska-Kaninchen, aber nicht nur wegen ihrer Farbe, auch wegen ihres Charakters. „Sie haben mir schon immer gefallen, weil sie auch ruhig und anschmiegsam sind“, erzählt er. Als Züchter hatte er mit dieser Rasse schon schöne Erfolge. Er bringt die unterschiedlichsten Pokale mit nach Hause, von Kreiswettbewerben genauso wie aus der „Bundesliga“. Hasenzüchter vermutet man heute eher im ländlichen Raum, aber nicht unbedingt in einer Großstadt wie Augsburg.
Doch auch in Augsburg sind es durchaus noch einige. Bei den Kürzingers gehört dieses Hobby schon seit vier Generationen zur Familientradition. Die Leidenschaft für Kaninchen hat sich sozusagen vererbt – vom Großvater auf den Vater und dann weiter auf den Sohn und den Enkel. Die Ausgangslage für dieses Hobby hat sich in den vergangenen Jahrzehnten allerdings stark verändert.
Oma Hilde Kürzinger erinnert sich noch, wie sie 1956 nach Pfersee zog. Damals, in der Nachkriegszeit, stand für viele Menschen Fleisch noch nicht so häufig auf dem Speiseplan wie heute. „Kaninchenfleisch war ein willkommenes Nahrungsmittel“erzählt die 74-Jährige. Als sie begann, die Tiere zu züchten, sei es vor allem auf das Gewicht angekommen. Rund 5,6 Kilo sei für ein Karnickel damals noch üblich gewesen.
Heute züchten die Kürzingers Kaninchen in allen möglichen Formen, Farben und Größen – darunter auch eine Rasse, die in Bayern selten geworden ist: der schwarz-gelbe Japaner.
„Die Lieblingsrasse meines Vaters ist kurz vor dem Aussterben“, erzählt Toni Kürzinger. Deshalb bemühe sich die Familie besonders um diese Tiere. Und das, obwohl gerade diese Zucht viel Arbeit macht.
Das Besondere an den schwarzgelben Japanern ist ihre Fellfarbe. Es ist ähnlich gemustert wie ein Schachbrett – abwechselnd hell und dunkel. Auch die beiden Ohren sollten unterschiedliche Farben haben. „Das Hauptproblem ist, dass sich diese Zuchtmerkmale nicht durchgängig vererben“, sagt Kürzinger. Man braucht sehr viel Nachwuchs, um die richtigen Treffer zu erzielen. Schaut man in den Kaninchenstall der Familie, fühlen sich die Tiere dort offenkundig wohl. Der Schuppen steht auf dem Vereinsgelände des „Kaninchenzuchtvereins B 222 Volkswohl Pfersee“nahe dem Westfriedhof.
Für jedes der 40 Karnickel gibt es eine eigene Box mit Stroh, Wasser und Futter, aber auch mit viel frischer Luft. Alle vierbeinigen Insassen sind durchnummeriert und haben einen eigenen Namen. Und natürlich hat jede Box ein dickes Brett. Kaninchen brauchen das Holz zum Nagen, weil sie wachsende Zähne haben.
„Helmut“, „Frank“und ihre Artgenossen machen sich lang und flach in ihrem Stall, wenn sie schlafen. Andere putzen ihr Fell, damit es schön glänzt, und die Ohren. Oder sie mümmeln Pellets in ihrer Futterschüssel.
Für Oma Kürzinger und ihren Enkel sind es immer schöne Momente am Tag, wenn sie den Stall betreten. „Die Kaninchen kennen uns, sie wollen ihr Fressen und gestreichelt werden“, erzählen sie. „Wenn man sie auf den Arm nimmt und sich mit ihnen beschäftigt, kommt man selbst zur Ruhe“, sagt Toni Kürzinger.
Allerdings: Mit der großen Ruhe im Stall wird es in den kommenden Tagen wohl vorbei sein. Zu Ostern soll es in diesem Jahr besonders viel Nachwuchs bei den Kaninchen geben. Rund 30 Babys werden erwartet.
Bei dieser regelrechten Hasenschwemme an den Feiertagen, gibt es da auch noch den traditionellen Schokoladen-Osterhasen bei der Familie Kürzinger? „Aber klar“, sagen Oma und Enkel lachend. „Schokohasen gibt’s bei uns trotzdem – aber nicht für die Hasen.“