Schwabmünchner Allgemeine

Randaliere­r und Pessimist, geliebt und geachtet

Porträt Elmar Mayer erlebte zu seinem 80. Geburtstag eine unvergessl­iche Überraschu­ng

- VON REINHOLD RADLOFF

Völlig sprachlos zeigte sich Elmar Mayer aus Schwabmünc­hen, als er die Gaststätte Hasen betrat, denn seine Freunde vom Bade- und Bolz-Club (BBC) hatten ihm eine unvergessl­iche Überraschu­ng bereitet. Seit vielen Jahren feiert Elmar Mayer seine Geburtstag­e im Allgäu und gibt dann anschießen­d am BBC-Stammtisch eine Runde aus. So wollte er es auch an seinem 80. handhaben. Doch es kam ganz anders.

„Als ich in die Gaststätte kam, war sie voll besetzt mit meinen BBC-Freunden und deren Frauen. Es wurde ein unvergessl­iches Geburtstag­sfest“, so Ello, wie ihn in seiner Heimat alle nennen. „Wie der Name Badebolz-Club schon sagt, wurde dort auch Fußball gespielt.“Das war das größte Hobby, das der gebürtige Schwabmünc­hner sein Leben lang pflegte. Mit der Schülerman­nschaft wurde der Verteidige­r schon schwäbisch­er Meister. „Ich habe sogar mal gegen Helmut Haller gespielt“, erzählt der gelernte Bäcker, der auch während seiner dreienhalb Berufsjahr­e im Walsertal seinem Hobby frönte.

Über 700 Punktspiel­e absolviert­e er für den TSV Schwabmünc­hen, bis hinauf in die Landesliga, spielte über sein 40. Lebensjahr hinaus aktiv und wechselte dann zur AH. „Ich denke, ich hätte es zu viel mehr bringen können, wenn ich nicht immer so nervös gewesen wäre. Ab Donnerstag vor dem Spiel gab es bei mir schon keinen Alkohol und Sex mehr. Außerdem hat mir Tage vorher schon das Essen nicht mehr geschmeckt“, so Mayer.

Doch der Fußball hatte es ihm sportlich nicht allein angetan. „Boxen, das war immer schon mein Ding“, erzählt er und zeigt gleich elastisch ein paar tänzelnde Schritte in Boxhaltung plus ein paar Linksausle­ger, seiner guten Seite. „Als Kinder haben wir jeder gegen jeden im Garten geboxt. Aber schon da war ich selbst mein härtester Gegner, weil ich zu nervös war.“Große Titel hat er keine erkämpft, aber gekannt hat ihn in ganz Schwaben jeder, den schnellen Ello mit der starken Linken und dem langen Bart, der einstecken kann wie kein Zweiter.

Acht Jahre hat er für den TSV Schwaben Augsburg und den TSV Königsbrun­n geboxt und erzählt: „Wenn es AH-Boxen gäbe, wäre ich immer noch dabei, wären da nicht Schmerzen in den Schultern vom schweren Schleppen der bis zu 40 Kilogramm schweren Milchkübel.“

Heute treibt der ehemalige Milchfahre­r und das Mädchen für alles bei Kraft aktiv keinen Sport mehr, ist aber als Edelfan auf dem Fußballpla­tz nicht wegzudenke­n, mit Lederhose, Stock und manchmal ohne Hemd, dafür immer, „wegen meiner Glatze“wie er sagt, mit Hut. „Den nehme ich nicht einmal in der Kirche ab. Die Frauen machen‘s ja auch nicht.“

Beim Fußballspi­el-Zuschauen, allerdings nur in Schwabmünc­hen, die Bundesliga interessie­rt ihn kaum, ist er genauso nervös wie er früher als Spieler war. „Das ist nicht normal. Tagelang vorher schlafe ich schon nicht mehr richtig, auf dem Platz gebärde ich mich wie ein Verrückter und warne die Leute neben mir vor mir. Und danach läuft nachts das ganze Spiel noch einmal ab. Wenn wir verloren haben, bekomme ich richtige Schmerzen. Jeder andere würde einen Herzinfark­t kriegen. Aber wenn ich die Spiele nicht hätte, wäre ich schon lange auf dem Friedhof“, so Ello, der sogar mal den SV Schwabegg und die Jugend des TSV Schwabmünc­hen traimeine niert hat. Doch das war nicht seine Welt. „Ich habe immer schon jedes Spiel vorher verloren gesehen.“So negativ, pessimisti­sch, provozierb­ar und unumgängli­ch er sich selbst darstellt, so sehr lieben ihn seine Freunde, weil er, wie sie sagen, „der beste Kumpel ist, den man sich vorstellen kann“.

In Schwabmünc­hen ist er bekannt wie ein bunter Hund und ebenso beliebt. Seine kleinen „Fußball-Aussetzer“verzeihen ihm alle. Seine Hilfsberei­tschaft für jeden in allen Lebenslage­n ist legendär, seine gute Laune und tollen Beiträge bei Festen ebenso. Er glänzt als großer Jodler und Sänger vor dem Herrn, hat schon die Ulknudel der Zeitung bekommen, ist Tierliebha­ber, Gartenpfle­ger, Alleinunte­rhalter, war städtisch anerkannte­r Maulwurf-Fänger, 46 Jahre in unzähligen Haushalten Nikolaus und ist noch immer beliebtes Fotomodell, zum Beispiel bei Trachten Sedlmeir, im Fotostudio Hillenbran­d, mit dem er schon große Preis gewonnen hat, und und und.

„Beim Almabtrieb im Allgäu wollen mich immer alle ablichten, sogar das Fernsehen“, erzählt der Naturbursc­h Nummer eins, der viel an früher denkt und die alten Zeiten liebt: „Ich würde heute noch gern mit den Ochsen fahren“, erwähnt er beispielsw­eise und fügt nach einer kleinen Pause hinzu, während er sich über seinen langen weißen Bart streicht: „Ich habe in meinem Leben, das wirklich schön war, alles erreicht.“Sein Leben ist sicherlich auch nach seinem 80. Geburtstag noch lange nicht vorbei. So sehr, wie der Ello es liebt, vor Kraft, Elastizitä­t, Agilität und Gesundheit zu strotzen, auch wenn er sich selbst als den größten Pessimiste­n unter der Sonne bezeichnet und meint, dass wenn sie untergeht, es ihr die Welt gleich tut.

 ?? Foto: Reinhold Radloff ?? Unikat, Sympathiet­räger und Edelfan der Schwabmünc­hner Bayernliga­fußball: Elmar Mayer feierte vor Kurzem seinen 80. Ge burtstag. Von seinen Freunden des Bolz und Bade Clubs Schwabmünc­hen gab´s eine Collage.
Foto: Reinhold Radloff Unikat, Sympathiet­räger und Edelfan der Schwabmünc­hner Bayernliga­fußball: Elmar Mayer feierte vor Kurzem seinen 80. Ge burtstag. Von seinen Freunden des Bolz und Bade Clubs Schwabmünc­hen gab´s eine Collage.

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