Knoblauchprofi mit dem richtigen Riecher
Sigrid Erdle stellt aus der Knolle Paste und Trinkkuren her. Ihr Vater hat den Betrieb in Diedorf gegründet und aufgebaut. Noch heute erinnern sein Bild und eine besondere Schälmaschine an ihn / Serie (40)
Diedorf Wer die Produktionsstätte gegenüber dem Diedorfer Bahnhof betritt, erkennt auch ohne einen Blick auf das Firmenlogo „Knoblauchprofi“buchstäblich auf den ersten Riecher: Hier wird Knoblauch verarbeitet. Auch außerhalb der Produktionszeit, die dreimal pro Woche ansteht, riecht es hier deutlich nach der Knolle. Der Knoblauchprofi, Sigrid Erdles Vater, wacht auf einem Foto in einem Bilderrahmen über sein Werk, das seine Tochter seit seinem Tod 2010 in Eigenregie weiterführt. 1959 hat er den Betrieb aufgenommen. Lange Zeit managte die 52-Jährige die Büroarbeit. Nun legt sie selbst Hand an: in der Produktion, im Vertrieb und in der Kreation neuer Knoblauch-Produkte.
Für den klassischen Lebensmittelbereich hat Sigrid Erdle aktuell drei Produkte im Portfolio: Knoblauchpaste und zwei Trinkkuren. Die Produktion läuft dabei ähnlich In großen Chargen bekommt Sigrid Erdle ihren Hauptrohstoff, den Knoblauch, geliefert. Das Herkunftsland variiert dabei je nach Jahreszeit: Von Januar bis März wird Knoblauch aus Argentinien verarbeitet, zwischen März und Juni aus Ägypten und zwischen Juni und Dezember aus Italien oder Spanien. Die Verarbeitung von chinesischem Knoblauch lehnt Sigrid Erdle ab: „Dieser ist zu stark mit Pestiziden behandelt.“
Im ersten Produktionsschritt in Diedorf wird der Knoblauch geschält. Das geschieht in einer Maschine, die einmal mehr an Sigrid Erdles Vater erinnert. Ein befreundeter Maschinenbauer ihres Vaters hat die umfunktionierte Schälmaschine einst entwickelt, speziell für die Bedürfnisse des Knoblauchprofis. Versuche, diese alte Konstruktion gegen eine moderne Maschine zu tauschen, scheiterten. „Ein besonders moderner Rüttler brauchte einmal 20 Minuten, um einen Sack voller Knoblauch zu schälen“, erinnert sich die 52-Jährige. Zum Vergleich: Ihr altes Gerät schafft einen Sack in gerade einmal vier bis fünf Minuten.
Hat die alte Maschine die geschäl- ten Zehen ausgespuckt, werden diese von Hand sortiert. In einem großen Kutter, der in einer Metzgerei zum Standardequipment gehört, wird der Knoblauch anschließend abgewogen und geschnitten. In der Mischeinheit kommt es zur kritischen Stelle im Produktionsablauf, denn genau hier wird Salz beigefügt. Den individuellen Salzgehalt bestimmen die Groß- und Industriekunden von Sigrid Erdle selbst. Auch überprüfen sie akribisch, ob dieser eingehalten wird. In der Charge für die Endverbraucher ist der Salzanteil hingegen deutlich geringer. Gut vermischt, wird die Knoblauchpaste dann für Großkunab. den in die bestellten Eimer oder Becher abgefüllt. Privatleute erhalten die Paste in 300-Gramm-Gläsern.
Neukunden erklärt die 52-Jährige: „Es handelt sich bei der Paste um ein reines Naturprodukt. Farbveränderungen sind also möglich.“Das muss Sigrid Erdle regelmäßig erwähnen, weil sie – im Vergleich zu vielen anderen Herstellern – keine Aufheller in Form von Sulfiten oder Benzolsäure benutzt. Wer sich an diesem natürlichen Vorgang nicht stört, kann die Knoblauchpaste auf ganz vielfältige Art und Weise verwenden: zum Einlegen von Fleisch, als Marinade, zur Herstellung von Knoblauchbutter, für Gulasch oder Spaghetti zum Beispiel. Der Vorteil für den Verbraucher liegt vor allem in der Haltbarkeit. Wer für ein spezielles Rezept eine Knoblauchzehe benötigt, steht oft vor der Frage: Was tun mit dem Rest der Knolle? Die Paste im Glas hingegen ist schnell entnommen und leicht verarbeitet. Eine Knoblauchzehe entspricht hier etwa einem halben Teelöffel. Wie viele Knollen genau in einem Glas stecken, das weiß keiner, schließlich kann eine Knolle zwischen 20 und 200 Gramm wiegen. Wohl aber weiß die 52-Jährige eins: Um ein 300-Gramm-Glas Knoblauchpaste zu füllen, müssen etwa 500 bis 600 Gramm Knolle verarbeitet werden. Insgesamt produzieren Sigrid Erdle und ihr überschaubares Team dreieinhalb bis vier Tonnen Paste pro Woche.
Ein weiteres Produkt ist das Zitronen-Knoblauch-Getränk, das als KnoNatur Vital im Werksverkauf und im Onlineshop vertrieben wird. „Es ist ein auf Knoblauch basierter Entkalker“, erklärt Erdle. Damit spielt sie auf die gesunden Kräfte der Knolle an, deren Konsum sich positiv auf zu hohe Cholesterinwerte und zu hohen Blutdruck auswirken, bei der Darmsanierung unterstützen und sogar eine antivirale Wirkung haben soll. Ein „Stamperle“am Tag wirke wie eine Kur, erklärt die Chefin. Für ihre Kunden stellt sie den Drink so frisch wie möglich und gerne direkt auf Bestellung her – und zwar nach einem alten Rezept ihrer Urgroßmutter. Dabei wird der Knoblauch mit der Zitrone gehäckselt, aufgekocht und abgeseiht. Eine weitere Trinkkur, die Sigrid Erdle selbst kreiert hat, nennt sie KnoNatur VitalHot. Mit Blick auf die Zutatenliste – hier stehen neben Knoblauch auch Honig, Ingwer und Chili – wird schnell klar, warum es sich dabei um die würzigere Variante handeln muss.
Der Lebensmittelbereich des Knoblauchprofis ist damit aktuell erschöpft. Weitere Produkte, die Sigrid Erdle aus der Knolle fertigt, dienen dem Pflanzenschutz und den Fischen im Aquarium. Doch ein Blick in den Kühlschrank von Sigrid Erdle verrät bereits, dass auch die Reise im Lebensmittelbereich noch weitergehen könnte. Aktuell testet sie Herstellung, Haltbarkeit und Geschmack von Knoblauch-Öl und eingelegtem Knoblauch.