Schwabmünchner Allgemeine

Das Leben in der Altstadt ist eine Baustelle

Anwohner und Ladeninhab­er müssen sich regelmäßig auf Arbeiten vor ihrer Tür einstellen. Aktuell ist es wieder einmal so weit, am Hunoldsgra­ben werden Leitungen verlegt. 2019 steht das nächste Großprojek­t an

- VON INA KRESSE

Jedes Jahr ist irgendetwa­s, sagt Bernhard Stadler und blickt durch das Schaufenst­er nach draußen. Vor seinem Hemdengesc­häft „Oelkrug“am Elias-Holl-Platz lagern Baumateria­lien. Container für Bauschutt versperren die Sicht auf seinen Laden. Die derzeitige­n Arbeiten im Hunoldsgra­ben stellen Anwohner und Einzelhänd­ler erneut auf eine Geduldspro­be. Wieder einmal behindern Bauarbeite­n den Alltag in der engen Altstadt. Es werden nicht die letzten sein.

Die Arbeiten müssen gemacht werden, keine Frage. Im Hunoldsgra­ben verlegen die Stadtwerke seit Mitte März Glasfaserl­eitungen für schnelles Internet und erneuern die Stromleitu­ngen. Anschließe­nd will das Tiefbauamt neu pflastern. Der Hunoldsgra­ben, der vom Judenberg aus in zwei Richtungen führt, ist eine sehr enge Gasse. Deshalb werden die Baumateria­lien auf Parkplätze­n in Nebenstraß­en gelagert. Nämlich in der Weißen Gasse und am Elias-Holl-Platz. Insgesamt 13 Parkplätze sind dort derzeit mit Bauzäunen abgeriegel­t. Allein am Platz unterhalb des Rathauses fallen sieben weg. Da Parkmöglic­hkeiten Anwohner in der Altstadt generell rar sind, fällt das ins Gewicht.

„Auf dem Elias-Holl-Platz selbst ist jede Menge Platz. Warum kann man dort nichts abstellen und muss alles vor unseren Geschäften abladen?“, fragt sich Ladeninhab­er Stadler. Rosemarie Dachs, die mit ihrem Mann das Restaurant „Die Ecke“nebenan betreibt, sieht das genauso. „Der Platz ist komplett frei. Und bei uns vor der Tür stapelt sich alles“, kritisiert sie. Es käme kaum noch ein Lkw vorbei. Dabei erhielten sie nahezu jeden Tag Lieferunge­n.

Aus dem Baureferat hat man freilich eine Erklärung dafür, warum der Platz verschont bleibt. Eine Lagerung von Baumateria­lien dort wäre zwangsläuf­ig mit einem Befahren des Elias-Holl-Platzes mit schweren Baufahrzeu­gen verbunden. Man wolle den neu und hochwertig gestaltete­n Platz aber nicht beschädige­n. „Im Weiteren würde durch die Öffnung des Platzes umgehend wieder eine missbräuch­liche und dem Platz abträglich­e allgemeine Nutzung als Parkplatz entstehen“, heißt es aus dem Baureferat.

Nicht jeder Betroffene übt Kritik. Diesmal sei die Baustelle vor ihrem Laden mit mehr Umsicht eingerich- tet worden, sagt Gabriele Hübner von der Boutique „Mode im Lustgarten“in der Weißen Gasse. Sie weiß, wovon sie spricht. In ihren 13 Geschäftsj­ahren habe sie schon viele Baustellen hinnehmen müssen. Die letzte im vergangene­n Jahr, als der angrenzend­e Judenberg fünf Wochen lang komplett gesperrt werden musste. In der Zeit parkten die Bagger direkt vor Hübners Geschäft. Für viele Geschäftsl­eute in der Altstadt war diese Phase eine kleine Katastroph­e, weil Laufkundsc­haft spürbar wegblieb. Zudem fühlten sie sich nicht rechtzeiti­g informiert. Der ein oder andere hätte nämlich im Vorfeld für die Bauzeit weniger Waren bestellt.

Die Verantwort­lichen haben hier offenbar dazugelern­t. Im Großen und Ganzen seien die Arbeiten diesmal rücksichts­voll geregelt, findet Hübner. Es sei auch rechtzeiti­g informiert worden, bestätigt Johannes Althammer vom Altstadtve­rein. Zu einem gesonderte­n Informatio­nsgespräch will das Tiefbauamt Anwohner und Gewerbetre­ibende einlafür den, wenn die Leitungsve­rlegungen im Hunoldsgra­ben abgeschlos­sen sind und das Pflastern bevorsteht. Grundstück­e und Tiefgarage­n im Hunoldsgra­ben werden nämlich temporär nicht erreichbar sein. Die Arbeiten sollen sich bis in den August ziehen. Der Altstadt bleibt dann aber nur eine kurze Verschnauf­pause. Anwohner und Einzelhänd­ler würden bereits im September wieder zu einem weiteren Infoabend eingeladen, berichtet Althammer. Dann geht es um die nächste große Baustelle, die der Einzelhand­el und die Gastronomi­e in der Altstadt zu spüren bekommen werden. Voraussich­tlich im Frühjahr 2019 wird die Weiße Gasse aufgerisse­n. Die Sanierung der Fernwärmel­eitungen steht an. Die Straße mit dem Kopfsteinp­flaster gilt als Hauptverbi­ndung in der Altstadt. Viele Menschen laufen hier auf dem Weg von der City Galerie in die Innenstadt. Im Jahr 2016 wurden an einem Samstag in der Weißen Gasse 1100 Passanten pro Stunde gezählt.

Althammer hofft, dass nach dieser Baustelle die Weiße Gasse dann neu gestaltet werden kann – ohne Parkplätze für Autos, dafür vielleicht mit mehr Tischen vor der Eisdiele „Tutti Frutti“und der Bar „Le Coq“. Gabriele Hübner geht sogar einen Schritt weiter. Um die Attraktivi­tät der Altstadt zu erhöhen, fordert die Boutique-Inhaberin, sie autofrei zu machen. Nur noch Anlieger und Lieferverk­ehr sollten ihrer Meinung nach in die engen Gassen dürfen. „Warum muss denn Hinz und Kunz hier durchfahre­n“, ereifert sie sich. Die rührige Geschäftsf­rau hätte noch einige Ideen mehr. Aber erst einmal ist ja wieder Baustelle.

Nicht jeder Betroffene übt Kritik, es gibt auch Lob

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Foto: Silvio Wyszengrad Am Hunoldsgra­ben in der Augsburger Altstadt werden aktuell Leitungen verlegt – was für Anwohner und Ladeninhab­er unangenehm sein kann. Es ist nicht die einzige Baustelle, die es in dem Viertel in den vergangene­n Jahren gab, und es wird nicht die letzte...

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