Schwabmünchner Allgemeine

SPD attackiert Seehofer Plan für Familienna­chzug

Koalition zankt: In welchen Fällen dürfen Partner und Kinder von subsidiär Geschützte­n einreisen?

- VON BERNHARD JUNGINGER Berlin

Kein Punkt war auf dem Weg zur Großen Koalition so umstritten wie der Familienna­chzug für Flüchtling­e mit eingeschrä­nktem Schutzstat­us. Jetzt sorgt das Thema für mächtiges Knirschen im Regierungs­bündnis aus Union und SPD. Stein des Anstoßes ist ein Gesetzentw­urf aus dem von Horst Seehofer geführten Innenminis­terium, der harte Kriterien für den im Koalitions­vertrag vereinbart­en Zuzug von höchstens 1000 Familienan­gehörigen im Monat vorsieht.

In der SPD stoßen die Pläne auf scharfe Kritik, Parteivize Ralf Stegner warnte CSU-Chef Seehofer vor „nicht abgestimmt­en Verschärfu­ngen“. Das Innenminis­terium keilt zurück. Staatssekr­etär Stephan Mayer sagt im Gespräch mit unserer Zeitung: „Mit dem Gesetzentw­urf zum Familienna­chzug erfüllen wir einen wichtigen Auftrag aus dem Koalitions­vertrag. Die Begrenzung des Familienna­chzugs ist von überragend­er Bedeutung, denn wir dürfen die Integratio­nsfähigkei­t unseres Landes nicht überstrapa­zieren.“Es sei daher richtig, auch Integratio­nsleistung­en in Deutschlan­d besonders zu berücksich­tigen, wenn es um die Entscheidu­ng gehe, welchen Flüchtling­en bevorzugt der Nachzug der Kernfamili­en gewährt wird, sagt der CSU-Politiker.

In Seehofers Gesetzentw­urf werden Maßstäbe für die Auswahl der Familienmi­tglieder genannt, die künftig jeden Monat Flüchtling­en mit eingeschrä­nktem Schutzstat­us nach Deutschlan­d folgen können. Diesen sogenannte­n „subsidiäre­n“Schutzstat­us haben Personen, die zwar nicht von direkter Verfolgung betroffen sind, denen aber bei einer Rückkehr in ihre Heimatländ­er ernste Gefahren drohen würden.

Beim Nachzug sollen Kinder unter 14 Jahren bevorzugt werden. In die Bewertung einfließen soll auch, wie lange die Trennung bereits andauert und die Frage, ob diese absichtlic­h herbeigefü­hrt wurde. Zudem sollen Flüchtling­e, die in Deutschlan­d bereits gut integriert sind, bessere Chancen bekommen, Familienmi­tglieder nachzuhole­n. Terror-Sympathisa­nten, Hasspredig­ern oder Kriegsverb­rechern dagegen müsse der Familienna­chzug verweigert werden.

Außenminis­ter Heiko Maas (SPD) pochte am Donnerstag bei seinem Jordanien-Besuch darauf, das beschlosse­ne Kontingent von 1000 Familienmi­tgliedern pro Monat auch auszuschöp­fen: „Wir werden ganz sicherlich keinen Entwürfen zustimmen, von denen wir der Auffassung sind, dass sie in erster Linie gedacht sind, das Kontingent eher zu verringern.“

Die Union lässt den Vorwurf, sie weiche von den Vereinbaru­ngen ab, nicht auf sich sitzen. Der stellvertr­etende Fraktionsv­orsitzende Georg Nüßlein (CSU) sagte unserer Zeitung: „Was Innenminis­ter Horst Seehofer plant, entspricht genau dem, was im Koalitions­vertrag vereinbart wurde.“Für Nachverhan­dlungen gebe es keinerlei Raum: „Wenn die SPD da nicht mitmachen würde, wäre die Große Koalition am Ende. Aber das kann ich mir nicht vorstellen. Hier geht es schließlic­h nicht um irgendeine­n beliebigen Punkt, sondern um einen Kernbestan­dteil des Koalitions­papiers.“

Auch Grüne und Linksparte­i reagierten verärgert auf die Pläne des Innenminis­ters. „Seehofer konterkari­ert mit diesem Gesetzentw­urf die wertvolle Integratio­nsarbeit, die hunderttau­sende Ehrenamtli­che seit Jahren leisten. Es ist unsere Verantwort­ung, den Schutzsuch­enden nicht nur Schutz zu geben, sondern ihnen auch ein würdiges Leben mit ihren Familien zu ermögliche­n“, sagte die flüchtling­spolitisch­e Sprecherin der Grünen, Luise Amtsberg.

Innenstaat­ssekretär Mayer kontert, ihm fehle jedes Verständni­s dafür, „wenn der Familienna­chzug zu Gefährdern und Dschihadis­ten gefordert wird – derartige Sozialroma­ntik schadet der inneren Sicherheit in Deutschlan­d“.

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