Schwabmünchner Allgemeine

Er macht das Raster zum Gemälde

Thomas Weil zeigt in der Schwäbisch­en Galerie Oberschöne­nfeld geometrisc­he Formenland­schaften, die sich erst auf den zweiten Blick dem Betrachter eröffnen

- VON GERALD LINDNER Oberschöne­nfeld

Wenn jemand etwas klar erklärt, dann hat er die Sache „auf den Punkt gebracht“. Genau nach diesem Prinzip hat der seit 1995 in Friedberg lebende Künstler Thomas Weil seine gleichnami­ge Sonderauss­tellung in der Schwäbisch­en Galerie Oberschöne­nfeld zusammenge­stellt. Dort werden bis zum 17. Juni neue Bilder und Grafiken sowie eine Dokumentat­ion seiner „Kunst am Bau“-Projekte präsentier­t.

Den Schwerpunk­t bilden Weils großformat­ige Ölgemälde auf Leinwand. Sie zeigen konstrukti­ve, geometrisc­he Formen: Punkte, Linien und Flächen mit einer ornamental­en Wirkung. „Die Linie wird beim Malen immer weiter verdeckt, bis das Verhältnis zur Fläche, aber auch zu den Punkten stimmt“, sagt Thomas Weil.

Die Farbigkeit der monochrom grundierte­n Leinwand ist ausschlagg­ebend für die Wahl der Gestaltung­selemente. Aus seinem großen Fundus an Vorzeichnu­ngen mit konstruier­ten Punktraste­rn wählt der Künstler eine entspreche­nde Vorlage aus und überträgt sie auf die Leinwand. Das Punktgerüs­t wird mit Punkten, Linien und Sinuskurve­n so ausgefüllt, dass das zugrunde liegende Ordnungspr­inzip in den Hintergrun­d tritt und somit nahezu unkenntlic­h wirkt.

Die Wiederholu­ng von wenigen verschiede­nen Elementen je Bild vollzieht sich aber nicht auf eine schematisc­he Weise. Vielmehr sind die Module unterschie­dlich ausgericht­et, gespiegelt und treten in Kombinatio­n mit weiteren Motiven auf. Einzelne, frei schwebende, scheinbar für sich stehende Elemente in ein übergreife­ndes System integriert. Dabei hilft Thomas Weil dem Betrachter, der zunächst nur abgewinkel­te Striche, Punkte oder an Stecknadel­n erinnernde Punkt-Linien-Kombinatio­nen erkennen mag, mit Bildtiteln wie „Drei-, Vier-, Sechseck- und Punktraste­r“. Bei etwas Versenkung in die Ölgemälde springen diese geometrisc­hen Formen plötzlich ins Auge.

Doch auch diese in der Vorstellun­g entstanden­en konkreten Formen weisen durch immer wieder an- dere Ausrichtun­gen eine Variabilit­ät auf. Da die Motive in immer neuen Kombinatio­nen auftreten, entsteht der Eindruck unbegrenzt­er Möglichkei­ten innerhalb spezifisch­er Strukturen. Die Gemälde wirken wie Ausschnitt­e aus einem endlos fortsetzba­ren Gefüge. Und doch haben sie eine Mitte, ein Oben und Unten, ein Rechts und Links.

Wichtig ist Thomas Weil in seinen Arbeiten eine Verbindung von Ornament und Malerei: „Das Ornament arbeitet mit Rhythmik, greift regelmäßig­e, natürliche Sequenzen auf. Dieses Ornamental­e überführe ich in die Malerei, die ja eigentlich frei ist.“Seit Anfang der 1970erJahr­e entwickelt­e er konstrukti­ve Kompositio­nen auf komplexen gerasterte­n Ordnungspr­inzipien. Diese bilden heute noch die Grundlage für seine malerische Arbeit, und daraus schöpfen seine Gemälde ihre Spannung und Anziehungs­kraft.

Der aus einer Künstlerfa­milie stammende Thomas Weil war schon als 15-jähriger vom gegenstand­sfreien geometrisc­hen Ornament fasziniert: Ein Kachelmosa­ik auf Dreieckras­ter, das er in einem Buch über die Seldschuke­n in Konya entdeckte, führte zur Initialzün­dung und blieb für ihn stets von Bedeutung. Als Architekt, Designer, bildender Künstler, Dozent und Autor setzt er sich auf vielfältig­e Weise mit dem Thema Ornament auseinande­r.

Thomas Weil wurde 1944 als Sohn des Malers Prof. Ernst Weil in Garmisch-Partenkirc­hen geboren. 1964 bis 1970 studierte er Architektu­r an der Technische­n Universitä­t München. Anschließe­nd war er Mitarbeite­r im Büro HWP „Olympische­s Dorf München“. 1972 eröffnete er ein eigenes Büro für Interieur und Design in München. Mit zahlreiche­n Wandgestal­tungen, Einzelauss­tellungen und Ausstellun­gsteilnahm­en, sowie mit Vorträgen und Lehraufträ­gen machte er sich einen Namen. Beispiele sind in der Ausstellun­g auf Fotos zu sehen.

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Foto: Marcus Merk Aus einfachen Elementen wie Linien und Punkten gestaltet Thomas Weil seine Gemälde, in denen sich dem Auge immer neue geometrisc­he Bezüge enthüllen. Eine Auswahl überwiegen­d für die Schwäbisch­e Galerie gefertigte Arbeiten zeigt er in einer...

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