Wenn Eltern und ihre Kinder Begleitung brauchen
Die Lebenshilfe hat für das Augsburger Land eine neue Anlaufstelle bei Fragen zum unterstützten Wohnen
Seit Anfang des Jahres ist Christian Borchers-Pawletta bei der Lebenshilfe Augsburg als Koordinator für ein neues Pilotprojekt tätig. Der 40-jährige Erzieher und Diplom-Soziologe soll nun auch im Landkreis Augsburg verstärkt Schulabgänger mit einer geistigen Behinderung, deren Angehörige und interessierte Menschen bei der Suche nach der passenden Wohnform beraten und begleiten.
Da gibt es den 50-jährigen Mitarbeiter einer Werkstatt für Menschen mit Behinderung, der bei seinen Eltern lebt. Beide Elternteile sind über 70 Jahre alt und unterstützen ihren Sohn. Doch mit dem Alter nimmt auch die Energie der Eltern ab. Sie brauchen selbst Hilfe. Da gibt es die 19-jährige Förderschülerin, die alleine wohnen möchte. Oder die 25-Jährige, die in eine Wohngemeinschaft mit Gleichaltrigen ziehen möchte. Die Lebenshilfe will ihnen helfen, eine für sie passende Lösung zu finden. Das neu geschaffene Pilotprojekt „AUW – Ambulant unterstütztes Wohnen“bietet Unterstützung bei Übergangsphasen in eine selbstbestimmte und nach Bedarf betreute Wohnform an.
Im Landkreis Augsburg und der Stadt gibt es laut Lebenshilfe viele ältere erwachsene Menschen mit Beeinträchtigungen, die im Elternhaus leben. Je früher deren Weg in die Wohnberatung führe, desto besser kann Borchers-Pawletta ihre individuellen Wünsche und eigenen Vorstellungen vom selbstbestimmten Wohnen berücksichtigen. Damit verbunden sei aber auch das Loslassen, das Eltern behinderter Kinder vielleicht noch schwerer falle als Eltern mit Kindern ohne Behinderung. „Wir wollen gemeinsam mit den Betroffenen die jeweils individuell passenden Unterstützungsangebote für den Übergang in ein selbstbestimmtes Wohnen erarbeiten“, so der Projektkoordinator.
Aber auch bei vielen jüngeren Menschen mit Behinderung ist der Wunsch da, alleine oder in einer WG mit ambulanter Unterstützung zu wohnen. Dafür brauchen sie eine genau auf sie zugeschnittene Betreuung. Und ein vorheriges Wohntraining in einer Wohnschule wird ihnen zusätzliche Sicherheit geben. Dort könnten Interessierte mittelfristig einige Monate lang ausprobieren, wie das Wohnen ohne Eltern funktioniert und was sie an Unterstützung benötigen.
„Eine solche Wohnschule, wie wir sie derzeit in Zusammenarbeit mit unserem Förderzentrum Brunnenschule Königsbrunn planen, ist die beste Voraussetzung für einen gelingenden Übergang in ein selbstbestimmtes Wohnen“, meint Borchers-Pawletta. Solche Übergangshilfen in das ambulant betreute Wohnen werden, zumal sie im Raum Augsburg Pilotcharakter haben, künftig von wachsendem Interesse sein. Auf lange Sicht schwebt Borchers-Pawletta die Möglichkeit von ambulant unterstütztem Mehrgenerationenwohnen vor. Dort sollen pflegebedürftige Eltern und deren behinderte Kinder die nötige Unterstützung bekommen.
Für all diese Belange steht die Beratungsstelle zum ambulant unterstützten Wohnen zur Verfügung. „Aber auch wenn sich Wohnungsoder Hausbesitzer angesprochen fühlen, die ihre Räumlichkeiten gerne für das Projekt vermieten, verkaufen oder anderweitig vermachen möchten, freue ich mich natürlich über eine Kontaktaufnahme“, so Borchers-Pawletta.